Vor allem, wenn die alleinerziehende Mutter Hartz IV-Empfängerin ist...

Zugegeben, eigentlich müßte ich mich freuen, wenn das - durch die Tränen seiner Mutter traumatisierte - Trennungskind Sigmar Gabriel und seine liebste Mutter und Ministerin Manuela Schwesig ihre populistischen Parolen wahr machen würden, und schlechten Unterhaltszahlern an den Führerschein gingen, damit der Unterhalt endlich in Strömen flösse. Als alleinerziehender Vater ohne Unterhaltseingang könnte man von mir erwarten, dass ich mich freue, wenn endlich mal gegen die Unterhaltsdrückeberger vorgegangen wird.

Allerdings fand ich es nie wirklich reizvoll eine Welle zu machen oder gar vor Gericht zu gehen, weil ich kein Geld für meine Erziehungsleistung bekomme. Komischerweise waren es meistens Mütter, die mir deswegen im Internet an den Kopf warfen, ich würde damit das Geld meiner Kinder veruntreuen. Geht es eigentlich noch? Vermutlich sind das die Frauen, die nach der Trennung zwar durch eine neue Partnerschaft oder eigene Karriere ein wesentlich höheres Familieneinkommen haben, aber mit dem "Recht der Kinder" argumentieren, wenn sie aus Prinzip darauf bestehen, dass der arme Tropf von Ex mit seinem Niedriglohnjob trotzdem den Unterhalt bezahlt.

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Da ist mir ein einigermaßen gedeihliches Miteinander mit der Mutter schon im Interesse meiner Kinder wichtiger.

Denn ich gehöre leider zu der großen Gruppe von unterhaltslosen Alleinerziehenden, deren Ex-Partner einfach nicht zahlen KÖNNEN. Egal, ob Herr Gabriel ihnen den Führerschein wegnimmt, oder nicht.

Wenn jemand heutzutage willentlich den Kindesunterhalt unterschlägt, obwohl er zahlen könnte, ist das eine Straftat für die man im Extremfall schon mal ins Gefängnis gehen kann.

Das gern unterstellte - aber für einen Angestellten gar nicht so einfache - "Gehaltschönrechnen" wird auch künftig keinen Unterhaltspflichtigen um den Führerschein bringen.

Überhaupt wäre es schön, wenn sich die SPD MinisterInnen, die öffensichtlich versuchen die Populismusbattle mit der AfD zu gewinnen, einfach mal mit der Frage beschäftigen würden, WARUM Väter denn so zahlungsunwillig sind. Klar wird es sicherlich auch einen Anteil geben, die einfach Arschlöcher sind und sich nach Jahren der Ehe mit einer fürsorglichen und respektvollen Frau, einfach ein neues jüngeres Betthäschen gesucht haben und die kostspieligen Relikte einer langweilig gewordenen Vergangenheit vor den Türen ihres Familienpalastes im Grünen entsorgt haben, und sich jetzt einfach aus Prinzip weigern, Unterhalt zu zahlen.

Aber fragen sie mal in ihrer Umgebung herum, wie viele solcher Fälle sie da finden. Anders als Gabriel und Schwesig uns glauben machen wollen, ist das eher eine Minderheit.

Ausgerechnet einige SPD-Ministerinnen haben in der Vergangenheit bereits aufschlussfreiche Studien in Auftrag gegeben, die auch dieses Thema beleuchten. Unter Hertha Deubler-Gmelin (SPD) entstand z.B. die sogenannte "Proksch-Studie" - nach deren Leiter Prof. Dr. jur. Roland Proksch benannt. Diese beschäftigte sich zwar eigentlich mit dem neuen Kindschaftsrecht, welches seit 1998 verheirateten Vätern - gegen wilden Protest der Alleinerziehendenverbände - nach der Scheidung automatisch das gemeinsame Sorgerecht (GeS) mit der Mutter zugesprochen hat.

Professor Dr. Proksch kam in dieser Studie neben vielen positiven Nebeneffekten GeS auch zu der interessanten Erkenntnis, dass die Zahlungsmoral von Vätern wesentlich besser ist, wenn die Väter via gemeinsamen Sorgerechtes am Leben der Kinder involviert bleiben, anstatt sie dank alleinigen Sorgerechtes der Mutter zu entsorgen: "So erklären 76,6% der Mütter mit geS, aber lediglich 58,1% der Mütter mit aeS, dass „Kindesunterhalt gegenwärtig regelmäßig bezahlt werde."

