Soeben war der Tag der Fische, am 22. August 2017, um genau zu sein
Weltweit werden jährlich 150 Millionen Tonnen Fisch und Krebstiere gefangen, allein in Deutschland sind es pro Jahr 978.000 Tonnen, darunter vor allem Heringe, Makrelen, Garnelen und Kabeljau. Wenngleich Fische damit das meist getötete „Nutztier“ weltweit sind, gilt für sie in der Tierschutz-Schlachtverordnung eine Ausnahme, in deren Folge sie unnötig leiden müssen: Dort heißt es, dass die Tiere nicht betäubt werden müssen, soweit es nach dem Stand der Wissenschaft nicht oder nur mit hohem Aufwand verbunden ist. In der Praxis bedeutet das, dass viele Tiere langsam und schmerzvoll ersticken. Zum Teil werden sie noch lebendig aufgeschnitten und ausgenommen.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Das Leid der Fische findet nur wenig Beachtung
Bilder misshandelter Hunde, ängstlicher Mäuse in Versuchslaboren oder die vor Angst geweiteten Augen eines Nerzes auf einer Pelzfarm begegnen uns beinahe täglich auf Videoplattformen, Internetseiten oder in den sozialen Netzwerken. Doch die hundert Millionen Fische sorgen für weniger Empörung. Der Ethologe Jonathan Balcome widmet sich in seinem neuen Buch „What A Fish Knows“ dieser Kontroverse: „Fische leben unterhalb unserer Oberfläche der Wahrnehmung und so nehmen wir das Leid der Tiere gar nicht wahr.“ Sie schwimmen quasi unter unserem Radar.
Wie wir mit Fischen umgehen, ist nicht nur für den Autor unverantwortlich.
Sie sterben durch ein Schlupfloch im Gesetz oft ohne Schutzmaßnahmen zur Betäubung und Schlachtung.
Das Problem: Der Fisch ist ein weitreichend unerforschtes Lebewesen und es gibt keinen Konsens über das Schmerzempfinden der Tiere. Eine Vielzahl an Studien belegt, dass das Tier fähig ist, wie jedes andere Lebewesen auch, Schmerzen zu empfinden. Diese besagen, dass Fische komplexe Denkprozesse vollziehen und ihr Blutdruck und Puls sich unter Stress immens erhöhen würde. Außerdem seien die Tiere sozial und würden Artgenossen vertrauen und individuelle Mitglieder ihres Schwarms bevorzugen.
Andere Studien aber urteilen, dass dem nicht so sei und die Tiere unser Empfinden von Schmerz nicht teilen würden. Weil es keinen eindeutigen Stand der Wissenschaft gibt, spielt der Paragraph in der Tierschutz-Schlachtverordnung eine so große Rolle beim Tierschutz der Fische. So heißt es in Paragraph 3, Absatz 4: „Die Vorschriften dieser Verordnung sind nicht anzuwenden bei einem Massenfang von Fischen, soweit es nach dem Stand der Wissenschaft nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich wäre, eine Betäubung durchzuführen.“ (»gesetze-im-internet.de/bundesrecht/tierschlv_2013/gesamt.pdf)
Dieser Paragraph wird im kommerziellen Fischfang stets zum Nachteil der Fische ausgelegt.
Die letzten qualvollen Minuten im Leben eines Fisches
Insgesamt werden laut Fish Count, einer britischen Organisation, weltweit jedes Jahr eine Billion Fische und Krebstiere in der kommerziellen Fischerei gefangen. Allein die deutsche Flotte reiht sich jedes Jahr mit 219.001 Tonnen aus den Meeren ein – vorrangig sind hierzulande Heringe, kleine pelagische Arten, Makrelen, Garnelen und Kabeljau die Leidtragenden. Rücksichtslos werden die Körper der Tiere in den Netzen zerdrückt. Fische, die weiter oben in den Netzen liegen, ersticken an der Luft, da es keiner Betäubung bedarf. Jene, die den Transport vom Wasser an Bord überlebt haben, werden teilweise noch lebendig verarbeitet. Andere Fische werden in einem Zustand zwischen tot und lebendig gekühlt gelagert und vorbereitet.
All das, obwohl die Prozedur großes Leid und starke Schmerzen für die Fische bedeuten könnte.
Welche Methoden des Fischfanges gibt es?
Grundschleppnetze ohne Fluchtfenster:
Schleppnetze werden in der Hochseefischerei mehrheitlich genutzt, sind aus Tierschutzsicht aber besonders problematisch. Die trichterförmigen Netze verfügen über Öffnungen, die so groß wie fünf Fußballfelder sein können. Durch die riesigen Öffnungen sammeln sich während des Fangvorgangs bis zu 500 Tonnen Fisch in einem trichterförmig zulaufenden Fangsack. Dort werden die Fische zusammengedrückt, oft ersticken sie durch die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Kiemen. Sie verletzen sich auch gegenseitig durch Krümmungs- und Schlagbewegungen. Ein Fangdurchgang kann mehrere Stunden dauern.
