"Telefonbuch-Zerreißen fing 1982 an. Das war der größte Hammer überhaupt!"

Big Otto Wanz ist eine Berühmtheit. Anders als diverse Mit-Berühmtheiten ist er auch über die Grenzen Österreichs hinweg ein Star, nein, fast schon eine Legende. Diesen Ruhm hat er sich mit dem Catchen/Wrestling erarbeitet. Als Pionier des österreichischen Wrestlings hat er die Welt bereist, Weltmeistertitel errungen und ist eine der bekanntesten einheimischen Persönlichkeiten in Japan geworden. Legendär sind seine Schlachten am Wiener Heumarkt, dem langjährigen Mekka der heimischen Ringerszene, und seine Fähigkeit, Telefonbücher in Rekordzeit zu zerreißen, als noch jeder Haushalt seine Festnetznummer im üppigen Buch festschreiben ließ.

Heute wohnt er geruhsam mit seiner Frau und seinem Hund Butch in der Nähe von Graz und gewährte einen Einblick in seine Karriere, seine Anfänge und die Entwicklung des Wrestlings und die des Publikums.

The Mild Man

Danke, dass Sie sich Zeit für ein Gespräch genommen haben! Wie ist der Kontakt zu alten Weggefährten.

Wanz: Heut ist noch Kontakt da zwischen Terry, Larry Hennig, Baron Raschke und mir. Einmal im Jahr eine Weihnachtskarte oder ein Anruf, wie’s einem geht. Das ist angenehm und nett. Ganz anderes Verhältnis zwischen Profi- und Amateursport. Ich begann mit Boxen und wenn ich heute einen aus der Amateurzeit treffe gibt es keinen einzigen, der nicht schreit: Servas, Hallo! Jeder freut sich und ich auch, wenn ich aus der damaligen Zeit jemanden sehe.

Bei den Profis hingegen ist es anders: Man hat nie Kontakt unter Profis, nur ganz wenige, wo sich das ergibt, dass man auch nach der Karriere Kontakt hat. Wurscht, welcher Sport, es geht nur ums Geld und ums Konkurrenzdenken untereinander. Profit ist Profit, das muss man abhaken. Keine persönlichen Gefühle, wenn jemand verletzt ist. Jeder weiß, worauf er sich einlässt. Am Weg zum Erfolg gibt es Verletzte und Opfer, das passiert aber nicht absichtlich. Da kommt man nicht aus. Es ergibt sich, aber es tut mir danach nicht leid. Das ist seine Sache, wenn er sich nicht genügend vorbereitet hat oder unvorsichtig war.

Info: Mit Terry ist der NWA-Champion aus den 70ern und die in Amerika als Hardcore-Legende gefeierte Wrestler Terry Funk gemeint.Larry, the Axe, Hennig ist ein weiterer Veteran dieses Sports, dessen Sohn Curt, Mr. Perfect, Hennig seine Bekanntheit noch übertreffen konnte.„Baron von Raschke“ wies vor seiner Zeit als professioneller Wrestler eine respektable Karriere als Amateurringer auf und schien im olympischen Team 1964 auf. Obwohl seine Rolle als aus Deutschland kommend dargestellt wurde, ist er gebürtiger US-Amerikaner.

Zurück zu den Anfängen, wie fing Ihre Karriere an?

Mit 14 hab ich zum Boxen angefangen, bis 21 aktiv, Pause bis 25-26. Mit 25 Amateurringen für 1-2 Jahre. Danach Wechsel ins Profilager.

Wie rutscht man da rein? War Catchen in Österreich bekannt?

Wanz: Nein, überhaupt nicht. Bin 43 geboren, hab 57 zum Boxen angefangen und war im Julius-Raab Heim als Lehrling und habe in Graz Mechaniker gelernt. Dort war ein Boxklub, das hat mir getaugt, so hab ich angefangen. Unter anderem hat auch der Heeresklub Graz dort trainiert und da durfte ich mitmachen. Der Trainer meinte, ich hab Talent und mit 15 war ich schon in der Kampfmannschaft. Mit 16 bin ich als einziger Österreicher zum Senior erklärt worden, weil ich in den unteren Klassen keine Gegner mehr gehabt habe, alle weggenagelt. Mit 17 war ich in der Nationalmannschaft in der Schwergewichtsklasse.

