...aber treppenwitzmäßig gar nicht der im Norden, sondern der im Süden.
War eh ein bissal zu ruhig in letzter Zeit, quasi sonst nix los in der Welt.
Hat Südkoreas Präsident das Kriegsrecht und Ausnahmezustand ausgerufen, weil die pöhse, pöhse Opposition im Parlament, die seit den letzten Parlamentswahlen die krachende Mehrheit gegen ihn hat, seinen Haushaltsplänen nur sehr eingeschränkt zugestimmt hat.
Ok...? Vielleicht ein wenig übertrieben, deswegen ne Verfassungskrise auszulösen, Yoon? Aber wenn man sich das etwas näher anschaut, passt das schon ins Bild. Die südkoreanische Politik ist ähnlich verfeindet wie die US-amerikanische, aber etwas fluider, ähnlicher der japanischen, wo sich andauernd neue Parteien aus alten konstituieren und zusammensetzen. Da hat man einerseits derzeit die Demokratische Partei des Miteinanders, die Deobureo-minju-dang und deren liberal-sozialdemokratische Anhängselparteien, die bei der letzten Parlamentswahl eben besagte Mehrheit einfuhren und andererseits die PPP, Gungminui-him, die konservative, nationalistische Partei - aus deren Reihen Präsident Yoon stammt - welcher zuvor Generalstaatsanwalt war und bekannt für seine selbst für seine Partei erzkonservativen, äußerst nationalistischen Ansichten und wenig Willen für Kompromisse, ein klassischer Hardliner. Welcher die Präsidentschaftswahl mit grad einmal knapp 200000 Stimmen mehr oder 48,6% gewonnen hat und seit Tag 1 seiner Amtszeit höchst umstritten war wegen seiner kompromisslosen Haltung bei der Durchführung seiner politischen Ziele. Aber auch wegen seiner und seiner Ehefrau Verwicklung in diversen Korruptionsskandale und drohende strafrechtliche Prozesse. Ach ja, ne? Nachtigall, ick hör dir trapsen...
Nun rief er also das Kriegsrecht aus, weil er meinte, die Opposition arbeite mit Nordkorea zusammen und will mit der Nicht-Freigabe seines Haushaltes Gelder für Verbrechensbekämpfung und öffentliche Sicherheit zurückhalten, um das Land ins Chaos zu stürzen. Kurz: die große pöhse linke Weltverschwörung gegen den armen hart arbeitenden Law-and-Order-Man, der das Land wieder auf Vordermann bringen will. Woher kennt man dieses Narrativ bloß, hm...?
Kriegsrecht also. Das heißt de facto hat das Militär das Sagen und es kann und versuchte dies auf Geheiß von Yoon auch, das Parlament und dessen Abgeordnete zu hindern zusammenzukommen, weil es in schöner Zirkelschlussmanier "nicht demokratisch arbeitsfähig" ist. Dollfuß schau owe. Dem ging im Jenseits grad einer ab. Zum Glück konnte dennoch die Mehrheit der Parlamentarier zusammenkommen, auch wenn Soldaten halbherzig versuchten, das Parlament abzuriegeln und haben einstimmig das Kriegsrecht wieder aufgehoben - welches so gar nicht hätte verhängt werden dürfen deren Ansicht nach. Interessant hierbei ist, dass nicht nur die liberale Opposition, die hier versucht wird mit der Brechstange und dem für die erzkonservative, ultranationalistische Richtung immer häufiger werdende Abkehr von den Regeln des politischen Lebens, geschaast zu werden, dem Kriegsrecht widerspricht, sondern auch des Präsidenten eigene Partei, die konservative PPP und dessen Vorsitzender, der immerhin aktueller Justizminister ist. Der sollts halt wissen.
Man hat also nen spontanen, nicht abgesprochenen Alleingang eines unter schweren strafrechtlichen Verdacht stehenden unpopulären Staatsoberhaupts, der in diesem illegalen (weil sich nicht an die in der Verfassung benötigten Schritte gehalten wurde) Alleingang anfängt komplett frei zu drehen von jeglichem Regelwerk und versucht das Militär zu nützen, um die von ihm paranoid gehasste Opposition einzuschränken und sich selbst aus der Schlinge des Rechtsstaats zu winden. Ich denke, sowas nennt man Militärputsch. Oder zumindest den Versuch davon. Besagtes Militär hat auch eben angekündigt, den Ausnahmezustand - trotz seiner Illegalität - aufrechtzuerhalten bis der Präsident ihn beendet. Ja geil, schönes Dilemma.
Wie die Lage in Seoul weitergeht, wird sich zeigen. Dort isses grad mitten in der Nacht und wirklich geordnete Infos gibt es nicht. Aber schon lustig, wie schnell sowas gehen kann. Eigentlich gilt Südkorea als gefestigte Demokratie, in der sich an geschriebene und ungeschriebene Regeln gehalten wird. Und dann kommt da ein... naja... paranoider Ultrarechter und "starker Mann" an die Macht und eskaliert. Gab ja in den letzten Jahren genügend Blaupausen für so ein Verhalten: Die USA und Trump, UK und Johnson, Israel und Netanyahu, Türkei und Erdoğan, Brasilien und Bolsonaro, usw...
Man kann nur hoffen, dass der andere Verrückte auf der Halbinsel das nicht ausnutzen will und nen Zweiten Koreakrieg anfangt. Man kann derzeit überhaupt irgendwie nur hoffen, dass Leute sich normal und nicht wie megalomanische Durchgedrehte verhalten. Gibt halt irgendwie wenig Anlass dazu.