Langleinen:
Eine weitere problematische Fangmethode besteht in der Langleinenfischerei. Wer Thunfisch kauft, kann häufig die Information der Fangart auf dem Etikett erkennen. Nahezu ausschließlich werden dort „Angel“ oder „Langleine“ genannt. Kaum ein Verbraucher kann sich allerdings vorstellen, was sich hinter dem Begriff der Langleine verbirgt.
Hier fischen riesige Schiffe mit mehreren bis zu 130 Kilometer langen Kunststoffleinen, von der wiederum zahlreiche Leinen ausgehen, an denen dann insgesamt bis zu 20.000 lebendige Köderfische angebracht sind, die mit halbautomatischen Maschinen auf die Haken aufgespießt werden. Die Leinen werden stundenlang, oftmals sogar tagelang durch das Fanggebiet gezogen oder an Bojen angebracht und zu einem späteren Zeitpunkt eingesammelt. Ein zentrales Tierschutzproblem ergibt sich, da die Fische, die auf die Köder anbeißen, sehr lange Zeit am Haken hängen. Zudem sind sie dort oftmals auch Angriffen von Raubfischen hilflos ausgesetzt.
Ein weiteres Problem der Langleinenfischerei ist der enorm hohe Beifang. Die geschätzten Beifangraten von 20 Prozent stellen ein besonderes Problem dar, da die hierdurch gefangenen Fische keiner Nutzung zugeführt werden und einen sinnlosen Tod sterben. Zudem verenden auch sehr viele Hochseevögel und Meeresschildkröten an den Haken, darunter auch zahlreiche Individuen gefährdeter Arten. Der Tod dieser Tiere tritt nicht minder langsam ein als es bei den Fischen der Fall ist.
Treib- oder Kiemennetze:
Diese Netze schwimmen unbefestigt in den Gewässern, sodass sich darin zahlreiche Fische verheddern oder mit Kiemen oder Flosse hängen bleiben. Die Beifangmengen (darunter Wale, Seehunde, Kegelrobben, Schweinswale, Schildkröten) sind riesig und die in Panik geratenen Fische verenden zum Teil über Tage in den Netzen. In einigen Regionen sind diese Netze bereits verboten.
Kurren oder Baumkurren sind eine Form des Schleppnetzes am Meeresgrund: Kleine Kutter nutzen diese Netze und fischen hierüber vor allem Krabben und Plattfische. Der Beifang ist grauenhaft hoch: Für ein Kilo Krabben oder Scholle gibt es bis zu zehn Kilo Beifang aller Meerestiere, der in den Netzen oft qualvoll und sinnlos verendet.
Die Fische brauchen eine Lobby
WWF sowie Greenpeace und die Heinrich-Böll-Stiftung schaffen mit ihren „Fisch-Ratgebern“ oder dem „Meeres-Atlas“ Aufmerksamkeit für das Tier und beraten, welche Fischsorte bedenkenlos gekauft und verzehrt und auf den Konsum welcher Fischarten man besser verzichten sollte. Sie tragen mit der Veröffentlichung praktischer Ratgeber dazu bei, durch bewussten Konsum das Überfischen der Meere zu vermeiden – das ist aus Artenschutzsicht ein wichtiges Thema.
Doch das einzelne Tier findet hier kaum Beachtung.
So erfährt der Konsument nichts über die Grausamkeit des Fangvorgangs und es gibt bislang kaum Akteure, die hier Handlungsbedarfe sehen und ihre Kritik an Politik, Branche und Handel herantragen. Auch die wenigen Siegel, die für Fischprodukte existieren, berücksichtigen in keiner Weise die genannten Tierschutzaspekte.
Die Welttierschutzgesellschaft fordert:
Es gibt massiven Aufholbedarf im Fischfang: So bedürfen die Schleppnetzfischerei und die Langleinenfischerei schleunigst verändert oder durch Fangmethoden ersetzt, die den stunden- oder tagelangen Todeskampf der Tiere verhindert.
Doch auch die Wissenschaft muss für die immense Menge an Fischen, um die es geht, Verantwortung übernehmen und die Forschung zur Empfindsamkeit der Tiere ausweiten. Nur wenn es klare wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, kann sich langfristig etwas für die Fische verändern. In Folge der neu gewonnenen Forschungserkenntnisse sollte dann der Schutz der Fische weltweit in rechtlichen Verordnungen gesichert werden. Ausnahmeregelungen dürfen nicht ausgehebelt und zum Standard werden. Dafür muss die Tierschutz-Schlachtverordnung um Methoden ergänzt werden, die ein tiergerechtes Fangen und Schlachten möglich machen könnten. Auch hier haben sowohl Wissenschaft als auch Politik dringenden Nachholbedarf, um die entsprechenden Forschungen anzustoßen und zu fördern.
Doch auch jeder einzelne Verbraucher sollte die Fische ins Bewusstsein rücken. Wir fordern mehr Aufmerksamkeit für die Tierschutzproblematik in der Fischerei – von Seiten der Politik und Händler, die den Tierschutz fördern können und von jedem einzelnen Bürger, der sich informiert, aufklärt und bewusst handelt.
Bitte machen auch Sie am Tag der Fische mit und teilen Sie diesen Artikel mit Freunden und Bekannten!
Weitere Informationen zur Welttierschutzgesellschaft und unserer Arbeit finden Sie auf: www.welttierschutz.org