2 Leuten muss man nach vergangenem Sonntag ganz besonders gratulieren. Der Erste davon ist selbstverständlich Norbert Hofer. Intuitiv war das Ergebnis ein wenig zu erwarten, aber nicht in diesem Ausmaß. Die zweite Person ist wohl Herr Kickl von der FPÖ, oder wer auch immer den genialen Schachzug geplant hat, Norbert Hofer aufzustellen.

Hofer hat eine bemerkenswerte und beeindruckende Zeit hinter sich. Selbst als Van der Bellen-Wähler kann und darf man davon durchaus beeindruckt sein. Von einem Politiker, den kaum jemand wirklich kannte, zu mehr als einem Drittel der Stimmen in der ersten Wahlrunde, ist eine beeindruckende Bilanz.

Wie ist das passiert?

Mit der Aufstellung Hofers hat die FPÖ alles richtig gemacht, was man richtig machen konnte. Norbert Hofer ist ein wirklich sympathischer Mann mit einer sehr angenehmen Ausstrahlung. Ohne hier beleidigend werden zu wollen, kann wohl niemand davon ausgehen, dass eine Ursula Stenzel ein ähnliches Ergebnis erzielt hätte.

Ein weiterer Punkt ist, dass Norbert Hofer wirklich aalglatt ist. Und damit meine ich nicht das negativ besetzte Wort, sondern, dass er tatsächlich kaum Angriffspunkte bietet. Woher wissen wir das? Es wurde ja wirklich versucht, ihn anzugreifen. Ich denke, wir alle hatten in der Vergangenheit schon Mal Spaß an deftigen politischen Diskussionen, oder? In der Vergangenheit kam es, vor allem zwischen eher linken Personen, Medien und FPÖ-Wählern, regelmäßig zu heftigen Diskussionen. Der große Unterschied zu dieser Wahl ist aber folgender: Während es bei vielen FPÖ-Politikern oft recht leicht war, eine Angriffsfläche zu finden (siehe Winter, Graf, Strache), war dies bei Hofer nicht der Fall. Keine heftigen rassistischen Ausraster, keine abstrusen Theorien, nichts. Das meine ich mit aalglatt.

Dieser Umstand hielt die Medien aber nicht davon ab, jedes kleine Fitzelchen an „dunkler Vergangenheit“ auszugraben. Ich las öfter Berichte, deren Überschriften fast vermuten ließen, dass Hofer die Schlümpfe ermordet hätte, oder sonst was. Aber nach dem Lesen: Nichts.

Auch der Stil Norbert Hofers ließ eigentlich kaum Kritik zu. Im Gegensatz zu Straches omnipräsenter Kampfrhetorik war Hofer stets ruhig und gefasst. Ein Staatsmann-Image hat er. Und oft forderte er auch Dinge, die völlig in Ordnung sind. Das Asylwerber auch Pflichten haben – wer würde dem widersprechen?

Warum dann nicht?

„Markus, du Idiot“ könnte man jetzt sagen, „Warum wählst du dann nicht Norbert Hofer?“. Und intuitiv klingt das auch gut, schließlich habe ich auch genug Punkte aufgezählt, die Norbert Hofer wie einen fantastischen Kandidaten erscheinen lassen. Aber es gibt da einen entscheidenden Punkt..

Kennen Sie Ausschlusskriterien bei der Partnersuche? Wenn Sie sich einen Partner/ eine Partnerin suchen, achten Sie auf gewisse Merkmale („Drum prüfe, wer sich ewig bindet“). Einige dieser Merkmale sind Ihnen ganz allgemein wichtig – sie gefallen Ihnen. So bevorzugen Sie vielleicht rothaarige Frauen, oder große Männer, Leute mit Bart usw.

Und dann gibt es noch die Ausschlusskriterien. Diese sind natürlich genauso subjektiv wie die anderen, aber mit einer ganz anderen Wichtigkeit versehen. Sie sehen diesen Mann. Er ist groß, er hat einen Bart, er ist Anwalt (das gefällt Ihnen) und im richtigen Alter. Das ist genau Ihr Profil. Doch dann: BAAM! „Also ich hasse eigentlich Tiere“. Ausschlusskriterium aktiviert! Sie lieben Tiere. Und obwohl dieser Mann auf so vielen Ebenen toll ist, reicht dieses EINE Ausschlusskriterium dafür, dass Sie sich keine Zukunft mit ihm vorstellen können.

