Ich bin mir noch nicht sicher, ob es die Rückgratlosigkeit jener mittlerweile vier zur ÖVP übergetretenen Mandatare des "Team Stronach" ist oder die Scheinheiligkeit, mit der in vielen Kommentaren nun darüber geschrieben wird. Im Grunde haben die vier Parlamentarier weder etwas Verbotenes unternommen, noch etwas Überraschendes.

Seit geraumer Zeit - gefühlt: etwa seit einer Wählergeneration - gilt es gemeinhin als veraltet, überkommen, hinderlich und negativ, wenn Politikerinnen oder Politiker sich zu einer Wertehaltung, zu einer Überzeugung oder - ja, benutzen wir ruhig das böse Wort - zu einer Ideologie bekennen. Eine banale Google-Recherche reicht um festzustellen, dass das I-Wort in beinahe allen Fällen der elektronischen Berichterstattung in negativem Zusammenhang benutzt wird: Wertkonservative verurteilen die "Gender-Ideologie", den Pegida-Aktivisten wird wiederum eine "Ideologie des Hasses" vorgeworfen, im Kampf gegen den Islamischen Staat ruft US-Präsident Obama dazu auf, die "Ideologie der Extremisten" zu bekämpfen.

Ideologien haben im Prinzip die Bösen, die Feinde, die Gegner, allenfalls die politischen Mitbewerber. Man selbst hat sich längst weiterentwickelt. Man stellt gern den "Menschen in den Mittelpunkt" (siehe zahllose Wahlslogans der unterschiedlichsten Parteien) und spielt ihn gegen die Ideologien aus. "Zur Seite mit der Ideologie!" fordert der Linzer Bürgermeister Klaus Luger im Standard-Interview und bezieht sich natürlich nur auf "wichtige Projekte" dabei. Bei unwichtigen Dingen, dürfen die Ideologiekasperln also ohnehin getrost weiter spielen.

Gelegentlich freut man sich geradezu über einen linken Sozialdemokraten, einen konservativen Christdemokraten, einen grünen Grünen, einen liberalen Liberalen. Freiheitliche nehmen sich eher selten ein Blatt vor den Mund und bekennen sich zu ihrer Ideologie. Doch Moment! Die ist ja wiederum nicht "freiheitlich" sondern rechtsnational. Was für ein Chaos!

Und genau in diesem Chaos verhalten sich nun vier Abgeordnete des "Team Stronach" (das in seinem Programm die Ideologie durch überstrapazierte aber nicht näher definierte "Werte" ersetzt) ganz und gar mainstreamhaft, ganz und gar befreit von jeglicher "ideologischen Enge". - Eigentlich quasi normal.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:12

fischundfleisch

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