Alles wird gut nach der Oscar-Nominierung

Gestern hat mir eine Bekannte eine Tageszeitungen mitgebracht, die uns davon unterrichteten, dass meine Tochter Julia ein Kinderstar ist. Es ist gut, das jetzt zu wissen, uns wäre es noch nicht aufgefallen, weder bei den Mathe-Hausaufgaben, noch beim Aufräumen der, zugegeben, selbst im Film erspielten Playmobilpiratenwelt. Zukünftige Paparazzi mögen bitte gnädig die morgendlich ungebändigte Haarpracht retuschieren und bitte keine Plaudereien mit ihrem U-Bahn Chauffeur.

Ich stimme der Academy und all den anderen JurorInnen rund um den Globus zu, der Film ist gut. In dem Filmprojekt des nicht nur sehr begabten, sondern auch sehr sorgsamen Produzenten und Regisseurs Patrick Vollrath war ein intelligentes, herzliches und hochkreatives Team mit viel Freude am Werk, Julia mittendrin. Patrick und seine Crew haben sie liebevoll wie ein Kind und wertschätzend wie eine Erwachsene behandelt - das Ergebnis lässt sich sehen. Ob es nun eine Reise zur Oscarverleihung nach Hollywood wird, müssen wir erst gemeinsam klären – aufgrund äußerer Rahmenbedingungen, aufgrund der Ressourcen, die zu überdenken sind, und weil zu überlegen ist, ob es das ist, was sie jetzt braucht und fördert. Was soll und kann man ihr zutrauen und zumuten und was wollen und können wir als Eltern einbringen? Es sind, wenn man es herunterbricht, die gleichen Fragen, die sich im Lauf unserer mittlerweile 22jährigen Staraufzuchtkarriere – denn unsere Stars sind sie alle - laufend gestellt haben. Es ist der tägliche Spitzentanz Erziehung, das Abwägen, Sich-Stellen, Scheitern und Wieder-neu-versuchen. Dazu gehört die Diskussion ums Handy – das immer noch nicht annähernd so cool ist wie das, was Julia Simon Schwarz in den Drehpausen abschwatzte – sowie insgesamt die Auseinandersetzung mit den modernen Medien.

Julia ist wie die Filmfigur Lea ein liebes, begabtes, gspüriges, fröhliches Mädl, das Bücher verschlingt wie ein hungriger Geschichtendrache, und öfter ihren eigenen Kopf hat. Ein befreundeter Bub meinte bei der „Geh-Zähneputzen“-Szene: „Genau so ist die Julia, wenn sie trotzig ist“. Sie liebt das Spiel mit ihren Katzen mehr als die Hausaufgaben, erfindet täglich eine neue Gemüseallergie und findet das Leben ab 20h besonders spannend. Es ist gut, dass das Jugendschutzgesetz sorgsam dafür sorgt,dass sie nicht mehr als fünf Stunden am Set sein durfte. Das Filmen hätte sonst fast die Dauer eines Schultages annehmen können. Wir waren auch froh, dass sie bei der Premierenparty in Cannes nicht zugelassen war und somit nicht in Versuchung kommen konnte, sich sinnlos zu besaufen, und wir somit zusammen einen schönen Abend am Strand verbringen konnten. Wenn es aber nun um die Berichterstattung geht, würde sie gern die eine oder andere Anmerkung anfügen. Ob das gesetzlich erlaubt ist, müssen wir erst recherchieren.

Wir sind bemühte Eltern, manchmal ungeduldig miteinander und mit ihr, ratlos, was jetzt zu tun ist, oder demotiviert, überhaupt darüber nachzudenken. Meistens schaffen wir es, im Dialog mit unserer Jugend zu bleiben. Wir hatten als Familie das Glück, dass uns ausreichend innere und äußere Ressourcen zur Verfügung standen, um die Herausforderungen des Alltags bewältigen zu können. Immer wieder gab es Situationen, wo wir knapp dran waren, über die Köpfe der Kids hinweg zu entscheiden – aus Erschöpfung, aus Ungeduld, aus der Ohnmacht heraus. Das Schicksal der (hervorragend gespielten ProtagonistInnen) im Film in seiner stillen Dramatik liegt trotz der Zuspitzung nur eine Handbreit vom „Menschen wie Du und ich“ entfernt, und das macht unter anderem den Zauber des Films aus.

Stars werden immer gefragt, was sie wollen, wissen immer, was zu tun ist und sehen immer aus wie Angelina und Brad und die kleine Vivienne – und die ist bestimmt ein süßer Kinderstar.

„Alles wird gut“ ist zu sehen am 20.1. im ORF III

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