46 Cent kostet der Liter Milch derzeit in deutschen Supermärkten. Was viele Verbraucher freut, treibt die Landwirte in den Ruin. Bei ihnen kommt gerade einmal die Hälfte des Verkaufspreises an – zu wenig, um wirtschaftlich zu arbeiten. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat auf dem Milchgipfel eine Soforthilfe von 100 Millionen Euro versprochen. Das System Milchwirtschaft bleibt damit unangetastet. Auch die Milchkuh wird wieder einmal außen vor gelassen.
Gisela Krohn
Kranke Tiere, die auf Hochleistung gezüchtet sind, mit Kraftfutter gefüttert werden und ausschließlich im Stall stehen, gehören in der modernen Milchwirtschaft schon lange zum Alltag. Die Landwirte haben zwar unmittelbaren Einfluss auf das Wohlergehen ihrer Tiere, stehen aber in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Molkereien, dem Handel, den Verbrauchern und schließlich der Politik. Wir alle tragen die Verantwortung dafür, wie es Milchkühen in Deutschland geht, denn eine tiergerechte Milchkuhhaltung lässt sich nur mit fairen Preisen für die Bauern realisieren. In Zeiten eines anhaltenden Überangebots an Milch bei gleichzeitig stagnierender weltweiter Nachfrage ist die Gefahr groß, dass das Wohl der Tiere ohne gesetzliche Regeln auf der Strecke bleibt. Ohne Kuh keine Milch.
Strukturelle Änderungen sind gefragt
Ein wichtiger Schritt für eine Neuorientierung wäre eine Haltungsverordnung für Milchkühe, die tiergerechte Mindeststandards für die Haltung der Tiere gesetzlich verankert. Hier haben wir von der Welttierschutzgesellschaft einen Entwurf erarbeitet. Dieser sieht unter anderem einen Vorrang der Weidehaltung während der Vegetationsperiode vor, die dem natürlichen Bewegungsbedürfnis der Kühe gerecht wird. Zudem ist Weidemilch auch für uns Verbraucher nachweislich gesünder.
Molkereien könnten tiergerecht arbeitende Landwirte unterstützen und mit einem Bonussystem beispielsweise die Haltung von robusten und gesunden Zweinutzungsrassen anstelle von krankheitsanfälligen Hochleistungsrindern finanziell fördern. Selbst der Landwirtschaftsminister empfiehlt einen Umstieg auf Ökolandbau, der laut seiner Aussage weniger vom Preiskampf betroffen ist. So könnte dem Überangebot an Milch auf natürliche Weise entgegengewirkt werden.
Gleichzeitig müssen Verbraucher über die Missstände in der Milchviehhaltung informiert sein und anhand einer seriösen und verbindlichen Kennzeichnung auf der Produktverpackung erkennen können, wie die Tiere gehalten werden. Umfragen zufolge sind Verbraucher bereit, mehr Geld für eine tiergerechte Milcherzeugung zu zahlen.
Die politisch und wirtschaftlich verfolgte Exportstrategie „Billig-Milch-um-jeden-Preis“ führte in eine Sackgasse und zu einem systemimmanenten Tierleid. Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird und strukturelle Änderungen angestoßen werden, geht dies immer weiter zulasten der Tiere und der Landwirte.
Wie Verbraucher tiergerecht erzeugte Milch erkennen können, erfahrt Ihr in unserem Milchratgeber: http://www.kuhplusdu.de/milchratgeber-bestellen