Hatten Sie Vorbilder im Boxsport?

Wanz: Sicher gab es die, aber man hat nicht viel gewusst, es hat nicht viel gegeben außer Illustrierten. Ein Foto von Joe Lewis gegen Schmeling…Lokalmatadoren gab es keine. Kein Fernsehen, kein nichts. Johannson und Patterson oder Liston kamen nachher, aber Österreich hatte nichts. Einmal war ich in Kaiserslautern, da hat es schon einen Ausschluss wegen disziplinären Verfehlungen gegeben. Aber eine lustige Geschichte. Dort bin ich geblieben, wollte gegen Milbenberger antreten, der Europameister war. Habe mit ihm trainiert, aber hab wieder gehen müssen, weil ich mit 18 keine Aufenthaltsgenehmigung hatte. Danach war ich 2 Monate auf dem Rummel, auf der Messe gegen jedermann: Wer mag, wer kann? DA bin ich das erste Mal, nach meinem Gefühl, Millionär geworden, weil ich hatte damals, was unwahrscheinlich war, 250 – 400 DM am Tag verdient, was für mich unvorstellbar war, nachdem ich als Lehrling 95 Schilling hatte.

Das muss ich fragen: Welche Disziplinlosigkeiten?

Wanz: Ha! Das war ganz einfach: Wir haben einen Länderkampf Österreich-Deutschland geboxt und ich hatte am ersten Tag den mehrfachen deutschen Meister im Schwergewicht aus Hamburg und ein Wiener Boxer war dabei. Ein lustiger Kerl im Weltergewicht, der hatte den dreifachen Europameister aus Berlin. Wir wurden eingeladen zum Bankett von der Stadt aus und bekamen Orangensaft, Grapefruits und ein paar Sandwiches serviert. Die Funktionäre saßen alle daneben bei Sekt und Bier und feierten, haben unser Match besprochen. Da fragt mich der Franzl: „Geh Otto, glaubst, du gwinnst murgn?“ „I werd des kurz und schmerzlos hinter mich bringen weil ich werd eine aufglegt bekommen damit ichs hinter mir hab, i hab ka leiberl. Aber du bekommst fürchterlich Prügel, weil im Weltergewicht hauns dir 30mal aufn Schädl, mir nur ein mal.“ „Sicher?“ „Sicher!“ „Dann können wir ja auch Schampus aufmachen statt dem Scheiß Grapefruitsaft!“ „Gute Idee, Franzi, wenn dus besorgst, sauf ich mit.“

I hab glaubt, die Funktionäre fallen um! „Unerhört“ etc. Daraufhin habens uns zamgschissen und den großen Hermann gmacht und gsagt, dass wir gleich wissen sollen, nach dem Match sind wir ausgeschlossen. „Wenn ihr uns ausschließt, brauch ma uns ja morgen nicht verprügeln lassen. Mir tut die Hand weh, was tut denn dir weh?“ „Au, mir auch.“ „Uns könnens am Oasch lecken.“

Ausschluss fand nicht statt, aber eine empfindliche Strafe. Darauf boxten wir halt, bekamen 2 Tage Dresche und fuhren heim. Aufgrund unseres Benehmens und der katastrophalen Leistungen wurden wir daraufhin doch ausgeschlossen daheim. Als ich das hörte, bin ich sofort zurückgefahren zum Schulz nach Deutschland. Der war Silbermedaillengewinner im Mittelgewicht und der hat mich brauchen können, weil sie keinen Schwergewichtler hatten. Das Abenteuer dauerte 3-4 Monate, bis sie mich geschickt haben. Aber der Rummelplatz hat mir Lust gemacht, da dachte ich, wenn ich richtiger Boxer wäre, da müsst noch mehr zu verdienen sein. War aber schon besser als das Profigeschäft bezahlt, wo nur der Champion kassiert. Zu der Zeit wurde mir gesagt, ich soll heimfahren, weil ich keine Chance habe. Sie hatten in Deutschland alleine 12-14 Schwergewichte. „Italien is voll, England is voll und du kommst aus Ö ohne Background oder Stall, du kommst nicht weiter! Du bist nicht in der Position zum etablieren! Wir setzen unsere Deutschen ein, was sollen wir mit dir? Du brauchst einen Aufbau, fahr lieber heim!“

