Die österreichische Polit- und Medienlandschaft hat ein Problem. Die aufgeheizte Stimmung in der Asyl- bzw. Flüchtlingsdebatte zwingt die bestimmenden Akteure, irgendeinen Kurs zu finden. Wie geht man mit Angst vor Fremden um? Oder mit offener Ausländerfeindlichkeit? Wo liegt die Grenze zwischen „freier Meinungsäußerung“ und Verhetzung?
Natürlich mag mir da jetzt jemand wieder die Beschreibung des Tatbestandes „Verhetzung“ unter den Artikel posten – aber es geht da um mehr als „Hetze oder nicht“. Viele jener Menschen, die in den Kommentarseiten des Internets Flüchtlingskindern ein Bad im Flammenwerfer wünschen, kontern dies sogar offensiv – dieser linkslinke Medien-Mainstream würde ohnehin die viel größere Hetze betreiben! Und Verrat am eigenen Volk auch noch! Lächerlicher Bullshit, wie ich meine – aber dass ein taktisches Problem besteht, ist klar.
Die Wahlsiege der FPÖ als legaler Vertreterin der Ausländerfeinde und Xenophoben Österreichs geben nicht nur dem politischen Mitbewerb zu denken. In den letzten Jahren wurden verhetzende Kommentare verdrängt, totgeschwiegen oder ins Lächerliche gezogen – außerhalb des Boulevards natürlich, der genau diesen Kommentaren nachplappert und mehrmals erfundene Stories lanciert, die das Klischee des bösen Ausländers bedienen.
Die Taktik scheint nicht zu funktionieren. Die FPÖ rennt von Wahlsieg zu Wahlsieg – nicht zuletzt natürlich auch wegen mangelhafter Performance der Bundesregierung und weil der Rest der Opposition sich beim Asylthema nicht so stark positionieren kann. Nun gibt’s Rot-Blau im Burgenland – und längst redet die breite Masse über einen „differenzierten Umgang“ mit den Anliegen „besorgter Bürger“.
Der „differenzierte Umgang“
Natürlich spricht in der Regel alles für differenzierte Diskurse, in denen die Öffentlichkeit allen zusteht und in denen sich die breite Meinung durchsetzt. Die Wahlsiege der FPÖ sind nichts Schönes, aber sowas muss eine Demokratie aushalten. Andererseits wirkt es einfach absurd, wenn man darüber spricht, differenzierter mit ihnen umzugehen. Denn da schwingt oft mit, einen Umgang mit Ausländerfeindlichkeit zu finden, mit dem man sie akzeptieren kann.
Wie darf ich mir diesen „differenzierten Umgang“ denn vorstellen?
„Ach, du findest also, Ausländer sind alles Verbrecher und wir könnten einfach die Grenzen dicht machen, um wieder ein schönes Leben zu haben? Boah, super!“
„Wie? Du bist der Meinung, alle Asylwerber mit iPhones sind Wirtschaftsflüchtlinge und wir sollten sie sofort abschieben, weil es ihnen in Syrien eh so gut ging? Toll, dass du deine Meinung in einer Demokratie mitteilst!“
„Oha, deinen letzten Post über die Sozialschmarotzer finde ich wirklich gut, du bist ja voll engagiert!“
… muss ich betonen, wie lächerlich das ist?
Auch, wenn die Medienmenschen des Landes es oft nicht offen aussprechen (dürfen) – die meisten von ihnen sind gegen den Trend des salonfähigen Fremdenhasses. Genauso geht es den politischen Parteien abseits der FPÖ. Sie allerdings salonfähig werden zu lassen und damit umzugehen, halte ich nicht für die Lösung. Im Gegenteil finde ich es wichtig, dass die Bullshit-Memes, die gerade im Internet Stimmung gegen Asylwerber, von mehreren namhaften Medien zerlegt werden. Und auch hier auf Fisch+Fleisch polarisiert das Thema, wobei ich sehr viele engagierte Menschen treffe, die gegen Ausländerfeindlichkeit ankämpfen.
Das Problem ist da, lasst uns darüber reden. Aber lasst uns bitte nicht so tun, als wäre diese Hetze der letzten Jahre plötzlich okay. Die Ausländerfeinde schreien momentan laut wie nie – und es ist wichtig und richtig, ihnen Gegenwind zu bieten.