Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Vergleicht man unsere Welt mit einem Gebäude, so wird nicht nur die Mauer abgetragen, sondern es entsteht auch ein neues Fundament. Das neue Gebäude, die neue Welt, wird nicht auf dem alten Fundament gebaut. Kein vernünftiger Bauherr würde das tun. Er würde sich nicht auf das alte Fundament verlassen, nicht bei einem großen, so 'fundamentalen' Haus, wie es gebaut werden muss, breiter, heller, standfester, ein Haus, durch dessen riesige Fenster die ganze Zeit das Licht scheinen soll. So werden wir Zeugen einer großen Umkehrung. Denn wenn unser Haus niedergerissen wird, vom Sturm der Zeit und den neuen Bauherren, kommt jeder einzelne Stein zum Vorschein und erzählt seine Geschichte noch einmal kurz, bevor er zu Boden fällt. (Könnten Steine sprechen, würden manche von ihnen seufzen.)

Wir haben viele Geschichten. Wir haben Geschichte geschrieben. Jahrhunderte nach uns wird man über uns noch sprechen. Jeder kennt uns, uns, die Europäer, die Weißen, die Eroberer, die Imperialisten, die Christen mit dem Kreuz im Banner, einem Symbol des Todes und des Weltenendes. (Nur der geschlossene Kreis oder die Spirale, die sich weiterdreht, vermittelt einen Hauch von Ewigkeit.)

Wenn die Erde des alten Fundamentes ausgehoben wird, kommen Dinge zum Vorschein, die man lieber nicht sehen möchte. Mit welchen Mitteln hat man die Weltherrschaft errungen? Wird man dafür geliebt oder gehasst? Nein, viele Fragen will man sich nicht stellen. Man verlässt fluchtartig die Baustelle. Die Erde unter dem Haus ist faul geworden, diesen Anblick will man sich nicht antun.

Weglaufen, wenn die Bauherrin Zeit das neue Haus errichtet, sich nicht ansehen wollen, wie das alte gegen das neue Fundament getauscht wird, kann keine Basis für ein zufriedenes Wohnen in dem neuen Haus sein. Jeder gewissenhafte Hausbauer wird den Hausbau, seinen Hausbau, 'von Grund und Boden auf' mitverfolgen. Er will schließlich wissen, worauf und worin er wohnt, sein zukünftiges Leben verbringt. Es ist das Haus seines Lebens, das gebaut wird.

Die Blindheit macht immens traurig. Sie verursacht diesen unbestimmten Weltschmerz, der mit keinem Schmerz des Lebens vergleichbar ist. Hoch oben in die Wolken gebettet, möchte die Seele weinen über diese Welt, die so verloren scheint. Ist das der Mensch? Feig bis zum bitteren Ende? Uneinsichtig? Gehässig? Gemein? Nicht in der Lage, sich selbst im Spiegel gegenüberzutreten und ehrlich Rede und Antwort zu stehen, wenn die Zeit an sein Haus klopft und fragt, wo er geblieben ist, warum er nicht mitkommt mit ihr, die es doch gut meint mit ihm? Stattdessen geht der Mensch auf seinen Mitmenschen los, nennt ihn links oder rechts, gut oder böse, damit er auf der richtigen Seite stehen kann, der anderen? Nicht ahnend, dass es die eine oder andere Seite gar nicht geben kann, dass die Spaltung uns alle in den Untergang treibt, uns alle zusammen, links und rechts, gut und böse. Wir sitzen alle im selben Boot. Es ist keineswegs so, dass nur 'die eine Seite' an den Klippen zerschellt (was die 'andere Seite' scheinbar freuen würde!). Nein, das ganze Boot zerschellt und wir gehen gemeinsam unter!

Spaltung kündet vom bevorstehenden Zerfall. Lässt man Geschehnisse Revue passieren, so erkennt man, was Spaltungen in der Geschichte bewirkt haben. Sie sind meist der Anfang vom Ende. Jener Teil, der sich abgespaltet hat, ist oftmals zu schwach, um neue Wurzeln zu entwickeln. Aber auch der zurückgebliebene Teil ist zu schwach, um in seiner ursprünglichen Bestimmung weiter zu existieren. Ihm wurde die Hälfte seiner Kraft, seiner Verwurzelung genommen. Besonders gut war das am Christentum zu sehen. Die Spaltung durch Luthers 'Reform' führte geradeaus in den 30jährigen Krieg, danach in die Zeit der 'Aufklärung' mit ihrem langsamen, schleichenden Abfall vom Glauben. Heute dünkt man sich besser, wenn man ungläubig ist. Gott? Wer soll das sein? Wohin diese Einstellung geführt hat, sieht man nun. Nun kommen Gläubige in das Land der Ungläubigen 'geströmt' und beanspruchen das Terrain für sich. Gott wusste sich offenbar zu helfen?

Nach dieser Spaltung in links und rechts, gut und böse, ist Europa ein anderes. Der Osten (rechts, böse) zieht nach Osten, wo die Sonne aufgeht; der Westen (links, gut) bleibt im Westen, wo die Sonne langsam untergeht. Man kann es längst spüren. Die Tage sind heiß, die Nächte kalt, wie in der Sahara. Die Sonne hat sich gedreht, als würde selbst sie wegschauen wollen. Sie scheint für Afrika zu strahlen, nicht mehr für die Europäer mit ihrer hellen, sonnenempfindlichen Haut.

Ich hatte gestern eine mehrstündige Arbeit im Garten - in der Sonne. Ich hielt es kaum aus. Die Sonne brannte auf die Haut wie in Afrika, dies an einem 9. September. Die Sonne führt die Menschen aus Afrika nach Europa, seit geraumer Zeit schon. Wenn es hier so heiß wird wie dort, dann ist das eine Botschaft, die man lesen kann, wenn man will. Man muss nicht wollen, doch darf man dann nicht über sein Unverständnis klagen. Es gibt immer Botschaften für den, der sie hören will und dieser wird auch klug daraus. Die anderen leiden unter ihrem eigenen Unverständnis, was sich Tag für Tag in Angriffen auf Mitmenschen bemerkbar macht. Man versteht nicht, was gerade passiert. Das enttäuscht, macht wütend, verbittert.

Ich schrieb einst: In Bayern werden die Orangen blühen, wenn alles vorbei ist. Ja, das werden sie! Und noch viel mehr wird blühen, wenn... wenn wir vernünftig sind, zusammenhalten und gemeinsam in das neue Haus ziehen, in die neue Welt, die gerade gebaut wird. Baut mit! Bringt eure Ideen ein, wie das neue Haus aussehen soll, seid selbst Mitgestalter! Aber vergesst eines nicht: So wie das alte Haus kann das neue nicht mehr aussehen. Das würde die Zeit nicht zulassen.

Seid stolz, Zeugen eines großen Umbruchs sein zu dürfen, Zeugen einer Zeit, in der zwei Welten sich überschneiden, von denen die eine geht und die andere kommt! Nicht jeder Mensch darf das erleben. Große Epochen währen viele Jahrhunderte lang, bis sie von einer neuen Epoche abgelöst werden. Ein solcher Epochenwechsel ist eine historisch spannende Zeit, die viele Emotionen weckt. Wir sind Menschen der alten und der neuen Zeit zugleich, was eine enorme Horizonterweiterung bedeutet, die uns niemand mehr nehmen kann. Wir sollten uns freuen und dankbar dafür sein, dass wir das jetzt miterleben und - dass wir mitwirken dürfen!

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berridraun

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robby

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