Gestern veröffentlichte die Boulevard-Tageszeitung "Österreich" einen Artikel mit dem Titel "Bilanz: Zeugnis für unsere Regierung". Die Notenvergabe finde ich teilweise absolut ungerecht. Deshalb ein paar Gedanken dazu.
Sebastian Kurz kriegt ein "Gut". Von mir aus - er hat sich als jüngster Außenminister nicht blamiert und genießt deswegen eben einen kontinuierlichen Hype. Er findet klare Worte zu wichtigen Angelegenheiten wie der Ukraine-Krise - zumindest so klar, wie es im kleinen Österreich geht. Bei Spindelegger hab ich sowas ab und zu vermisst. Allerdings gibt es da noch das viel kritisierte Islam-Gesetz, das die muslimische Glaubensgemeinschaft bis heute nicht kennen will … naja.
Reinhold Mitterlehner bekommt von der Österreich auch ein "Gut", weil er verleiht seiner ÖVP "Flügel". Erstens hat diese Metapher Matthias Strolz gepachtet, und zweitens war das nicht besonders schwer. Als Wirtschafts- und Wissenschaftsminister finde ich Reinhold Mitterlehner nicht schlecht, die Kritik nach der Ressortzusammenlegung hat er mit dem neuen Geld für Hochschulen gut gekontert. Aber charismatischer als Michael Spindelegger zu sein hätte wirklich jeder geschafft, auch als Finanzminister war der (auch wegen der Hypo) eine Katastrophe. Wenn man gewohnt ist, dass sich VPler gegenseitig ans Bein pinkeln, wirkt Mitterlehner kurzfristig "erfrischend", aber das alleine als Rechtfertigung für ein "Gut" sollte man überdenken.
"Gut" auch für Johanna Mikl-Leitner, weil sie "das Asylthema anständig abwickelt". Also ich hab nicht viel mitgekriegt außer ein ständiges Bitten und Betteln bei den Ländern, ihre Quoten doch endlich einzuhalten. Daraus ist nichts geworden - nach wie vor tanzen die Landeshauptmänner dem Ministerium auf der Nase rum. Sogar das bankrotte Heer hilft aus, man spricht über die Unterbringung von Asylwerbern in Zelten, und sogar die Kirche wird schon angebettelt. Ich weiß nicht, das sieht für mich eher nach "Nicht Genügend" aus.
Und zum Schluss noch zu Werner Faymann. Dieser Kanzler ist sowas von unsichtbar, dass man ihn erst parteiintern ansägen muss, damit er sich wieder vor die Medien traut. Laut "Wirtschaftsblatt" meinte er, "Reformen umgesetzt" zu haben - bis auf das umstrittene Hypo-Sondergesetz kann ich mich an nichts erinnern. Die Bildungsreform bleibt aus, die Arbeitslosigkeit steigt, die Pensionen sind nicht sicher und die Verwaltungsreform wird zum Running Gag. Der Kanzler wiederum vermeidet Fernsehauftritte und lässt sich nur von der "Österreich" interviewen - die ihm dafür auch ein "Befriedigend" schenkt. Und zwar wirklich schenkt - denn wer in seiner Partei und im ganzen Land so angezählt ist, hat auch keine positive Note verdient.