Wie großartig ist die Freiheit, die eigene Meinung sagen zu dürfen! Die Meinungsfreiheit ist der Sauerstoff, den die zwischenmenschliche Kommunikation so dringend zum Atmen braucht. Was wäre die Gesellschaft ohne die Meinungsfreiheit? Eine Gesellschaft, in der sich scheinbar alle einig sind. In der eine künstliche Harmonie herrscht. Bei diesem Gedanken habe ich das Bild einer schönen Obstschale vor Augen. Sie ist so lange schön, bis ich sie näher betrachte und feststelle, dass das Obst aus Plastik ist. Bis auf die dekorative Funktion ist sie völlig wertlos.
Sind wir uns bewusst, welch große Bedeutung die Meinungsfreiheit hat? Oder anders gefragt: Können wir es uns leisten, die Meinungsfreiheit als selbstverständlich zu erachten?
Soeben hat der Bundestag das Netzdurchsetzungsgesetz beschlossen, obwohl 7 von 10 Sachverständigen im Bundestagsausschuss dem NetzDG Verfassungswidrigkeit bescheinigt hatten. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte festgestellt, dass der Entwurf gegen das Grundgesetz und das Europarecht verstößt.
Nach der Auffassung des Justizministers gefährde das NetzDG die Meinungsfreiheit nicht, da es lediglich darum ginge, strafbare Inhalte zu löschen wie Beleidigungen oder Volksverhetzung. Die Gesetzesgrundlage dafür haben wir schon längst, dafür brauchen wir kein NetzDG. Was aber bewirkt das NetzDG? Die kurzen Fristen und die unverhältnismäßig hohen Strafandrohungen (bis zu 50 Millionen Euro) werden dazu führen, dass in betrieblichen juristischen Schulungen geschulte Netzwerkmitarbeiter sämtliche Inhalte löschen, die rechtswidrig sind, aber auch solche, die grenzwertig sind. Wer entscheidet dann darüber, was rechtswidrig ist und was ich noch sagen darf? Vorgesehen ist, dass die Netzwerke ihre Mitarbeiter juristisch schulen. Wozu aber studiere ich dann schon seit 4 Jahren Jura, um eines Tages juristische Urteile fällen zu können? Es ist gut und wichtig, dass tatsächlich beleidigende und gewaltverherrlichende Inhalte gelöscht werden. Das steht außer Frage, denn wenn ich offensichtlich beabsichtige, die Ehre eines Menschen anzugreifen oder zu Gewalt aufzurufen, dann ist das nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Die großen Kollateralschäden, die durch das NetzDG entstehen werden, die die Meinungsfreiheit einschränken und einer Zensur gleichkommen, sind damit niemals zu rechtfertigen! Schon jetzt beobachte ich auf Facebook, dass beispielsweise Profile von islamkritischen Publizisten, die Facebook als Plattform nutzen, ständig als Folge sachlicher Meinungsäußerungen gesperrt werden. Beispiele sind der deutsch-libanesische TV Produzent Imad Karim, der Mitgründer der liberalen Moschee in Berlin Abdel-Hakim Ourghi oder Blogger Markus Hibbeler. Zu befürchten ist, dass das NetzDG zu sehr viel mehr unbegründeten Löschungen und Sperrungen führen wird. Der deutsche Justizminister nimmt eine Einschränkung der Meinungsfreiheit in Kauf und das ist unerträglich. Vor dem Bundesverfassungsgericht wird dieses Gesetz keinen Bestand haben. Dass so ein Gesetzesentwurf es aber überhaupt so weit geschafft hat hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.
Wie großartig ist es, in Deutschland zu leben! Wir dürfen sagen und schreiben und posten, was wir denken. Diese Freiheit ist nicht selbstverständlich und es gibt keine Garantie, dass sie auch so in 20 Jahren noch gewährt wird. Die Meinungsfreiheit gilt es daher um jeden Preis zu verteidigen!
Näheres zur Kritik am NetzDG beispielsweise hier:
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/wissenschaftlicher-dienst-netzdg-maas-gutachten-rechtswidrig/