Was ist da gestern Abend im Oval-Office passiert? Alle sind schockiert.
Bin ich es auch? Nein, das kann ich nicht sagen. Denn in seiner Unberechenbarkeit ist Trump wiederum sehr berechenbar.
Allerdings war es ein Lackmus-Test für den Rest der Welt, für die Despoten, Kriegstreiber und Diktatoren. Während in der Vor-Trump-Ära, die US-Amerikaner noch als Verteidiger von Freiheit und Demokratie galten, stets jedoch auch mit einem Auge auf eigene geopolitische und wirtschaftliche Vorteile, scheint diese Zeit nun (zunächst) vorüber zu sein. Ist das so?
Die Sprache im Weißen Haus hat sich in den letzten Wochen wieder spürbar verändert. Las-Vegas-Begriffe wie, „Deal or no deal“, „verzockt“, oder ähnliche, erinnern mehr an ein Casino, als an Weltpolitik.
Und genau das offenbart, wie diese Regierung tickt, welche Interessen sie wirklich verfolgt. In den Monaten nach Trumps Wahl und vor seiner „Inthronisierung“ spürte man aller Orten die Sorge, dass er die Ukraine in ihrem Kampf alleine lassen könnte, dass er die bisherige, wichtige Unterstützung für die Ukraine einstellen könnte.
Diese Sorgen waren unberechtigt und sie sind es auch heute noch.
Zunächst: Die Ukraine war und ist Trump völlig egal. Oft betonte er, wie weit die Ukraine von den USA entfernt sei. Dieser Krieg ist für Trump maximal bedeutungslos. Es sei denn, es gäbe irgendein Motiv, irgendetwas, was seine Interessen wecken könnte.
Da gibt es natürlich Russland, den jahrzehntelangen „Erzfeind“, wenn es darum ging, die geopolitische Vorherrschaft der USA zu verteidigen. Inzwischen haben sich die Achsen jedoch verschoben. China ist sowohl militärisch, als auch wirtschaftlich zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten aufgestiegen. Nordkorea, scheint zumindest militärisch ein zunehmend gefährlicher Widersacher zu werden, trotz jahrzehntelanger Bemühungen diesen Staat und dessen Stärke klein zu halten.
Es ist alles, ich möchte sagen, wesentlich komplizierter geworden, als es noch in den Achtzigern, mit den beiden, klar definierten, politischen Blöcken, war.
Was es bei den US-Amerikanern stets gab, war ein ausgeprägter Egoismus, wenn es darum ging Kriege zu unterstützen oder zu führen. Stets, manchmal erst auf den zweiten Blick erkennbar, gab es scheinbar nachgelagerte Interessen der Amerikaner. Es ging (fast) immer um politische Einflussnahme im eigenen Interesse (Macht), sowie um wirtschaftliche Interessen, wie Einfluss auf Systeme, welche Zugriff auf Erdöl, Gas oder andere Rohstoffe hatten.
Heute ist es Lithium, sind es Seltene Erden oder andere Bodenschätze die in den Fokus des amerikanischen Interesses gerückt sind. Genau so geriet beispielsweise auch Grönland auf den Trump-Einkaufszettel.
Was bedeutet das alles für die Ukraine?
Es gibt vor dem Hintergrund meiner obigen Ausführungen, eine Vielzahl von Motiven, weshalb Trump das Land nicht an Russland wird fallen lassen. Er ist sich nur noch nicht im Klaren darüber, wie er es anstellen kann, seinen Einfluss unter geringstmöglichem amerikanischen Einsatz zu vergrößern. So lange Krieg herrscht sind alle Rohstoffe und Bodenschätze dieses Landes für ihn unerreichbar. Deshalb sein Drängen auf einen schnellen Frieden/Waffenstillstand. Putin, der das Trump-Prinzip längst verstanden hat, machte Trump bereits in der vergangenen Woche, von Vielen überhört, das Angebot, Seltene Erden und andere Rohstoffe, von Russland kaufen zu können. Viele dieser Rohstoffe liegen in den von den Russen besetzten, ukrainischen Gebieten.
Doch das ist für Trump maximal eine 1b-Lösung, geriete er doch, so gerne er auch Geschäfte macht, in eine unerwünschte Abhängigkeit von Russland.
Gestern dann die Inszenierung im Weißen Haus. Ein, aus meiner Wahrnehmung, einfach zu durchschauendes Schmierentheater. Der ukrainische Präsident sollte als undankbarer Kriegstreiber diffamiert werden. Der außen- und vor allem innenpolitische Druck sollte auf ihn erhöht werden. Es sollte ein Keil zwischen seiner Bevölkerung und ihn getrieben werden, damit schnellstens Friedensverhandlungen (Diktat-Frieden) unausweichlich werden.
Ist das gelungen? Wir werden es sehen. So wie ich die Ukrainer einschätze, und ich durfte, auch wenn ich kein Experte bin, in den letzten Jahren viel von ihrer Kultur und ihrer inneren Haltung kennenlernen, werden sie eher noch zusammenrücken und sich hinter ihren Präsidenten stellen.
Inzwischen betont Trump, dass die Tür nicht geschlossen sei (vorwärts Kameraden, wir rudern zurück) und auch dieses Manöver war absehbar, passt ins Bild. Er will die „fucking“ Bodenschätze unbedingt, er will Macht und Einfluss. Er agiert dabei gerade mit „Zuckerbrot und Peitsche“.
Es ist wieder mal nichts als ein perfides Spiel mit den Ängsten (und leider auch dem Leben) von Millionen von Menschen.
Den Ukrainern rufe ich zu: bleibt stark und unzerbrechlich!
Ihr habt die Bodenschätze, die Trump gerne hätte. Das war gestern so, das ist heute so und das wird morgen so sein. Und Trump wird eben diese nicht an Putin verschenken.
Europa steht derweil an Eurer Seite! Unsere Freundschaft ist unzerbrechlich.
Niemand, der dieses schmutzige, amerikanische Spiel durchschaut, will in die schrecklich schöne neue Trump-Welt einziehen. Niemand, dem die eigene Freiheit am Herzen liegt, wird sich auf das schmutzige Spiel einlassen.
Natürlich gibt es Menschen in Europa, die diese Mechanismen nicht durchschauen. Sie sind aber deutlich in der Minderheit. Ein Orban ist dabei nichts mehr als ein sonores Sprachrohr russischer Propaganda. Orban wird von Trump nur in den Momenten überhaupt wahrgenommen, wenn es seinen eigenen Interessen dient. Eine AfD in Deutschland wird instrumentalisiert (ohne, dass die Afd‘ler diesen Mißbrauch überhaupt wahrnehmen. Zu groß ist deren Selbstverliebtheit und Machthunger), einzig und allein um amerikanischen Interessen zu dienen.
Die Ukraine wird diesen Krieg nicht verlieren, weil sie ihn nicht verlieren darf. Beruhigen darf uns, dass nicht zuletzt auch die Amerikaner genau das wissen.
Slava ukraini!