Vor kurzem bekam ich nach einem Russland-Vortrag folgendes Mail:
„Ihrem Namen nach sind sie ja Jüdin und ihrer Rethorik zu folge auch, denn wie alle Juden hetzen und lügen sie“.
Am 27. Jänner vor 70 Jahren wurden die, die man nicht ermordet hatte, im Konzentrationslager Auschwitz befreit.
Meine Großmutter war nicht unter den Befreiten. Sie war damals jünger, als ich es heute bin, als man sie in die Gaskammer schickte.
Auch meine Großeltern mütterlicher Seits waren in meinem heutigen Alter als man sie in Maly Trostinec bei Minsk erschoss.
Weil sie Juden waren.
Weil sie Juden waren hat man vor wenigen Tagen in Paris vier Menschen erschossen.
Wie kurz ist das Gedächtnis der Menschen?
In Syrien und dem Irak ermordet man Menschen weil sie Jesiden sind.
In Nigeria und Afghanistan foltert, vergewaltigt und ermordet man Menschen, weil sie in die Schule gehen oder etwas im Fernsehen anschauen, weil sie homosexuell sind oder einer bestimmten Religion angehören.
Als hätte es den Genozid an den Armeniern und später den Holocaust nie gegeben.
In Europa ist es nach wie vor salonfähig sogenannte „Judenwitze“ zu reissen.
Ganz abgesehen von jeder Art von Islamophobie.
Wenn wir nicht ganz schnell aufwachen und gegen all diese Arten des Unmenschlichmachens der jeweils anderen aufstehen wird es uns so gehen, wie Brecht es einmal in etwa formuliert hat:
Als sie die Juden holten sagte ich nichts, ich war ja kein Jude.
Als sie die Kommunisten holten sagte ich nichts, ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Katholiken holten sagte ich nichts, ich war ja kein Katholik.
Als sie mich holen kamen war keiner mehr da, der etwas hätte sagen können.
Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde und Respekt.
Wenn wir alle dieses Grundrecht verteidigen haben wir vielleicht noch eine Chance.
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