Die AfD ist in Wahrheit die Alternative für Russland

Europa sei "gezwungen, die Interessen Amerikas umzusetzen", sagt AfD-Chef Chrupalla.

Die jüngsten Aussagen ihres Vorsitzenden zum außenpolitischen Kurs der AfD sind in jeder Hinsicht ein Offenbarungseid. Nun wissen wir: Die Partei ist noch übler als ihr Ruf. Sie will, dass sich Deutschland Russland unterwirft. Die Putin-Hörigkeit von Tino Chrupalla hat mit Patriotismus nichts zu tun – sie grenzt an Landesverrat.

Wie alle Putin-Fans und Amerika-Hasser blendet auch Tino Chrupalla kontinuierlich die Realität aus, um die Widersprüchlichkeit seiner Parallelwelt auszuhalten. Dass Russland die Ukraine und ihre Bevölkerung mit Bomben und Drohnen terrorisiert, wird bei der Betrachtung des Massenmörders im Kreml ignoriert oder bagatellisiert. Ebenso die Tatsache, dass Russland Tausende nordkoreanische Söldner angeheuert hat, die NATO ständig provoziert, gegen Deutschland und die anderen westlichen Staaten einen hybriden Krieg führen lässt und mit Atombomben droht. Der Kriegstreiber ist Putin. Sonst niemand.

Trotzdem wird alles zurechtgebogen, damit es in das Schwarz-Weiß-Schema der AfD passt: Amerika böse, Russland gut. "Für mich ist er kein Kriegsverbrecher", hatte Chrupalla einst bei Markus Lanz über Putin gesagt. Warum? "Ich habe das nicht zu beurteilen, ob er ein Kriegsverbrecher ist. Das müssen zuständige Gerichte nach dem Krieg machen." Nur Sekunden später erklärte der AfD-Chef eine nicht näher bezifferte Anzahl US-Präsidenten zu "Kriegsverbrechern". Als Beispiel nannte er George W. Bush wegen seines Einmarschbefehls in den Irak - obwohl er nicht von einem Gericht belangt worden ist. Widersprüche in der eigenen Argumentation sind Chrupalla egal. Oder er merkt sie nicht.

Wäre es nicht so traurig, müsste man lachen: Dass ausgerechnet ein Vorsitzender der AfD eisern zu Putin steht; obwohl der keine Gelegenheit auslässt, Flüchtlingsströme Richtung Westen zu befeuern, die die ultrarechte Partei seit Jahren bekämpft, wie keine andere relevante politische Organisation in Deutschland. Er wünscht "Dialog" mit Russland auch "in Krisenzeiten". Dabei ist es Putin, der unter "Dialog" die bedingungslose Kapitulation der Ukraine versteht. Man wundert sich, dass Chrupalla nicht von "Spezialoperation" spricht. Denn er ist ganz auf der Linie des Kremls. Da ist zusammen, was zusammenpasst. "Wir sehen keine Anzeichen von Neonazismus in den Handlungen der AfD", urteilte Putin. Der leidet bekanntlich ebenfalls unter Realitätsverlust.

Chrupalla will Deutschland zu russischem Vasallen machen

Die jüngsten Aussagen des AfD-Chefs in der Zeitung "Welt" toppen allerdings alles, was er bisher öffentlich an außenpolitischem Unsinn geäußert hat. Sie sind Ausdruck von Unwissen, Niedertracht, Bauernschläue, Eiseskälte, Geschichtsklitterung, Zynismus, Anmaßung und Impertinenz. Vor allem aber zeigen sie: Die AfD ist in Wahrheit die Alternative für Russland, die bereit ist, für einen faschistoiden Führer deutsche Interessen zu opfern. Chrupalla hält die Bundesrepublik für einen Vasallenstaat der USA, will sie aber zu einem Knecht Russlands machen. Anspruch auf Führung in Europa erhebt er nicht. Das überlässt er bereitwillig dem Kreml.

Seine Partei will, wie Chrupalla sagte, "die EU durch eine Wirtschafts- und Interessengemeinschaft ersetzen." Chrupalla weiter: "Wir wollen also nicht alleiniger Player in Europa sein. Vor einem Austritt müsste die Neugründung klar vereinbart sein. Das Gleiche gilt übrigens auch für die NATO." Denn "bislang" sei "Europa gezwungen, die Interessen Amerikas umzusetzen". Die NATO sei "kein Verteidigungsbündnis." Eine Verteidigungsgemeinschaft müsse die Interessen aller europäischen Länder akzeptieren und respektieren - also auch die Interessen von Russland. Chrupalla forderte: "Wenn die NATO das nicht sicherstellen kann, muss sich Deutschland überlegen, inwieweit dieses Bündnis für uns noch nutzbringend ist."