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine Studie welche Familienministierin Renate Schmidt (SPD) 2002 veröffentlichte:

Hier fällt besonders deutlich auf, dass Zahlungsbereitschaft besonders stark mit steigendem Umgang steigt:

http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/PRM-24073-SR-Band-228

Während Väter, die häufigen Umgang haben, zu 85% in voller Höhe den Unterhalt zahlen, sind es unter Väter die nie ihre Kinder sehen nur 40%.

Wenn Väter also Anteil am Leben ihrer Kinder haben, zahlen sie bereitwilliger.

Eigentlich klar: Man sieht die Notwendigkeit der Unterhaltszahlung halt eher ein, wenn man regelmäßig erlebt, wie sich das Geld bei den Kindern auswirkt, weil sie nicht zu sozialen Aussenseitern werden, die keinen Anteil an Kultur oder Sportvereinen leisten können, und in der Schule gehänselt werdenl, weil sie nur mit Klamotten von Kik rumlaufen müssen. Wenn man allerdings zu seinen Kindern keine Bindung hat oder haben darf, fällt es schwer einen biologischen Imperativ abzuleiten, nach dem man sich über das Wohlergeben der Kinder Gedanken machen müsste. Vor allem wenn dieser Kontaktverlust unfreiwillig geschieht.

Insofern wäre es effektiver für die Unterhaltszahlungsmotivation der Väter, wenn die MinisterInnen Gabriel und Schwesig lieber über neue Strafen für umgangsverweigernde Betreungselternteile nachdenken würden, und ihren Gehirnschmalz lieber in die Frage investieren würden, wie sie Väter auch nach der Trennung am Leben der Kinder teilhaben lassen könnten. Immerhin waren es auch SPD-Vertreter, welche im Europarat die Einstimmige Resolution 2079 über die Gleichberechtigung von Eltern via Doppelresidenz entschieden haben.

Was in der Stude von Frau Schmidt ebenfalls auffällt, ist dass sich ähnlich stark wie das Sorgerecht die Frage der Arbeitswilligkeit der Mutter auf die väterliche Zahlungsmoral auswirkt.

http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/PRM-24073-SR-Band-228

Immerhin 83% der unterhaltspflichtigen Eltern, deren Ex-PartnerIn selber ihren Lebensunterhalt verdienen geben an, dass sie noch nie in Zahlungsverzug gekommen sind. Bei nicht erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten sagen das gerade mal 57%. Wärend bei ersten nur 9% sagen, dass es häufiger mal zum Zahlungsverzug kam, sind es fast viermal soviele unter denjenigen, deren Ex-Partnerin fremdfinanziert über die Runden kommt.

Gerade die Einführung von Hartz IV gibt dieser Zahl eine besondere Brisanz.

Was passiert wenn die Mutter von Hartz IV lebt

Man mag im ersten Moment denken, gerade jene 600.000 von Hartz IV lebenden Alleinerziehenden wären besonders hart von der Unterhaltsverweigerung ihres Ex-Partners betroffen.

Wieso das jedoch nicht so ist, wird deutlich, wenn man sich diesen Eintrag aus einem HartzIV Forum ansieht:

https://www.spin.de/forum/2533/-/4a2

Hartz IV ist leider nur dazu da, das Existenzminimum zu sichern. Deshalb werden fast alle Einkünfte des Kindes (i.d.R. Kindergeld und Unterhalt) auf den Hartz IV-Satz angerechnet. Sollte das Kind mehr "Einkommen" (sprich Unterhalt + Kindergeld) bekommen, als ihm an HartzIV zusteht, wird das Kindergeld als Einkommensüberhang sogar noch auf den HartzIV-Satz der Mutter angerechnet. Was heißt das im Klartext? Wenn der Vater nicht soviel Unterhalt zahlt, dass der Unterhalt deutlich über dem Hartz IV-Anspruch des Kindes und seinem Kindergeld liegt, kommt kaum etwas davon von diesem Unterhalt bei den Kindern an. Je nach Mietkosten der Einelternfamilie liegt diese Grenze irgendwo bei 600 euro pro Kind und dafür musste der Vater Netto zwischen 3500 (bei einem volljährigen Kind) und 5.000€ (bei einem 6-11 Jährigen Kind) verdienen, damit sein Unterhalt wirklich einen Unterschied in der Lebensqualität seiner Kinder erzeugt.

