Der Taxifahrer.
Jeder Journalist, der in ein fremdes Land kommt, fragt zu erst einmal seinen Taxifahrer aus.
Ich bin nicht fremd in Moskau, frage meinen Taxifahrer aber trotzdem und wider besseres Wissen. Wie denn die Stimmung ist?
Hervorragend, sagt er, 85 Prozent der Bevölkerung stehen voll und ganz hinter Putin, er selbst und seine ganze Familie auch. Seine Tochter sei viel im Ausland und sage immer, dort werde gelogen, dass sich die Balken bögen. Im Donbass würden „die Russen“ abgeschlachtet. Von wem, frage ich vorsichtig. Von „den Ukrainern“. An dieser Stelle beschließe ich, das Thema zu wechseln. Schönes Wetter heute ...
Auf dem Flohmarkt, einem meiner Moskauer Lieblingsorte, gibt es Neues zu bewundern.
Putin mit nacktem Oberkörper auf einem Bären reitend, der wiederum auf den Umrissen Russlands in den russischen Farben steht. Knapp 50 Euro soll das gute Stück kosten. Ich lehne dankend ab. Daneben Kaffeehäferln. Putin mit Sonnenbrille, Putin mit Militärkappe, Putin mit nacktem Oberkörper, Putin mit bösem Blick und drohendem Zeigefinger neben den Umrissen der Krim. Darunter steht „die Krim gehört uns!“
Auf einem Eiskastenmagneten Chruschtschow neben Putin. Unter Chruschtschows Foto steht: er hat die Krim hergegeben, unter Putins: er hat die Krim zurückgeholt.
Die Verkäuferin ist stolz auf ihre Ware und weil wir nichts kaufen aber eifrig fotografieren meint sie, wir sollten ihr wenigstens einen Euro für jedes Foto geben. Halb im Ernst, halb im Spass.
Auf den Strassen riesige Heldenfotos zum Sieg im zweiten Weltkrieg. Und auf einem riesigen BMW prangt hinten die Aufschrift: Danke Opa für den Sieg.
Russland lebt wieder einmal einen Mythos. Einen gefährlichen Mythos.
Und an der Kreml-Brücke auf der Boris Nemzow erschossen wurde liegen immer noch und nach wie vor Blumen. Das andere Russland, das nichts mit dem neuen Krieg und dem neuen Personenkult zu tun haben will, lebt auch weiter. Irgendwie. Trotz allem.