Für mich war das ein Loch, ich hab Österreich verflucht, aber danach war ich froh, denn das Schwergewicht ist zu gefährlich. Wir haben alles mit 8 Unzen gekämpft, zum Teil 6 Unzen, was stärkere Winterfäustlinge waren. Regeln waren unterentwickelt. Egal wie oft jemand niederging, der muss liegenbleiben und Cuts waren egal. Einmal drüberwischen und geht schon. Eine andere Zeit, aber davon kam ich weg, ging heim, hab mit 19 geheiratet, mit 20 hatte ich meinen Sohn, bin in die Gastro eingestiegen mit einem Cafe in Voitsberg, was nur ein Jahr gut ging. Danach das Cafe Glacis, 1963, das ging ganz gut und 1969 ist ein Ringerturnier, damals Catch as catch can, aus Griechenland nach Graz gekommen.

Sie standen früh auf eigenen Beinen..

Wanz: Das habe ich gleichzeitig angefangen mit dem Catchen. Sofort wollte ich Graz übernehmen und was anfangen. Ich hab damals gesagt, dass ich selber was mache und alle wollten Sicherheiten, typische bürokratische Hürden. Niemand wusste vorher was von Ringen, nicht aus dem Fernsehen, nicht aus dem Radio. Außergewöhnlich war es, neu. Als dann täglich im Fernsehen Wrestling war, hat das natürlich schon wehgetan. Wir haben uns sehr lange und sehr gut gehalten bis Ende der 90er. Da war es dann schon schwer. Wir hatten ein sehr hohes Niveau. Außer Hogan hatten wir alles da, was am Programm war. Alle waren in Graz, Wien oder Bremen. Andre, Slaughter, die ganzen Namen die damals drüben toptoptop waren. Finlay, Vader… der konnte net mal richtig in den Ring gehen. Der war natürlich ein Kraftprotz, unwahrscheinliches Potential, aber er hat damit nichts anfangen können! Der Mann war eine lebende Bombe, ständig. Er ist schwierig zum engagieren, weil er der Meinung war, für ihn gibt’s keine Regeln. Zuerst hat er das Hotel zerschlagen, dann privat die Leute gschlagen, bei mir die Presseleute abgfotzt weil ihm irgendwas net passt hat.

Kriegt man da überhaupt noch eine Versicherung?

Mich hat er genug Nerven gekostet. Heut möchte ich nicht einmal hören, dass er in Österreich ist, weil er nur ein Problemkind ist. Hochgradig überzüchtet, der hat sich eine gschmissen bis zum Geht-nicht-mehr. Der war zum Explodieren jeden Tag. Der war net einfach.

Also glaubhaft als starker Bösewicht sozusagen.

Glaubhaft als Irrer! Unkontrollierbarer gefährlicher Irrer. Der war einzustufen als Irrer, der hat alles hingmacht, auch in Japan hatte er die besten Gagen und hat sich alles hingmacht weil er eine alte Frau, eine Zuschauerin, mit der Krücke krankenhausreif geschlagen hat. Umghaut beim Rausgehen, weil sie auf ihn spuckte oder sowas. Wirbelbruch und fast ein Krüppel nach dem Besuch von Vader. Sofort hat er gehen müssen, sonst wäre er im Häfn glandet. Ein Problemkind.

Wie war das Publikum in Japan?

Wanz: Von 1970 bis 1980 war ich 8-10 mal drüben auf Tour. Ich habe mich gfragt: Was sind das für Menschen? Von ausverkauft war keine Rede. Applaus war sparsam. Vielleicht nach dem Kampf klatscht jeder dreimal und wieder Totenstille. Nie hat wer gschrien „Kill him“ oder irgendwas. Als ich das erste Mal durch die Stadt gegangen bin, dacht ich mir nur: „Was is das für eine Stadt, die ganzen Kimonos und die ganzen Gesichter….komplett anderer Planet.“ Auch die Art im Hotel, alles nur mit dem Schädl am Boden und Hey…Domodomo. 8 Jahre später rennens genauso rum in Jeans und ohne BH und schreien „F*ck you“ wie alle anderen. Komplett wie ausgewechselt.

Wie stellt man sich bei so einem Publikum auf Matches ein?

Absoluter Blindflug, weil sie sowieso nur den Sieger akzeptieren. Keine Emotionen, am Schluss eher. Der Sieger wird vergöttert, das wurde dann alles aus Amerika übernommen.

