„Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit, Fortdauer, und die einzig mögliche Fortdauer des Lebens wie in der Liebe liegt im Wachstum, im täglichen Auf und Ab – und in der Freiheit; in der Freiheit im Sinne von Tänzern, die sich kaum berühren und doch Partner in der gleichen Bewegung sind.“
Anne Morrow Lindbergh
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Paaren beim Tanzen zuzusehen, ob AnfängerInnen oder MeisterInnen, kann pure Freude vermitteln. Jedes Paar ist einzigartige in Ausdrucksform und Bewegungsablauf, hat eine unnachahmliche Würde und Ästhetik. Ob beim Wiener Walzer im Ballsaal oder beim Shaken in der Disco – Zuseher spüren, wie sie aufeinander bezogen sind, wie sie die Spannung halten und die Harmonie suchen. Und doch: TanzlehrerInnen wären prädestiniert als ZuweiserInnen für die paartherapeutische Praxis. Was bei Turnieren so leicht und beschwingt wirkt, ist Knochenarbeit. Der „freie Tanzstil“ macht es für die Paare nicht leichter, im Gegenteil – haltlos und verloren versucht mach junger oder nicht mehr ganz junger Möchtegern-Gene-Kelly seinen Rhythmus zu finden, ohne die unauffällige Anweisung der Dame, die sich führen lässt. Mädchen lassen den mittlerweile angeblich zum Ritual gehörenden Zungenkuss über sich ergehen oder graben in Mutters Mottenkiste nach der Grace-Kelly-Variante des erotischen Ausweichmanövers. Wenn sie dann trotz Neonspots zueinander finden und, nach anfänglicher Taubheit in abendlichem Geplauder, später in nächtlicher Umarmung andere Rhythmen erkunden, beginnt der kurze oder lebenslange Weg zu ihrem ganz persönlichen Paartanz. Dabei tauchen Fragen auf, die TänzerInnen seit Beginn der Menschheitsgeschichte bewegen: „Wie beginnen wir? Wer macht womit den Anfang? Wie nahe können wir uns kommen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren? Wie weit können wir uns voneinander entfernen, ohne dass der Spannungsbogen verloren geht? Wie sehr müssen wir uns im Auge behalten, und wie offen sollte die Aufmerksamkeit für die anderen TänzerInnen und die Umgebung sein? Wie finden wir den gemeinsamen Takt wieder, wenn jemand einen Fehltritt macht? Und wie beenden wir den Tanz?“
Nicht umsonst finden Paare, die einen Tanzkurs besuchen, außerhalb der Tanzschule und des Ballsaals wenig Möglichkeit zum Üben. Wer „Standardtänze“ erlernen will, muss sich einlassen auf vorgegebene Schritte, um dann innerhalb dieses Rahmens mit dem Partner/der Partnerin die individuelle Note zu finden. Junge Menschen haben heute mehr Raum, aber auch mehr Notwendigkeit, das Vorgegebene zu hinterfragen. Es gibt viel Literatur zum Thema Paarbeziehung, nicht zuletzt deshalb, weil wir wählerisch geworden sind in der Akzeptanz von Vorbildern. Wir wollen unsere eigene Schrittfolge erfinden und sind oft erstaunlich kreativ im Auffinden neuer Lebensmodelle. Der Haken ist: Beim Paartanz gibt es eine zweite Person, die ebenso autonom und authentisch sein will. Das Abstimmen der solotänzerisch begabten Frauen und Männer stellt eine Herausforderung dar. Oft entstehen wunderbare Choreografien. Manchmal enden die beiden, zumindest vorübergehend, in den entgegengesetzten Ecken des Saales, den Blick auf die deformierten Schuhspitzen gerichtet. Hin und wieder ringen sie in der Mitte des Raumes, mehr Sumoringern als Flamencotänzern gleich, um die Führung. Meistens durchlaufen sie Phasen, in denen sie sich verlorengehen, solche, in denen sie sich ineinander verkeilen, und solche, in denen die Musik sie in harmonischem und lebendigem Fließen trägt. Von allen können wir lernen.
Mehr zu Paarrhythmen in Mythen, Filmen, Literatur, Beispielen aus dem Beziehungsalltag und der paartherapeutischen Praxis: