Ich liebe es zu reisen und über meine Reisen zu berichten, denn es gibt so unfassbar viel auf der Welt zu erkunden. Ja gar so viel, dass ein Menschenleben wohl gar nicht ausreicht um die ganze Welt zu entdecken. Ich bin ein Lebemann und um mehr Zeit für das Reisen – ja vielmehr das Leben im eigentlichen zu haben – verließ ich Ende letzten Jahres meine Festanstellung und ging an die Uni. Meine nächste Reise startet am Donnerstag um 19.00 Uhr. Es geht nach Istanbul. Seit der Buchung im November freute ich mich wie Bolle auf die Reise. Doch seit gestern Abend habe ich Bauchschmerzen.
Ich habe Angst.
Wir wurden in unserem friedlichen Deutschland und gar Europa aus dem Schlaf gerissen. Was in der Welt passiert ist nicht mehr nur „in der Welt“. Es steht vor uns. Die Anschläge in Frankreich gehen uns so nah, weil es direkt vor unserer Haustür passierte. Einen Tag nach Charlie Hebdo zündeten Anhänger der islamistischen Boko Harma ein ganzes Dorf in Nigeria an. Etwa 2000 Menschen starben laut Amnesty International dabei. Die Medien berichten weniger darüber. Gestern sprengte ein kleines Mädchem im Auftrag der Boko Harma sich selbst und bis zu 20 Menschen in die Luft. Ich bin erschüttert und tief beunruhigt. Kaum einer meiner Freunde hört davon. Hast Du das mitbekommen? Im März bin ich in Uganda. Das ist „weit genug weg“.
Ich habe trotzdem Angst.
Vor vier Tagen gab es im Touristenviertel Sultanahmet in Istanbul einen Selbstmordanschlag. Ein Polizist und die Attentäterin kamen dabei ums Leben. Gestern wurde in einem Einkaufszentrum in einem Vorort von Istanbul eine Bombe entschärft.
Ich habe noch mehr Angst.
Was ist los mit der Welt? Wie grässlich können Menschen eigentlich sein? Millionen Menschen flüchten seit der Bürgerkriege 2011 aus Syrien in die Türkei. Die Türkei scheint großzügig, hat nach eigenen Angaben bereits über 1,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, genehmigt die kostenlose Nutzung des staatlichen Gesundheitssystems und lässt jeden, der sich offiziell anmeldet einer ordentlichen Arbeit nachgehen.
Nun sitze ich hier und grüble in mich hinein. Mir war klar, dass eine Reise in den Nahen Osten, zu dem die Türkei im weiteren Sinne auch gehört, nach den Protesten vom Taksim-Platz keine Kaffeefahrt wird. Aber nun bin ich enorm beunruhigt. Wann werden die Menschen wieder zur Vernunft kommen und sich besinnen auf Werte wie Toleranz, Nächstenliebe und Glaubensfreiheit? So dass jeder Mensch auf dieser Welt in Ruhe und Frieden leben kann und sich keine Sorgen machen muss, wenn er mal seine eigenen vier Wände, das eigene Land oder gar den Kontinent verlässt.