Über die Freundlichkeit der Japaner und die Berliner Schnauze.

Gerade auf Reisen bin ich anderen Menschen gegenüber viel aufgeschlossener. Ich gehe auf sie zu, frage sie um Rat oder verbringe ohne den vollständigen Namen einer Person zu kennen mehrere Tage mit ihr. Zum größten Teil liegt das daran, dass ich gerne alleine reise und somit auf Hilfe, Hinweise oder eine nette Unterhaltung angewiesen bin. Und es beeindruckt mich immer wieder wie unheimlich freundlich die Menschen außerhalb der Berliner Stadtmauern sind. Mein Lieblingsbeispiel für Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit möchte ich gerne mit euch teilen.

Vor zwei Jahren war ich einige Wochen in Japan unterwegs. Ich reiste alleine durch das ganze Land, bestieg den Mount Fuji und fand nette Unterhaltungen in innerstädtischen Sushirestaurants. Als ich, wie auf vielen meiner Reisen, einen fetten Schnupfen bekam war mein Taschentuchvorrat in Windeseile aufgebraucht und ich suchte eine kleine Drogerie auf. Im unübersichtlichen japanischen Produktwahnsinn fand ich mal wieder nicht zurecht, so dass ich die Kasse aufsuchte. Dort fragte ich nach Taschentüchern. Die aufgeregte und sehr freundliche Japanerin schloss daraufhin sofort ihre Kasse und stürzte mit kleinen und schnellen Schritten hinter dem Tresen hervor. Sie verbeugte sich kurz und bat mich ihr zu folgen.

Drei Regale weiter standen wir vor einer riesigen und kunterbunten Wand, die ich niemals als Taschentuchreservoir enttarnt hätte. Nun begann ihre verrückte Fragerei. Wie viele Lagen sollen die Taschentücher denn haben? Mit Duftstoffen oder ohne? Welche Motive bevorzuge ich auf der Verpackung? Wie viele Taschentücher sollen denn in einer Packung sein? Und wie viele Packungen will ich insgesamt kaufen?

Ich war baff, grinste sie freundlich an und nahm das erstbeste Produkt aus dem Regal. Im Anschluss nahm sie es mir freundlich ab und begleitete mich zur Kasse. Nachdem ich bezahlt hatte stürzte sie wieder hinter der Drogeriekasse hervor und öffnete mir bei der Verabschiedung die Ladentür.

Unglaublich, wie viel Service ich beim lausigen Kauf von fünf Taschentücherpackungen für nicht einmal drei Euro erhielt. Die Japaner sind schon ein verrücktes Volk, dachte ich mir und überlegte wie ich wohl im guten alten Berlin behandelt worden wäre.

Die Auflösung erfolgte einige Wochen später, als ich zurück in der Heimat war. Nach vollendetem Einkauf fragte ich die Kassiererin im LIDL, ob es denn keine feuchten Allzwecktücher mehr gäbe. Auf eine barsche Antwort à la Berliner Schnauze musste ich keine Sekunde warten: „Na wenn da hinten in der Ecke keene mehr sind, dann ham wa wohl keene mehr!“

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Spinnchen

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Herbert Erregger

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