Wie schon im März, kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, war das Interesse von Bürgern und Medien an der anstehenden Wahl in Mecklenburg-Vorpommern ungewöhnlich groß. 2011 hatten gerade einmal 51,5 % der Wahlberechtigten den Weg zur Wahlurne gefunden. Heute waren es immerhin 61%.
Mecklenburg-Vorpommern hat, nicht zuletzt dank seiner hohen Jugendarbeitslosenquote von 12,1 % mit massiver Abwanderung zu kämpfen. Von den fast zwei Millionen Menschen, die in MV ansässig waren, leben nur noch gut 1,6 Millionen dort. Im direkten Ländervergleich ist das Bruttoinlandsprodukt nach Bremen und dem Saarland das niedrigste bundesweit, auch wenn die Wirtschaft langsam wächst. Wie so oft, gedeiht auf dem Boden der Perspektivlosigkeit vor allem Angst. Angst vorm Abstieg, Angst vor den Fremden, die vermeintlich die Schuld an wachsender Armut und Ausgrenzung tragen. Und das obwohl gerade in Mecklenburg-Vorpommern kaum Flüchtlinge untergebracht sind: Ende Juni waren es rund 22.000 – bei 1,6 Millionen Einwohnern im Land (3,7%). Die reellen Probleme in Wirtschaft, Arbeitslosigkeit und Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte sind offensichtlich, dennoch hielten im Vorfeld gut 34% das Thema Flüchtlinge für das wichtigste Wahlkampfthema. Die populistische Partei AfD unter Leif-Erik Holm drohte bereits im Vorfeld, aus dem Stand über 20 % der Stimmen zu holen und damit sogar die CDU zu überholen. „Die unkontrollierte Massenzuwanderung muss ein Ende haben!“ tönte der AfDler, gebürtig aus Klein Trebbow bei Schwerin, mittlerweile im Prenzlauer Berg ansässig, auf seiner Facebookseite.
Ein Großteil der Wutbürger, bei denen das verfängt, dürften noch nie einen Flüchtling aus der Nähe gesehen haben. Auch markige Sprüche der Sorte: „Frau Merkel muss endlich die Grenzen schützen. Und wenn sie es nicht tun will, soll sie zurücktreten und uns das überlassen.“ Hat Holm schon von sich gegeben. Wenn er mit Beatrix von Storch auf der Wahlkampfabschlussveranstaltung auftritt, muss man nicht lange darüber nachdenken, wie dieser „Schutz“ aussehen soll.
Nach vorläufigen Hochrechnungen ergibt sich folgendes Bild:
SPD: 30,5 % (-5,1 %) Vergleich: 35,6 % - 2011
AfD: 21 % (+21%)
CDU: 19,0 % (-4,0 %) Vergleich: 23,0 % - 2011
Die Linke: 12,5 % (-5.9 %) Vergleich: 18,4 % - 2011
FDP: 3,0 % (+0,2 %) Vergleich: 2,8 % - 2011
NPD: 3,5 % (-2,5 %) Vergleich: 6,0 % - 2011
Grüne: 5,0 % (-3,7 %) Vergleich: 8,7% - 2011.
Sonstige: 5,5 % (- 0,1 %) Vergleich: 5,6 % - 2011
Auch wenn sich vor allem die SPD erneut wider besseren Wissens feiert, („Herzlichen Glückwunsch an die SPD in MV...haben gezeigt was es bedeutet, wenn Sozialdemokraten gute Politik machen...“ (Sigmar Gabriel nach den ersten Hochrechnungen auf Tagesschau 24) und damit auch weiterhin ignoriert, welchen Anteil der Mangel an Sozialdemokratie im Land am Erstarken der Rechten hat:
Es ist ein Sieg der Populisten.
Die AfD bedient geschickt Ressentiments, deutet vorhandene Probleme um in einem Maße, das es erlaubt, Flüchtlinge als Sündenbock zu implementieren, wohl wissend, dass die Ursachen für Angst und Bürgerzorn komplexer sind und verantwortungsvolle Antworten nicht mit Stammtischparolen zu haben wären. Niemandem würde es besser gehen, weil alle Ausländer das Land verlassen. Tatsächlich handelt der durchschnittliche Wähler, der in der AfD seinen Hafen für Protest gegen „die Etablierten“ sieht, frei nach dem Motto:
„Wer nichts mehr hat, wählt den, der dafür sorgt, dass wenigstens auch die anderen bald nichts mehr haben.“
AFD-Television2 https://www.youtube.com/watch?v=YdF6apRzwTE
Im Bild: Leif-Erik Holm von der AfD