Neulich beim Café erzählte mir eine liebe Freundin, dass ein Bekannter von ihr das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen bekommt. Er ist seit vielen Jahren in einem Ministerium tätig. Privat gestand er ihr, dass er zwar erfreut und stolz über diese Auszeichnung sei, er aber in Wirklichkeit nicht so Recht wisse, warum er jetzt diese Auszeichnung bekomme.
Das hat mich veranlasst ein bisschen zu recherchieren, wofür in unserem Land Menschen „geehrt“ werden. Ich meine, „ein Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ – also wow, das hat doch schon eine Bedeutung, oder?
Mein „wow!“ hat sich schon nach dem Studium von Wikipedia schnell aufgelöst. Um das Große Goldene oder Silberne Ehrenzeichen zu bekommen, genügt es anscheinend leitender Beamter (zB. Sektionschef) eines Ministeriums oder einer Landesregierung zu sein, Hofräten und Ministerialräten verleiht man zum 60. Geburtstag das Goldene Ehrenzeichen und das Goldene Verdienstzeichen erhalten Bürgermeister und Beamte beim Übertritt in den Ruhestand.
„Mein lieber Jolly“ würde mein Hamburger Freund Andreas jetzt sagen und ich bin tief betroffen und gleichzeitig irritiert. Denn ganz ist mir jetzt nicht klar, wofür diese „Ehrungen“ jetzt sind? Für die „Leistung“ lange genug in seinem Job durchgehalten zu haben? Für die „Leistung“ 60 Jahre alt geworden zu sein? Für die „Leistung“ „Staatsdiener“ zu sein?
Dann plädiere ich dafür, dass ALLE Menschen, die irgendetwas für die Gesellschaft und für andere Menschen tun, ebenfalls dieselben Auszeichnungen erhalten: die Abteilungshilfen in den Krankenhäusern, die LehrerInnen, die MitarbeiterInnen im Behindertenbereich, die KindergärtnerInnen, Coaches und Mediatorinnen, Ärzte, Heimhilfen und Krankenpfleger, Feuerwehrmänner und –frauen, die MitarbeiterInnen der MA 48 und der MA 42 und unzählige mehr!
Hinterfragen Sie doch einmal: wen würde ich ehren und wofür?
Wenn „Verdienstzeichen um die Republik“ nichts mehr mit Verdienst zu tun haben, welchen Weg geht diese Republik dann?
Wenn Träger von Verdienstzeichen nicht wirkliche Rolemodells sind – Frauen und Männer mit Handschlagqualität und zwar beruflich UND privat – welchen Weg nimmt dann unser Land?
Ich appelliere hiermit dafür, die Vergabe von Verdienstzeichen wirklich achtsam zu hinterfragen und die Vergabe wieder auf diejenigen einzuschränken, die dem Land auch wirklich ehrenswerte Dienste erweisen.
Denn welchen Wert hat eine Auszeichnung auch für die Träger und Trägerinnen, wenn ihr keine Leistung zugrunde liegt? Auszeichnungen sollten ein Ansporn für andere sein, diese auch erreichen zu wollen und durch ihr Leben, ihre Handlungen ein Vorbild zu geben. Unser Land, unsere Republik bräuchte gerade in diesen Zeiten mehr solche Menschen!