Und der nächste Schritt?

Das erste Mal kam ich 1982 nach Amerika. 1984 war die Battle Royal Tour. 81 hab ich mit Bockwinkel in Bremen ein Match gehabt. Da kannte ich nur ein paar über Telefonkontakte, aber das waren noch keine richtigen Geschäftskontakte. Dann hab ich drüben auf einer Kanadatour den Jonathan kennengelernt. 2,04 Riese, staubtrocken, ein Athlet, so wie die Klitschkos heute. Der war Sheriff drüben, wenig gewusst von Geschäften. Den hab ich in Südafrika kennengelernt, als ich das erste Mal dort war. Da ist er gekommen für ein Match mit Jan Wilkins, dem Südafrikanischen Champion. Auch ein 2 Meter stocksteifer Prügel, ein Totenkopf ohne jede Ausstrahlung. Nur des typische Burengsicht und unmöglich. Bin gekommen als Aufwärmpartner und da hats gekracht zwischen uns. Die haben mir das so unterschwellig mitgeteilt, dass ich nur ein Durchlaufposten bin. Gute Gage, aber trotzdem war er unbezwingbar. Dann hab ich ihn aufgstrichen und geschultert, da war der Teufel los, weil nicht in ihrem Sinn. Vertrag war, dass der Jonathan mit ihm um den Titel kämpft, jetzt war aber kein Titel mehr da. Jetzt habens mich halt mit allen möglichen Geschichten probiert, unten zu halten und ich hab gsagt, unter gewissen finanziellen Voraussetzungen  mach ich das und das und falls ich verlier, steigt ein Rückmatch in Österreich! So fängt sich der Kreisel zum Drehen an.

Hab mich gewehrt solang es geht, dachte mir dann: Scheiß egal, sind nach Europa gekommen, haben ihn in Graz gehabt, dort hab ich ihn besiegt und 1975 is das Ganze weitergelaufen und ich hatte den ersten großen Titel. Das ist über Kanada gelaufen und dann hatte ich in Amerika die erste größere Tour. Hab den Vincent McMahon kennengelernt, den Alten, und der war sehr aufgeschlossen. Dass er schon viel gehört hat  von mir und was ich in Europa mache. Netter, alter, aufrichtiger Mann und sagte immer zu mir: „Merk dir, wenn was is, da braucht dich niemand abwimmeln, ich weiß, wer du bist, komm zu mir. Ich sag dir: wenn du wen brauchst…“ Super Mann. Leider gestorben in der Zeit Anfang der Achtziger…. Es hat sich ergeben, über  verschiedene Kontakte, dass der Bockwinkel nach Bremen kommt. Mein Veranstalter, der Senenkowitsch, hat alle kennengelernt und gesagt, er hat den großen Champion bei der Hand, Otto Wanz und der würde gern gegen dich antreten. Stadthalle ausverkauft und eine Stunde ohne Pause ein Unentschieden gerungen. Pf, das möchte ich heut nimma erleben. Erstes Match zwischen uns und das erste Mal für mich über eine Stunde. Vorher hat noch keiner so lang durchgehalten. Bockwinkel 120-130 Kilo und ich 160-165 aber immer eine Bomben-Kondition auf meiner Seite.

Heumarkt…

Der Heumarkt war total am Boden wegen Blemenschütz, weil der nicht kapierte, dass auch er mal aufhören muss. An die 70 war er und das Publikum hat nur mehr geschrien: „Die Mumie kommt!“ Er hatte nur mehr seine 2-3 Hausringer, aber es war ihm wurscht. Er war finanziell recht vorn und nachdem ich das Angebot bekommen hab zu übernehmen kam er zu mir und meinte, wir sollens zusammen machen, die finden niemand andren außer mir.

„Herr Blemenschütz, huach zua, du hast mi früher net mitn Oasch angschaut und jetzt brauch i dich net, ich mach das allein.“

Ich war 2mal bei ihm draußen, hab jedesmal einen Haufen gelernt, wie alles geht, aber er hat mich jedes Mal sterben lassen, ohne Kerzen, ohne Licht. Purer Neid. Sobald die ersten Leute geklatscht haben, hatte der Catcher gleich 3 Tage frei. Lustige Geschichte aber daraus lernt man.

