Ich möchte mit Ihnen beten, doch bevor wir dies tun - oder Sie gar weglaufen, lassen Sie uns unser Vorhaben ein wenig betrachten.

Vor 2000 Jahren gab uns ein jüdischer Wanderprediger drei elementare Ratschläge, wie wir beten sollen:

- Macht nicht unnötig viele Worte – plappert nicht herum – seid konkret.

- Zieht euch in euch zurück – seid bei der Sache – sucht das stille Kämmerlein in euch auf.

- Seht euer Gebetanliegen als bereits verwirklicht an – glaubt, dass ihr empfangen habet.

Die Befolgung dieser Ratschläge dient keineswegs als Ritual, um eine Gottheit zu erfreuen und gnädig zu stimmen. Nein, vielmehr setzt dieses Vorgehen einen der Schöpfung immanenten Mechanismus in Gang. Manche sagen, dass Gedanken und Gefühle Auswirkungen haben. Dass sie unser Leben gestalten. Dass sie genutzt werden müssen. Gebet ist das Mittel und der Prozess, mittels dessen wir dies tun. Gebete helfen uns, unsere Gedanken, unsere Gefühle und unser Handeln in Übereinstimmung mit unserem Ideal zu bringen.

Lassen Sie uns ein kleines Experiment machen, auch wenn es Sie zunächst verwundern mag, so etwas im Zusammenhang mit Gebet zu finden.

Ich möchte Sie bitten sich ein Pendel zu basteln. Nehmen Sie sich einen Ring, einen Anhänger oder was auch immer. Wichtig ist, dass es das ungefähre Gewicht eines 2-Euro-Stückes hat, und dass Sie einen dünnen Bindfaden daran befestigen können. Das Pendel sollte so lang sein, wie Ihr Unterarm plus Ihre ausgestreckte Hand. Wenn Sie dieses haben, setzen Sie sich bitte an einen Tisch und nehmen Sie Ihr Pendel. Stellen Sie den Ellenbogen, dessen Hand das Pendel hält, auf die Tischplatte und lassen Sie das Pendel frei hängen. Soweit die Vorbereitungen. Jetzt lassen Sie uns etwas untersuchen. Beachten Sie den Arm und die Hand, die das Pendel hält, nicht mehr. Achten Sie nur noch auf das Pendel. Stellen Sie sich bitte vor, wie das Pendel von links nach rechts hin und her schwingt. Ob Sie das mit geschlossenen Augen machen oder ob Sie mit den Augen den Weg des Pendels vorbeschreiben ist einerlei. Wichtig ist, dass Sie sich das Hin- und Herschwingen des Pendels lebhaft vorstellen. Dass Sie es bereits sehen und fühlen, wie sich der Faden an Ihren Fingern bewegt. Strengen Sie sich nicht an – geben Sie sich einfach der Vorstellung und der Bewegung des Pendels hin – fühlen Sie sich hinein. Und Sie werden bemerken, dass das Pendel bald schon zu schwingen beginnt. So wie Sie es sich lebhaft vorgestellt haben. Wenn Sie die Bewegung des Pendels deutlich erlebt haben, können Sie das Pendel weglegen. Oder Sie gönnen sich noch eine weitere Erfahrung. Wenn das Pendel von links nach rechts hin und her schwingt, machen Sie nichts anderes, als Ihre Vorstellung zu ändern. Stellen Sie sich jetzt vor, dass das Pendel von Ihnen weg und auf sie zu schwingt. Tun Sie das ohne das Pendel vorher angehalten zu haben. Sehen Sie es lebendig vor sich, fühlen Sie es bereits. Sie werden sehen, dass das Pendel seine Schwingrichtung zu ändern beginnt, und sich über eine Ellipse der neuen Vorstellung anpasst.

Dass das Pendel durch Vorstellungskraft schwingt, ist ein altbekanntes Phänomen. Und wir wissen heute, dass die Vorstellung minimale Bewegungen – so fein wie wir sie bewusst nicht machen könnten - in Arm und Hand auslöst, die zu der Bewegung des Pendels führen.

Lassen Sie uns unsere neu gemachten Erfahrungen mit den Empfehlungen, die uns einst für das Gebet gegeben wurden, abgleichen.

„Macht nicht unnötig viele Worte – plappert nicht herum – seid konkret.“

Wir wählten eine Vorstellung. Wir machten nicht viele Worte, umschrieben nichts. Wir nahmen uns einzig und allein das Bild unseres Ziels.

„Zieht euch in euch zurück – seid bei der Sache – sucht das stille Kämmerlein in euch auf.“

Wir waren mit unserer Aufmerksamkeit bei unserer lebhaften Vorstellung. Alles andere (auch jede gegenteilige Vorstellung) blieb vorübergehend außen vor.

„Seht euer Gebetanliegen als bereits verwirklicht an – glaubt, dass ihr empfangen habet.“

Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, wie die Bewegung des Pendels zustande kommen würde oder könnte. Wir wählten unser Ziel und sahen es bereits verwirklicht.

Ist Gebet mehr als lebendige Vorstellung? Was ist das Wesen lebendiger Vorstellung? Haben Sie Lust darüber nachzusinnen? Es lohnt sich sicher.

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