Wollen wir wirklich Grundwehrdiener auf Flüchtlinge loslassen?

Spielfeld beschäftigt einfach alle. Politiker, Medien, Bürger. Und seit das Bundesheer dort ist, geht man quasi von einem Notstand aus. Ich möchte die Situation sicher nicht für einfach erklären oder irgendwie abschwächen – aber es geht mit heute vor allem um eine Annahme, die mit dem Einsatz des Bundesheers einhergeht. Nämlich der, dass wir die Wehrpflicht brauchen.

Diese Annahme hat mich schon 2013 aufgeregt – nicht zuletzt, weil mich die Volksbefragung zur Beibehaltung der Wehrpflicht fast ein Jahr meines Lebens gekostet hat und sich nun auch mein Studium um ein Jahr verzögert. Neun Monate musste ich – als zugegebenermaßen völlig Unqualifizierter – als Rettungssanitäter einen der verantwortungsvollsten Jobs dieses Landes ausführen. Das war echt keine so gute Idee.

Und heute beginnt wieder das Ding mit den „Pro Wehrpflicht“-Argumenten. Also, „Argumenten“. Sowas wie „Hat mir auch nicht geschadet“ von Männern, die sich im Kalten Krieg ein paar Monate gebraucht gefühlt haben. Und jetzt fordern eben auch einige Politiker den Einsatz von Grundwehrdienern an der Grenze – so auf die Art „Gut, dass wir sie haben!“.

Aber: Grundwehrdiener an die Grenze zu schicken wäre eine ähnlich fahrlässige Idee, wie mich als Rettungssanitäter zu beschäftigen.

Was nämlich Grundwehr- und Zivildiener – Letztere werden ja mittlerweile in der Flüchtlingsbetreuung eingeplant – von „normalen“ Berufen unterscheidet, ist, dass sie sich in vielen Fällen oft null dafür interessieren, was sie da tun. Nicht umsonst sind die Tipps, wie man bei der Musterung untauglich wird, eigentlich jedem bekannt. Das Heer? Sechs Monate sinnlose Schikane. Zivildienst? Noch länger Zeit verschwenden. Ob man ein Studium plant oder schon berufstätig ist – junge Menschen wollen 2015 einfach nur ihr Leben leben, und nicht ein paar Monate Nordkoreaner spielen.

Jetzt kann man argumentieren, dass sich das ändert. Und in der Tat bleiben viele im Nachhinein freiwillig bei der sozialen Arbeit, die sie in dieser Zeit zu schätzen lernen. Dennoch würde es unter den eingesetzten GWDs auch viele geben, denen die Flüchtlinge wiederum scheißegal sind. Genauso, wie es die beim Rettungsdienst gab. Und selbst, wenn man – wie ich damals – die große Verantwortung einsieht und es sich nicht leisten kann, nichts zu arbeiten: Es gibt Menschen, die können sowas einfach nicht.

Soziales Arbeiten, Umgang mit Menschen in Notsituationen, Arbeiten unter Stress – und nicht zuletzt einen der wichtigsten Jobs der Republik. Und das von Leuten verlangen, die gerade ein paar Jahre gearbeitet oder gerade erst die Matura gemacht haben. Glauben wir wirklich, dass das im Sinne der Flüchtlinge wäre?

Klar, so hätten die Grundwehrdiener endlich mal was zu tun. Das Bundesheer könnte endlich mal wieder zeigen, dass es nicht total sinnlos ist und Geld verschluckt. Aber das wäre nur vorgetäuscht. Denn ein Bundesheer, das etwas auf sich hält, muss das auch ohne jugendliche Zwangsarbeiter schaffen. Letztendlich ist der Vorschlag, GWDs auf Flüchtlinge loszulassen, nicht mehr als eine PR-Kampagne für das Bundesheer – und für ein Konzept, das schon längst abgeschafft gehört.

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Silvia Jelincic

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