Chrupalla stellt deutsche NATO-Mitgliedschaft infrage.

In "Reichsbürger"-Manier schwurbelt Chrupalla immer wieder von der angeblich "fremdbestimmten" Politik der Bundesregierung: Er glaubt: Die Amis haben das Sagen. Das "BRD GmbH" lässt der AfD-Politiker zwar weg. Allerdings: "Wir müssen uns die Souveränität zurückholen." Raus aus der EU, raus aus der NATO - das ist nichts weiter als: Irrsinn. Die Frage lautet zudem: Seit wann muss irgendeine Gemeinschaft Rücksicht auf irgendwen nehmen, der nicht zu ebendiesem Bündnis gehört, geschweige denn, überhaupt gehören will, da er komplett andere Ansichten eines menschlichen Miteinanders vertritt?

Am konkreten Fall hieße das: Russland überfällt und tyrannisiert völkerrechtswidrig ein Nachbarland. Und die NATO, die - anders als die Regierung in Moskau - für eine Weltordnung steht, die - bei allen Schwächen und Defiziten - demokratische Prozesse als ihr Fundament versteht, soll den Aggressor im Kreml belohnen und Rücksicht auf ihn nehmen. Chrupalla möchte sich also einem Ganoven unterwerfen, der sein Land in einen Mafia-Staat verwandelt hat, in dem das Recht des Stärkeren gilt. Die Ukraine erlebt gerade, wie Putin mit einem Land umgeht, das nicht in der NATO ist: Er betrachtet es als Spielball eigener Interessen. Das möge Deutschland und dem Rest Europas erspart bleiben.

Die AfD ist noch übler als ihr Ruf

Abstrus ist auch die Behauptung des AfD-Vorsitzenden, Überlegungen etwa von Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD, die Wehrpflicht wieder einzuführen, zielten darauf ab, "die jungen Leute an die Front des Ukraine-Kriegs zu schicken". Die Unterstellung dient einzig und allein dazu, den Menschen Angst zu machen und den Westen als "Kriegstreiber" darzustellen, der im "Stellvertreterkrieg" der Amerikaner gegen das ach so arme, von der NATO eingekreiste Russland seine Jugend verheizt. Weshalb Chrupalla, sonst ziemlich gleichgültig, was das Verrecken in der Ukraine angeht, auch noch den umsichtigen Vater raushängen lässt: "Meine Söhne gebe ich definitiv nicht für die Ukraine her."

Boshaft ist Chrupallas Aussage über den Vorsitzenden der CDU. "Friedrich Merz will Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine liefern. Das würde Deutschland zur Kriegspartei machen", sagte der AfD-Vorsitzende. Das kann man so sehen, Bundeskanzler Olaf Scholz tut es jedenfalls. Danach fügte der AfD-Chef allerdings an: "Wer Merz wählt, wählt den Krieg." Ein zentraler Slogan der Kommunistischen Partei zur Reichspräsidentenwahl des Jahres 1932 - die letzte vor der Nazi-Diktatur - lautete: "Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg." Die Abwandlung des Zitats durch Chrupalla ist eine absolut niederträchtige Entgleisung, mit der er die Außenpolitik von Merz in die Nähe Hitlers zu bringen gedenkt.

AfD-Vorstoß wird in Ukraine "mit Empörung aufgenommen"

Was einem den kalten Schauer über den Rücken laufen lässt, ist die Suche nach einer Antwort auf die Frage: Wenn Chrupalla sich inzwischen traut, derlei außenpolitischen Unsinn öffentlich zu sagen, was reden dann erst einmal AfD-Mitglieder an der Basis? In jeder Hinsicht ist das Interview ein Offenbarungseid gewesen. Nun wissen wir: Die AfD ist noch übler als ihr Ruf. Und wenn Merz Kriegskanzler sein sollte, ist Chrupalla mit seiner Putin-Hörigkeit und seiner irrlichternden Außenpolitik ein Landesverräter.

Ein Kommentar von Thomas Schmoll

https://www.n-tv.de/politik/Die-AfD-ist-in-Wahrheit-die-Alternative-fuer-Russland-article25438662.html

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