Großbritannien hat abgestimmt. Das Land will die EU verlassen. Dann ist das so. Aber weitere Vorteile der europäischen Gemeinschaft sollte der Spielverderber von der Insel nach dem Ausstieg nicht mehr genießen.
Schon die Kleinsten lernen, dass beim Verlassen des Kaffeetisches die Chance auf ein Stück Kuchen erlischt. Daher gilt es als Kind, aber auch als Erwachsener genau zu überlegen, wann man den Kuchenteller weg gibt oder sich sogar vom gemeinschaftlichen Tisch erhebt.
Ihren Kuchenteller haben die Briten inzwischen abgegeben. Von der europäischen Torte wollen sie nicht mehr naschen und auch keine eigene mehr beisteuern. Am 24. Juni haben sie sich mit einer Mehrheit von 51,9 % gegen den Verbleib in der EU entschieden. Die Entscheidung, den wohl gedeckten Tisch der EU zu verlassen, war im Vereinigten Königreich denkbar knapp. Der europäische Kaffeetisch verliert damit ihr drittgrößtes Mitglied.
In den ersten Tagen nach dem Brexit wirkt das ehemalige Königreich uneinig und verwirrt. Unentschlossen und nicht zielstrebig genug versucht es den Weg aus dem Esszimmer zu finden und ist sich nicht sicher, ob es das überhaupt will. Cameron, May, Corbyn und Sturgeon wollen nicht gehen. Johnson, Farage und Gove schon. Das Land ist zerrissen. Die Macht und somit auch die Verantwortung will zunächst keiner übernehmen. Eines haben alle gemeinsam: Die Zeit des Abschieds wollen und müssen sie intensiv nutzen um neue Handels- und Kooperationspartner zu finden.
Farage, einer der bekanntesten Brexit-Befürworter, fordert doch tatsächlich ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU und setzt noch einen drauf, wenn er behauptet "vernünftig, pragmatisch und realistisch" findet er das. Wenn er ein Freihandelsabkommen mit der EU will, warum ist er dann dafür die EU zu verlassen?
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt würde der Forderung entsprechen und würde dem Spielverderber, der seinen Pflichten der Gemeinschaft nicht mehr nachkommen will, wie im biblischen Gleichnis um den verlorenen Sohn, weitere Sahnestückchen in den Rachen schieben.
Wie die EU darüber entscheiden wird, ist offen. Großbritannien verlässt bis dahin gemächlich den gedeckten Tisch samt der Beziehungen von 58 Ländern, die mit der EU über Freihandelsabkommen verbunden sind. Viel Zeit lässt sich das Vereinigte Königreich dabei, denn ein Austritt ist nach Aussagen der neuen britischen Regierung erst zum Jahresbeginn 2019 geplant. Premierministerin May hält am Austritt der Briten fest, will ihn jedoch erst Anfang 2017 verkünden. Beim Herausgehen nutzt sie die Chance um mit so vielen Mitgliedern des gemeinsamen Kaffeetisches Verhandlungen für eigene Freihandelsabkommen und Kooperationen aufzunehmen. Denn auf einen Schlag verliert das Vereinigte Königreich diverse Kooperationspartner und Vorteile. Wirtschaftlich mächtig ist das Land, das May seit einigen Tagen regiert, schon lange nicht mehr.
Besonders daher ist die Suche nach neuen Kaffeetischgemeinschaften von hoher Wichtigkeit für das Land der Tea Time. Unlängst laufen ergiebige Gespräche mit Kanada und Australien über zukünftige Kooperationen. Der Austrittskandidat will den Ausstieg dazu nutzen neue Partnerschaften in der ganzen Welt zu finden, erklärte May und liebäugelt mit einem potentiellen Partner jenseits des Atlantiks. Doch die Antwort der Amerikaner kam schon vor der Abstimmung Großbritanniens von Präsident Obama: „Unser Hauptinteresse (Anmerkung: das der USA) gilt dem großen Block, der EU. Wenn Großbritannien alleine wäre, stünde es in der Schlange ganz hinten.“
Gut, dann eben kein Kaffeeklatsch in den USA.
Dann eben Besan Laddu statt Pop-Tarts, denn Wirtschaftsstaatssekretär Sajid Javid reiste bereits Mitte Juli auf der Suche nach Kooperationspartnern nach Indien.
In den nächsten Monaten sollen Reisen nach China, Japan und Südkorea folgen.
Für die weiteren Gespräche: Alles Gute!
Aber dem Aussteiger, der keine Leistungen mehr für die europäische Gemeinschaft erbringen und nur noch nehmen will, sollten wir keine einseitige Unterstützung mehr zusichern.