I hab gsagt: „Wie ists mit meiner Gage, jetzt bin i schon einen Monat da, sie haben gsagt wir reden drüber.“

„Wos wüst? Hast eh des Geld kriegt!“

„Damit komm i aber net zurecht, hab ja Kosten a.“

„Wochenende red ma drüber.“

„Geb dir ne super Chance: Am Dienstag, dem Damentag trittst auf, hast volles Haus, dann schau ma, wiest ankommst.“

Dienstag Damentag, wunderschönes Wetter. Brechend voller Heumarkt. 4000-4500 Menschen. I bin auf Reservekampf gesetzt gwesen, da hab ich scho gmerkt, da is was im Busch. Um 10 am Abend war Schluss, aus, egal, wann der Kampf gewesen wär. Da war das Magistrat streng. Bis 9.45 mussten die Matches aus sein, weil dann war der Heumarkt dicht. Das war halt die Regel. Jedenfalls nach dem letzten Match schreit er: „Wanz in den Ring! Einsatz! Schnell schnell!“ Ich sag: „Ist ja aus!“ Geh aber runter und bis ich unten war, hab ich mich gegen alle Leute durchgekämpft, die nach Hause gehen. Bis ich beim Ring war, haben mich alle gfragt, was ich dort will. „Reiss ab, wir räumen zam.“ Dann komm ich rauf und er ruft mich: „Tut mir weh, aber hast das jetzt mitbekommen? Was da los war?“

„Weiß net, was sie meinen!“

„Wenn du auftrittst, gehen die Leute heim, hast nicht gesehn?“

Ach so geht das! So läuft das! Danach wurde die Gage bemessen.

„Sei froh, dasst überhaupt was kriegst.“

„Wissens was? Leckens mich am Oasch bis in die Steinzeit. Wenn sie da allein san, hack ich sie um, sie dummes Hendl.“

„Was glaubst, ich hol gleich die Ringer!“

Dann ruft er mich an, dass ich kommen soll. Ich wollt nur kommen zum Geldabholen und hab gsagt: „Hörens zu, wir haben gsagt einen Tausender bekomme ich. Gebens mir was ich will.“

„Na, nur 700.“

„Wissens wos? Ghaltens ihnen des auch, stopfens ihnen den Oasch aus damit. Ich geh.“

Seine Frau: „Der braucht uns nix schenken, gib ihm sofort sei Göd.“

Punkt um, hab meinen Tausender bekommen und das war mein Abschied vom Blemenschütz. Dann hat er sich wieder gmeldet, weil ers mit mir gemeinsam organisieren wollt, aber da hab ich eam nimma braucht. Das war das halt.

Heumarkt ging dann von meinem ersten Jahr weg super.

Was gibt es zum Telefonbuch-Zerreißen zu sagen? War die Bekanntheit als Catcher oder als Kraftlackel zuerst da?

Telefonbuch-Zerreißen fing erst 1982 an. Das war natürlich der größte Hammer überhaupt. Die größte Überraschung, das ging, unwahrscheinlich.

Nervt das nicht?

Geht einem tierisch am Hammer aber Gott sei Dank war ich so gscheit zu sehn, dass ich die ganzen Vorteile und das Geld auch über des bekommen hab. Ich hab mich scho nirgendwo mehr reingetraut, weil überall habens mir gleich a Telefonbuch in die Hand gedrückt, egal wo. Hotel, Restaurant: „Bitte bitte für unsere Leut, nur ein Buch!“

„Sagens zu einem Sänger der reinkommt auch: Bitte nur ein Lied?“

„Bitte bitte!“

Kann man net nein sagen. Da bin ich auch nicht der Typ, der das Publikum zurückweist. Wenn ich sie brauch, sans a do. Muss ich in Kauf nehmen, gehört dazu, aber das kann einem fürchterlich am Geist gehen. Gewisse Vorteile die kommen über Job und Image die außen klasse und lustig sind aber die Person selber kann es zur Weißglut treiben. Beim Essen gehen wars nicht möglich zu sagen, bitte nur ein kleines Schnitzerl. Das war immer ein Lacher in der Küche und da kommt gleich eine Hochzeitsplatte daher mit 6 Schnitzeln. Da will man sagen, i kann net, i haus eana am Schädel, i wü net!

„Der Otto kommt!“ etc…i schick nen Buam zum Wurstsemmel holen weil ich kann net reingehn. Die stellen mir was hin, was ich nie fressen könnt, so viel. Wennst zurückschickst, sinds dann nur mehr beleidigt und sagen weiß ich was. Der Einzige, der mich versteht, is der Schwarzenegger. Als der gsagt hab, er mag den Apfelstrudel von der Mami so, hat er überall einen Meter Strudel gsehn. Er hat gsagt, wenn er no einen Apfelstrudel sieht, dann speibt er sich an. Aber sowas darfst net sagen in der Position.

Das gleiche Leben mit Kraftlackeln. In der Jugend hab ich die Westernromane glesen und wenn der Marshall reinkommt, will sich einer mit ihm messen, obwohl der Marshall niemand was tut und kerzengrade geht.

„Was glaubst, werst bist?“ Etc. immer die gleichen Abläufe. Hab ja einiges hinter mir, auch Strafsachen, weil sowas net ausbleibt aber ich hab gsagt, wenn ich wo hingeh, komm ich rein, will was trinken, setz mich und die ersten kommen: „Der Wanz! Der Wanz!“ Auf einmal kommt der Dorfhirsch und die Leut sagen: „Heut hoitst die Goschen, wenn der Wanz da is!“ Natürlich is der beleidigt, plötzlich steht so ein Pfosten neben mir und sagt: „Nur dasst waßt, vor dir hab i ka Angst.“

„Ka Grund dazu, wos wüst vo mir?“

„Bled reden brauchst net!“

„Hau ab, reiss ab, lass mi auglahnt!“

„Wüst deppert werden? Ha?“

Und geht scho los, weil er muss imponieren, sonst steht er vor seiner Freundin bled do. Er kann net ausse, ich kann net ausse, also was soll man machen? Soll ich aufstehen und mi entschuldigen, dass i do bin, damit der Wickel ausbleibt? Habs auch dem Richter immer wieder erklärt:

„Warum haben Sie immer an Wickel?“

„An Andern wird a nix gsogt! Der muss zeigen, dass er stärker is. Glaubens i wü immer raufen wenn i wo hingeh? I wü mei Ruah hobn, wenn i wo hingeh. Hab no nie an ghört ausm Kampfsport, der nachher raufen geht, der will a Ruh haben!“

So ist das immer gwesen und hat sich bis heute nicht geändert. Heut steh ich drüber, hab meine Ruh, bin nicht mehr der Anstoß, dass jeder sich beweisen will, aber damals…

Damals sicher eine gewisse Häufigkeit, aber ich nehm an, es waren nicht oft mehr als 2 Hiebe nötig?

Wanz: Kaum 2mal hinghaut. Sobald der aushaut….das muss der ja kapieren, kann einem Pfarrer ja net das Beten lernen. Was will der mir zeigen, der rauft 2 mal im Jahr. Is eh schon so weit dass er si anscheißt, weil er so weit gangen is. Was soll mich da schrecken? Ist ja eine Lachnummer, andererseits, wenn ich da net drüberstehn würde, wer bin ich denn dann? Ist ja lächerlich, dass ich mich mit so einem Dummkopf einlasse, aber des lasst si halt net vermeiden. Schöne drumm watschen, damit er gut einschlaft und dann is eh oft a Ruh. Dann Klage, dann Richter und schon wieder…

Ist Blut eine Notwendigkeit für einen großen Kampf? Bei Ihnen seh ich relativ wenig Furchen verglichen mit zb. Dusty Rhodes.

Wanz: Hab ich net notwendig. Die ganze Bluterei is verhältnismäßig. Viel passiert aufgrund von Fingernägeln, Kopfstößen und Kopfwunden bluten bei der Herztätigkeit schon beim kleinsten Ritzer wie nur was. Wenn der sagt, ich steh drauf und presst dann noch bissl, dann rinnt schon die Suppn. Ich wü des net, brauch des net, keine Wunden, keine hinnigen Finger oder Gelenke…Wenn ich was kann, kann ich auch ohne des arbeiten. Es passiert so schon genug…wir sind mit den Schädln angrennt, dasst glaubt hast, des Hirn rinnt dir raus. Ich hab nen Sessel auf den Kopf kriegt, von oben runter, flache Seite auf den Kopf, Sperrholz. Das Holz is durchbrochen, ich hab den Sessel getragen wie ne Krone. Der nächste hat ihn runtergrissen. Sie können si vorstellen, i hab glaubt, i werd skalpiert. Soviel Blut hab ich noch nie gsehen, hab glaubt, i bin tot. I hab nur gwusst: „Jetz is was, alles rinnt, hat der ne Schlagader troffen?“ Was aber war, weiß ich net. Ab ins Spital. Rettung war gleich da, in Dortmund ins Spital, Ärzte rennen und der Sanitäter sagt zum Doktor: „Wie schwer is der Herr Wanz verletzt? Glaubens, i kann no a Autogramm haben vo eam? Bevor er stirbt?“

I hab des nimma ausghalten, des is ma a passiert.

Verfolgen Sie die heutige Entwicklung des Catchens/Wrestling noch?

Verfolge des heutige Geschehen wenig. Hab meine Kontakte. Wenn was Großes passiert, Selbstmorde, große Schlägereien, Interna, dann rufens mich an. Heute ist das eine ganz andere Szene. Niemand mehr da, mit dem ich zu tun hatte. Viele sind Manager, haben Riesenjobs als Agents mit Riesen Trainingszentrum, die sich saniert haben, aber das Traurige ist, was mich trotzdem nachdenklich macht, von 10 sind 9 tot aus meiner Kategorie. Alle tot. Angefangen bei Studd, King Kong, Yokozuna, Dino Bravo, alle, die ganzen Schweren, Andre, alle sind tot, weg. Curt Hennig. Viele, die durch Tabletten groß wurden hat das auch hin gemacht. Die haben das gebraucht, weil jeder noch größer, noch mächtiger sein wollte. Alle mit Normalgewicht von 100-110 Kilo haben sich auf 150 hochgeblasen mit allen Präparaten bis er sich nimmer rühren konnte. Die Arbeit hat gelitten, weil die Muskel nur zum Herzeigen schön sind. Selber kann er sich nicht mehr rühren. Alles ist dadurch langsamer geworden, weil der Muskel bewegt werden muss. Das war damals dann wichtig, weil sie eh nix mehr gmacht haben, als lauter Klamotten zum Ring zu tragen und 2 Minuten Matches. Dann änderte sich alles. Heute sind alle für mich Top-hochklassige Sportler, Artisten. Weil die Fliegerei, Springerei hat mit Ringen nichts mehr zu tun. Die könnten jederzeit bei Olympia auftreten, unwahrscheinlich. Auch die Aktionen, die gesetzt werden, sind verhältnismäßig, wenn da was danebengeht, zu 90 % tödlich. Wenn ich jetzt sage, einen Schlag mach ich und hau mit nem Hammer einen Zentimeter am Kiefer vorbei…Wenn ich nen Zucker mach ist der Hammer voll drin. Jetzt liegts an mir, dass ich die Kontrolle hab und an Ihnen, dass sie die Nerven behalten. Darum ist alles dermaßen…springt der von der Leiter, haut sich übers dritte Seil auf den Tisch…wenn der aufkantet, dann bist a Krüppel fürs Leben!

Das sind alles Dinge wo i sag, brauch i des? Geht’s ohne nicht mehr? War bei uns nicht notwendig. Große, harte Matches waren absolut solide. Was in Deutschland war, bei Gustl Kaiser, da is zu 70% nur purer Ringkampf betrieben worden.

„Zeigen Sie was Sie können, zeigen Sie Ihr Ringen, machen Sie ihn platt und Sie sind Nummer 1!“

Das hat er dem Andren auch gesagt.

Natürlich war das weniger spektakulär und andere Kämpfe, aber es wurde weniger riskiert! Aber so wie heute…Wenn ich ein gutes Match haben will, muss ich auch die Möglichkeit geben, ein gutes Match zu zeigen. Sie müssen den Gegner soweit unter Kontrolle haben oder vertrauen, dass …wenn ich die Situation ausnützen würde, tät mir der beim nächsten Match alles ausreißen was geht!

Publikum übersättigt?

Wir haben schon vor Jahren gesagt, der Plafond is erreicht. Aber es kommt no was Deppertes, no was Blederes daher. Irgendwann werdens mit Pistolen schießen, es is wurscht! Das Publikum…was wollen sie denn? Sie lachen, wenn er 11 Sekunden rennt die 100 Meter. Wenn der Pulver frisst, damit er unter 10 rennt, rufens: „Sperrts ihn ein, den Verbrecher!“ Sie warten aber auf den, der unter 10 läuft. Wo soll das hinführen?

Das Publikum ist das undankbarste überhaupt. Egal wo, das Publikum akzeptiert nur Top! Wen interessiert der Zweite? Nicht immer, aber im Großen und Ganzen zählt nur die Nummer 1. Wie, ist auch wurscht, solang net bewiesen wird, dass es net korrekt war. Ich hab mir grad was durchglesen über Sportdoping damals in der DDR. Da haben wir noch keine Ahnung ghabt, da war es ein Verbrechen, was die mit den Schwimmerinnen gemacht haben. Mit 12-14 Jahren habens die übernommen, aufgebaut und plötzlich hat die mit 15 Jahr an Bart ghabt und a Stimm wie a Reibeisen, aber das war nicht das schlimmste. Der Arzt hat weiter gsagt, er hat Sportlerinnen untersucht, die hatten eine Klitoris von 10 cm! Das hat bei uns ja auch keiner gewusst, wie die innerlich gelitten haben. Oder warum die keinen Haberer hat. Die traut sich ja nie wieder ausziehen, sie is ja verunstaltet fürs Leben! Alles in Kauf genommen, nur damit der Ostblock als Supersportnation dasteht. Wie kann Ostdeutschland bei Olympischen Sommerspielen an dritter Stelle der Medaillenwertung sein, das so klein ist wie ein amerikanischer Bundesstaat?

Alles politisch gefestigt gewesen, die hätten damals keine Chance gehabt, dagegen anzukämpfen. Die Alternative war, 10-12 Stunden zu hackln und 47 Euro zu bekommen. Das ist dann ein Zwang.

Ich verurteile das heute. Man kann ja nicht dagegen ankämpfen weil wir einfach so sind, dass wir nur die Nummer 1 wollen. Anerkennung! Es fängt damit an, wie soll ich Leistung ohne diese Mittel bringen? Geht nicht, Zenit ist erschöpft, also muss ich ein Mittel finden, damit ich raussteche. Das ist eben auf normalem Weg nicht mehr zu machen. Es ist schwer das zu erklären: Wenn ich heute Topsportler bin und sage, ich verdiene mit einem Sieg Millionen und kann mein ganzes Leben mit nur einem Sieg gestalten, dann würd ich sagen, ich verstehe, dass er riskiert, seinen Körper zu veranstalten, Herzschäden zu haben. Wenn er nix tut und schwer arbeitet hat er auch einen Herzschaden oder Körperschäden als Maurer und ist Krüppel mit 55, 60. Warum soll der, der sich mit einem Schlage das Leben ändern kann, nicht die Chance ergreifen, das ist seine Entscheidung. Aber dass man nichts dagegen machen, dass 100 000e Leute, die nur im Studio trainieren, sich das Leben mit hinnigen Tabletten und billigen Medikamentenscheiß ruinieren, die sie über den Osten einkaufen und dumme Burschen bekommen das eingeredet damit sie im Studio vor 30 Leuten glänzen können und Nieren- Leberschaden für Null bekommen….Wenn er 5 Millionen verdienen kann und es riskiert, hat ers halt gmacht, seine Sache, aber für Null, nur Ego? Einem jungen, dummen Menschen das einreden, das sind die Verbrecher. Der hat ja nichts davon! Bringt ihm ja nix, ob er im Studio die Nummer 1 is, interessiert ja keinen!

Kein Gedanke, wie viele Weggefährten ein Buch zu schreiben?

Ich schreib kein Buch. Werde das weder gut noch schlecht heißen. Ich geb keinen Bericht hab. Wenn sie des schreiben, ist ihre freie Entscheidung. Ich mach deswegen kein Buch, weil ich sag, mir drehts scho den Magen um wenn ich les, wer alles seinen Scheiß über sein Leben schreibt, weil des alles net interessant ist für mich. Jeder kann machen was er will. Ich würd in meinem Leben nie ein Buch schreiben, weil ich nie den Leuten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, ins Nest scheißen würde. Ich könnte dermaßen viel Scheiße erzählen, wo sie alle biegen, lachen und Hurra schreien wenn ich wollte und wenn ich das nicht erzähle, ist es jeder Schaß wie alle Bücher, die geschrieben werden. Verstehen sie mich?

Foto: presse.com

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Bluesanne

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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