Genauso geht es mir mit Norbert Hofer. Also nicht auf der romantischen Ebene. Aber trotz sehr vieler beeindruckender und überzeugender Eigenschaften die er hat, löst er bei mir ein Ausschlusskriterium aus. Welches das ist? Die tiefe und feste Verankerung in der Freiheitlichen Partei.

Reicht das?

Das klingt lächerlich? Nur dieser eine Punkt? Ja, nur dieser eine Punkt. Norbert Hofer ist fest in der FPÖ verwurzelt, er ist seit ewiger Zeit Teil dieser Partei, er schreibt aktiv ihr Programm mit und war auch während des Wahlkampfes oft genug mit der gesamten blauen Entourage auf Tour. Wenn man die FPÖ an sich mag, würde das wohl kein Problem darstellen. Nur steht die FPÖ für mich (und auch für viele Andere) für eine Politik der Ausgrenzung und der schnellen Kampfrhetorik, als Antwort auf komplexe Probleme.

Und wenn man dann genau hinsieht und Hofers Aussagen beobachtet, finden sich einige dieser Punkte auch in seinem Wahlkampf wieder. Sei es ein an sich eher europafeindlicher Kurs oder die Einstellungen gegen die Homo-Ehe.

Genauso verhält es sich mit dem Plan, die Regierung aufzulösen. Man mag das bei dieser Regierung kaum glauben, aber können Sie sich vorstellen, was es für ein Chaos ausgelöst hätte, wenn wir letzten Sommer auf einmal vor Neuwahlen und ohne Regierung dagestanden wären? Wieder, hätten wir hier eine schnelle Lösung für ein Problem gehabt, das leider einfach nicht schnell zu lösen ist.

Eine Sache, die einem auch zu denken geben sollte, sind die Reaktionen der rechten Parteien Europas über Hofers „Wahlsieg“. Ich würde nicht soweit gehen, das jetzt ihm vorzuwerfen (wie soll er das auch beeinflussen), aber auffällig ist es natürlich schon.

Abschließend ist Hofer einer DER Chefideologen der FPÖ. Die Neuerstellung des Parteiprogramms fand unter seiner Federführung statt. Alles in allem reichen mir persönlich diese Punkte um Hofer als fest in der FPÖ stehend zu empfinden. Für diejenigen, welche (mit jedem demokratischen Recht) dieser Partei ihre Stimme geben möchten, ist das ja wohl auch wirklich kein Problem. Nur diejenigen, welche der Meinung sind, dass Hofer ja „nicht so wie die anderen Blauen“ ist und die FPÖ aufgrund ihrer Positionen als Partei als unwählbar sieht, sollten wissen: Hofer ist so blau, wie man nur sein kann.

P.S: Ein großes Anliegen ist es mir, mich zu entschuldigen – für all die Komiker, die pauschal jeden Hofer-Wähler als dummen Nazi hingestellt haben (auch wenn ich natürlich nicht der Vereinssprecher der Nicht-Hofer Wähler bin). Das ist massiv beleidigend und zwar sowohl für die Wähler, als auch für die Opfer des tatsächlichen Nationalsozialismus.

Einige Probleme, die Hofer anspricht sind auch einfach Fakt. Ich behaupte nicht, dass die Fragen, die man als Wähler an Hofer stellt, nicht vollkommen berechtigt sind. Ich denke nur, dass seine Antworten die falschen sind.

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

nightunicorn

nightunicorn bewertete diesen Eintrag 28.04.2016 08:31:35

julbing

julbing bewertete diesen Eintrag 28.04.2016 07:25:51

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 27.04.2016 22:03:39

Livia

Livia bewertete diesen Eintrag 27.04.2016 20:27:21

Noch keine Kommentare

Mehr von Stefka