Und wieder ist einer verschwunden.

Ermordet mitten in Moskau, an einem Ort, wo man nicht einmal mit dem Handy fotografieren kann, ohne sofort zur Ordnung gerufen zu werden.

Aber als der Mörder kam war plötzlich keiner da, ihn aufzuhalten. Und die Videokameras waren ausgeschaltet.

Boris Nemzow war eine bunte Figur mit Fehlern und Ecken und Kanten.

Ein „homme a femme“ wie er im Buch stand.

Und er war ehrlich und weltoffen.

Er war sehr jung als er in die Politik ging. Und hatte neue Ideen.

Er hat sich gegen den Krieg im Kaukasus genau so gewandt, wie gegen die russische Aggression gegen die Ukraine.

Und er hat jede Demonstration gegen Putins Russland angeführt.

Man konnte ihn mögen – die Frauen jedenfalls liebten ihn – oder auch nicht.

Vor allem aber war er ein Mensch, der das Leben liebte.

Das man ihm jetzt so brutal, so gemein, so hinterhältig genommen hat.

Und dieser Mord hat nicht nur ihn getroffen.

Dieser Mord war eine Warnung an all jene, die sich dem Regime nicht unterordnen.

Und kaum war der Mord vollzogen, wurde versucht, dem Ermordeten auch noch seine Ehre zu nehmen.

Und das setzt sich fort.

Man sagt ihm übles nach, man beschuldigt ihn indirekt, selbst schuld zu sein, sozusagen, die Mörder selbst gerufen zu haben.

Als Anna Politkowskaja ermordet wurde hieß es aus dem Kreml, sie schade als Tote mehr, denn als Lebende.

Jetzt gibt es so viele, die sagen, Nemzow sei ein politischer Niemand gewesen.

Das sind jene, die weder Russland, noch die russische Geschichte kennen.

Man streut Gerüchte. Er habe dunkle Geschäfte gemacht. Die Mörder kämen aus seiner geliebten Ukraine. Oder aus dem von ihm verteidigten Kaukasus.

Die Niedertracht endet in Putins Russland nämlich nicht mit der physischen Auslöschung der Opfer – sie muss auch deren Würde vernichten.

Eine Freundin aus Moskau sagte dazu:

Und das ist erst der Anfang.

Russland, mein Russland – was tut man dir schon wieder an?

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