Das wollen sie nicht glauben?

Probierens sie es einfach aus: Geben beim Hartz IV-Rechner der Süddeutsche Zeitung folgenden Fall ein:

Alleinerziehende Mutter, 1 Kind 7-13 Jahre alt, Miete 450€, 60€ Nebenkosten, 80€ Heizkosten. KFZ-Versicherung 45€ und rechnen sie einmal den HartzIV Bedarf ohne jegliche Einnahmen durch Unterhalt aus. das sieht dann so aus:

http://biallo.sueddeutsche.de/tz/sueddeutsche2/Soziales/ALG2rechneri.php

Da das Kindergeld vom Regelsatz als Einkommen abgezogen wird bleibt von dem eigentlichen Anspruch (1.348,48€) noch 1.158,- € als staatliche Unterstützung übrig. Zzgl. des Kindergeldes hat diese Ein-Eltern-Familie dann also die 1.348,-€. Für so einen Nettolohn müsste die Mutter zum Mindestlohn schon die eine oder andere Überstunde abreissen. Mit dem verdient sie Netto in einer Vollzeitstelle nänmlich nur knapp 1.100,-€.

Jetzt gehen Sie einmal davon aus, dass der Vater des Kindes 2.100,- € Netto nach Abzug aller anrechnungsfähigen Kosten zur Verfügung hat. Dafür müsste er als Trennungsvater mit einem Kind, wenn er in der Kirche ist, wenigstens 3.400€ Brutto verdienen. Dann kommt die ARGE, welche unter anderem eben auch die Aufgabe hat, zu überprüfen, ob sie den HartzIV-Betrag, mit denen sie Arbeitslose unterstützt, nicht irgendwo anders eintreiben kann, und fordert den Vater auf seine finanzielle Situation offenzulegen.

Die Arge fordert dann den Kindesunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle (knapp 400,-€). Sollte er mit der Mutter verheiratet gewesen sein, wird die Arge ihn ebenfalls auffordern, für den Unterhalt der Mutter aufzukommen, wofür er vermutlich noch einmal 300,- € zahlen soll. Glauben Sie mir, die Arge probiert sowas und der ARGE ist es dabei egal, ob das Kind älter als drei ist und der Ex-Mann nach der Neuregelung des Ehegattenunterhaltes eigentlich gar nichts mehr für die Mutter zahlen müßte. Die ARGE darf das und in der Regel wird sie auch versuchen diesen Unterhalt einzutreiben. Tragen sie also bei oben genannten Beispiel in den HartzIV-Rechner die Beträge 400€ und 300€ bei dem Kind als Unterhalt und bei der Mutter als sonstige Einkünfte unter Einkommen ein und drücken erneut auf Berechnen.

Wer denkt, dass eine Familie mit so fleissigem Unterhaltszahler eigentlich wunderbar darstehen müsste, der reibt sich die Augen, denn Simsalabim...

Das Ergebnis sieht jetzt so aus:

http://biallo.sueddeutsche.de/tz/sueddeutsche2/Soziales/ALG2rechneri.php

Der Bedarf der Familie ist immernoch 1348, aber da Frau und Kind jetzt aber anrechnungsfähiges Einkommen haben, zahlt Vater Staat nur noch 533 Euro. Dank der großzügigen Unterhaltszahlung von Vater Esel, hat sich das Familieneinkommen von 1348 auf ganze 1423€ erhöht, denn 75€ - da ist die Arge echt großzügig - lässt sie dem Kind als Mehrwert durch den Unterhalt. Davon kann das Kind dann glatt einmal die Woche ins Kino gehen, inkl. Popcorn und Cola. Eine neue Sommergarderobe bekommt es dafür kaum und den Heide-Park-Besuch, den der Vater vorher vielleicht mal hat springen lassen, ist auch gestrichen, denn seine verfügbaren Finanzen haben sich gerade von 2.100,-€ auf 1.400,-€ reduziert.

Die verschwundenen 625€ haben die - so lautstark nach Führerscheinentzug klagenden - Genossen Schwesig und Gabriel für sich einbehalten. Wer weiß, vielleicht habe sie sich dafür ein Paar neue Montblanc Füller gekauft, ihrem Dienstwagen einen neuen Spoiler verpasst oder ihre nächste Diätenerhöhung finanziert.

