Der Schulhofbully, der sich mit Speichelleckern umgibt und sich ein vermeintlich schwaches Opfer aussucht, hört nicht einfach mit dem Mobben auf, wenn das Opfer sich entscheidet, dass "der Klügere nachgibt", wenn es sich entscheidet, sich umzudrehen und wegzugehen, sich nicht zu wehren oder dergleichen oder auf Konversation und Verständnis baut. Denn im Weltbild des Bullies ist dies ein Eingeständnis und Anzeichen von Schwäche, die er - der Starke - ausnutzen kann und weidlich ausnutzen wird, weil es seinem archaischen Eigen- und Fremdverständis entspricht: Er ist der Anführer, er ist das Alphamännchen, er tut, was ihm beliebt, wann es ihm beliebt, nicht weil es sinnvoll oder zielführend ist, sondern weil er es kann.

Wir sind heutzutage, sowohl als Individuen als auch in der Gesellschaft als solches, darauf trainiert, konditioniert und erzogen, dass vor allem physische Gewalt böse und schlecht ist und wir zivilisiert darüber stehen. Vendettas oder Duelle sind geächtet. Ist man so zivilisiert nun mit einem Schulhofbully konfrontiert, der aus welchen Gründen auch immer, mangelnde Erziehung, womöglich eigene einschlägige Erfahrungen mit Gewalt, der Glaube, er sei eigentlich selbst der Arme und muss sich ja durch seine Taten nur vor vermeintlichen Angreifern schützen oder simple Neigung zur Sozio- oder Psychopathie, diese gesellschaftliche ungeschriebene Übereinkunft ignoriert, steht man vor einem Problem. Nämlich dem, dass die heutigen etablierten Regeln für unakzeptiertes Verhalten innerhalb einer Gesellschaft, das Verhalten des Bullies nicht ändern, weil er es nicht als Strafe auffasst. Er sieht sich als außerhalb dieser Regeln stehend. Für ihn zählt allein Kraft und Macht. Dem Opfer bleiben genau zwei Möglichkeiten: Sein Martyrium zu ertragen, weil es so gefestigt daran glaubt, dass die Regeln doch irgendwann ausreichen, den Bully zu ändern. Das kann je nach Persönlichkeits- und Charakterstruktur gelegentlich gelingen oder es bringt schlicht gar nichts. Oder man stellt sich dem Bully entgegen und verschafft ihm eine blutende Nase, einen gebrochenen Arm oder ähnliches. Dadurch wird sehr simpel signalisiert: Du hast dir den Falschen ausgesucht und bist nicht der Stärkere in dieser Konstellation. Dazu muss man allerdings bereit sein, die hochgehaltenen Regeln selbst auch zu brechen - was aufgrund der Erziehung und Konditionierung bei vielen nicht im Bereich des Akzeptablen liegt.

Daraus ergibt sich ein Dilemma. Sollte die zivilisierte Methode der Beilegung nicht fruchten, heißt das für diese beiden übrigbleibenden Optionen folgendes: Eskalation mit der Gefahr, dass eine Klarstellung von Machtverhältnisse, ein wortwörtlicher Schuss nicht vor, sondern in den Bug des Bullies, nicht fruchtet, weil er solange in dem Glauben gelebt hat, er darf, er kann nicht verlieren, weil er ja der Stärkere ist, dass sich eine ausufernde Gewaltspirale anschließt, in der alle aufgrund der Verbrannten Erde nur verlieren, was dem Bully dann aber lieber ist, als er allein würde verlieren. Wenn er nicht oben auf sein kann, dann stellt er sicher, dass es niemand sein kann. Oder passives Gewähren Lassen, weil man genau vor dieser Art der Eskalation berechtigte Angst hat, den Bully aber in seiner Art und Unterdrückung bestärkt, weil er keine für ihn bedeutsamen Konsequenzen zu fürchten hat und so in seinem Weltbild bestärkt wird, alles machen zu können, was er will. Und das ist beides eigentlich nicht im Sinne des Opfers.

Leider leben wir heutzutage auch in Zeiten, in denen Bullies bewaffnet in die Schule kommen und ihren Opfern beinhart ins Gesicht sagen: "Also du gibst mir jetzt dein Taschengeld und wenn du auf den Gedanken kommst, dich zu wehren oder mich zu verraten, knall ich dich ab, einfach so." "Aber das kannst du nicht machen!" "Doch kann ich." Was tust du dann? Wenn er es auf diese Weise zu obig genannte Eskalation kommen lässt und ein Szenario kreiert, indem er zwar verliert, aber soviele andere mit sich reißt, dass die andere Seite nicht mehr gewinnen kann?

Ich sags euch: Eine Lösung des Konflikts, die innerhalb der zivilisierten Möglichkeiten liegt, die akzeptiert sind, ist nicht möglich. Du kannst dich zwar immer unterwerfen und als Knecht leben und hoffen, dass ihm nicht trotz deiner Unterwerfung mal die Idee kommt, dich einfach abzuknallen. Gewähren Lassen ist also auf Dauer keine Lösung, sondern bloß eine Weiterführung des Status Quo, in der Hoffnung der Bully zuckt nicht einfach irgendwann durch. Oder du stellst dich hin und sagst "Bis hierher und nicht weiter" und musst mit kommenden gschissenen Konsequenzen für dich und womöglich auch dein Umfeld rechnen, dass da mit reingezogen wird, weil der Bully nicht einfach sagen wird: "Ja, ok dann nicht", sondern glaubt, er darf ja nicht verlieren, weil er der Stärkere ist.

Zum Glück ist dieser vorzeitliche Menschenschlag in dieser extremen Ausprägung nicht zu übermächtig vertreten, sonst gäbs die Menschheit schon seit spätestens vor siebzig Jahren nicht mehr. Bisher hat Reden noch immer eine Lösung gebracht. Das muss nicht für immer gelten. Noch haben wir ja hundert Sekunden Zeit, für einen Bully wild um sich zu schießen - oder das zu verhindern, indem er selbst zuerst erschossen wird.

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Dieter Knoflach

Dieter Knoflach bewertete diesen Eintrag 25.02.2022 19:28:24

Ttavoc

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