Das Einkommen der alleinerzogenen Hartz IV Lebensgemeinschaft hat sich durch die Unterhaltszahlung von 700€ jedenfalls kaum nennenswert verbessert. Die Kinder wundern sich statt dessen, warum Papa trotz seines vom Familienrichter, aufgrund der gesteigerten Erwerbsobliegenheit geforderten Nebensjobs, auch nur noch Tiefkühlpizza am Umgangswochende hat.

Nochmal: Fragt sich da wirklich noch jemand, warum nach der Studie von Renate Schmidt die Unterhaltszahlung wesentlich zuverlässiger ist, wenn die Alleinerziehende ihren Lebensunterhalt selber verdient?

Bin ich der Einzige, der sich da nicht wundert, dass vor allem bei diesen 600.000 Alleinerziehenden die Begeisterung der Väter nicht gerade überschlägt, bei dem Gedanken ihr vollständiges Gehalt in die Unterhaltsberechnung einfließen zu lassen?

Solange die Unterhaltsempfängerin auf Transferleistungen angewiesen ist (und dass kann z.B. auch Wohngeld sein) wird der Kindesunterhalt darauf anrechnet. Laut Spiegle Online sind das immerhin über ein Drittel (37.6%) der Unterhaltsberechtigten also insgesamt ca. 860.000 Alleinerziehende.

Das einzige Familienmitglied, welches sich hier über fleissige Unterhaltszahlung des Erzeugers freuen kann, ist Vater Staat.

Unter diesen Umständen hätte Sigmar Gabriels Mutter auch bei einem unterhaltszahlenden Vater noch in ihr Kopfkissen geweint.

Vielleicht sollte Sigmar Gabriel lieber einmal dieses Kindheitstrauma therapeutisch aufbereiten lassen anstatt so blind auf Väter zu schimpfen. Vielleicht fiele ihm DANN auch mal ein, nicht nur in Müttern die armen, schützenswerten Personen zu sehen, und seine Sanktionenliste für schlechte Elternteile auch mit effektiven Strafmassnahmen für Umgangsvereitelungen zu erweitern. Vielleicht findet er dann auch die Idee nicht ganz absurd, dass Väter lieber gleichberechtigt ihre Kinder betreuen, anstatt nur den Zahlaugust zu spielen.

Aber was soll schon man von einem Vater erwarten, der seine Elternzeit zum Twitterhappening macht, mit Kommentaren wie "Mariechen ist abgefüttert, der Kaffee ist da, also kann's losgehen mit dem Twitter-Interview". Als hätte er mit Abbfüttern seiner Tochter die väterlichen Funktionen erfüllt und könnte jetzt endlich wieder der Arbeit als Parteivorsitzender nachgehen. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich Mutterechtlerinnen in Foren echauffieren:

https://disqus.com/home/discussion/dkultur/alleinerziehenderecht_fur_vater_ist_pech_fur_mutter/#comment-2867138317

Vielleicht wäre Herr Gabriel dann auch bannig erstaunt, dass Väter für ihre Kinder auch mehr sein können als eine Feldküche. Klar, Herr Gabriel wird im Fall der Fälle vermutlich ein fleissiger Ungterhaltszahler sein. Ebenso wie sein Genosse Maas, wird er sicherlich niemand sein, der sich für eine gleichberechtigte Betreuung seiner Kinder ein Bein ausreissen oder die Kariere hinten an stellen würde. Das unterscheidet ihn halt von einem modernen Vater.

Letztendlich würde die SPD weit mehr für das finanzielle Wohlergehen der Kinder tun, wenn sie sich endlich mal die Umsetzung der Resolution 2079 auf die Fahnen schreiben würden, dann würden die Väter den Mütter nämlich den Freiraum schaffen, selber für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, und gleichberechtigt Karrieren zu verfolgen. Das würde wesentlich mehr dabei helfen die Gender Pay Gap und die Gender Pension Gap schrumpfen zu lassen. Und bei den Männern, die sich DANN gegen die Erziehung ihrer Kinder entscheiden und lieber weiter an ihrer Karriere arbeiten, hätte man wenigstens jede moralische Legitimation angemessene Unterhaltszahlungen zu fordern.

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