Warum die Islamisierung in Europa nur Propaganda rechter Kräfte ist.

Um alles ganz genau zu erklären, nämlich im gesamten historischen Kontext, müsste man in der Zeitgeschichte bis zur Auflösung des Osmanischen Reiches 1922 zurückgehen. Damals entstand ein Vakuum im Orient, welches die Briten für sich nutzten. Sie besetzten das Land, das ihnen nicht gehörte und zerschnipselten es in mehrere kleine Länder, wobei sie ohne Rücksicht auf die dort lebenden Ethnien willkürlich - und auf eine teilweise zynische Art - die Grenzen zogen.

Man erinnert sich an die Britin Gertrude Bell, die hoch zu Kamel durch den Wüstensand ritt. An den Schwanz des Kamels war ein Schlegel gebunden. Die Spur, die der Schlegel im Sand zog, markierte die Grenze zum Irak. Der empathielose Mensch mag sich dabei nicht viel denken, dieses Unrecht schreit jedoch zum Himmel. Man stelle sich vor, eine fremde Macht käme geritten und würde unsere Ländereien nach ihrem Gutdünken teilen und unsere Familien durch staatlich kontrollierte Grenzen trennen!

Diese Zeit der britischen Besatzung des Orients markiert den ersten von drei großen Schachzügen neueren Datums gegen die muslimische Welt.

http://www.spiegel.de/einestages/gertrude-bell-wuestenkoenigin-und-die-mutter-des-irak-a-1012569.html

https://www.welt.de/geschichte/article129237622/Diese-Frau-brachte-der-Welt-das-Irak-Problem.html

Auf Einzelheiten einzugehen, würde jetzt zu viel Text beanspruchen. Die rechten Kräfte des Krieges und die rechten Kräfte der rassistischen Unterdrückung anderer Völker und Nationen durch den Westen haben nach dem dritten und letzten Schachzug gegen die islamische Welt (dem sogenannten 'Krieg gegen den Terror' ) ihren Niederschlag in den rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften der westlichen Gesellschaft gefunden. Dieser Niederschlag ist eine Art saurer Regen, der uns im Kollektiv bis zum Ende begleiten wird. Diesem Regen entkommt man nicht, denn er ist eine logische Folge vorangegangener historischer Verbrechen. Der Himmel weint eben.

@Kerstin Kellermann hat es richtig erkannt und für mich ein kleines Fenster geöffnet, durch welches ich zusätzlich sehen kann:

Das Moslem-Bashing in der westlichen Gesellschaft hat mit 9/11 begonnen.

Es stecken also politische Kräfte dahinter, die gezielt die Massen beeinflussen. Was all den Kriegen der Westmächte nicht gelingen konnte, nämlich die Muslime und ihre Länder von der Landkarte zu fegen, soll nun eine durch rechtspopulistische Gehirnwäsche gefügig gemachte Zivilgesellschaft für die gescheiterten Kriegsmächte erledigen: Kampf dem Muselmann!

Denn der Muselmann ist böse, er ist dumm, er bringt es nicht, er ist ein Mensch zweiter Kategorie; sein heiliges Buch, der Koran, ist auch böse und dumm, die islamische Welt ist rückständig, sie hat keine Nobelpreisträger hervorgebracht, wer braucht diese minder bemittelten Menschen? Und so weiter. Dabei war es der Orient, der wissenschaftlich und kulturell seine Nase vorn hatte - bis der Westen kam und alles zerstörte! :(

Man weiß nicht, was schlimmer ist: Der Krieg der westlichen Militärmacht gegen die muslimischen Länder oder der Krieg der westlichen Zivilgesellschaft gegen die Muslime. Beides ist gleich schlimm. Die einen töten die Körper der Menschen durch Bomben, die anderen die Seelen der Menschen durch vernichtende Worte.

Die rechtsrechte Propagandamaschinerie hat das Märchen von der Islamisierung Europas in die Welt gesetzt, um die Massen gegen die Muslime aufzuhetzen.

"Wollt ihr mehr oder weniger Marokkaner?" klingt mehr als nur bezeichnend. Dieser Wilders-Satz ist Ausdruck tiefster Menschenverachtung und ein Symbol für den Menschen des Westens, der in seinem triefenden Rassismus nun am Ende sich selbst zerstört.

Rassismus und Abwertung anderer Völker haben in der Zukunft keinen Platz mehr, weil die Völker zusammenwachsen werden. Das ist eine logische Folge der Globalisierung und des damit verbundenen Abrisses von Mauern und Grenzen. Die Wirtschaft globalisiert sich immer mehr und das ist nur billig und recht, muss sie doch auch die Ärmsten der Armen in ihren Dörfern erreichen können.

Der westliche Mensch muss sich überlegen, ob er mitgehen oder zurückbleiben will. In der Vergangenheit wartet nichts mehr, höchstens der Tod irgendwann, in der Zukunft aber wartet das Leben. Das sollte jedem klar sein. Je weniger Menschen aus dem Westen mitgehen werden, desto weniger 'westlich' wird die Zukunft geprägt sein. Denn wir alle formen diese Zukunft mit und sie leuchtet in den schönsten Farben - für den, der sie sehen will. Wer diese Farben der Zukunft nicht sehen kann oder will, muss bei sich selbst noch etwas erledigen. Vielleicht hat er noch ein paar Leichen im Keller, die er erst wegschaffen muss?

Es wird keine Islamisierung geben, auch wenn sich das einige noch so sehr wünschen! In der rechtspropagandistischen Meinungsmaschinerie liegen diverse Denkfehler und schlampige Recherchen begraben, die entweder die Meinungsmacher selbst nicht erkennen oder von denen sie hoffen, dass ihre Klientel sie nicht entdecken wird.

1. Auch in der islamischen Welt gehen die Geburten zurück. Die gebildete Muslima bekommt sogar im Schnitt weniger Kinder als die gebildete Christin! Die Türkin bekommt im Schnitt 1,5 Kinder.

http://www.citizentimes.eu/2011/02/01/muslimische-bevoelkerungsentwicklung-1990-2030/

http://ef-magazin.de/2014/05/05/5293-rezension-theopolitik-und-geburtenrueckgang

http://www.islam.de/22003

Nur innerhalb religiöser Gruppen kommt es zu mehr Geburten. Das gilt für alle religiösen Gruppen gleichermaßen, auch für christliche.

"Seid fruchtbar und vermehret euch!"

Es gibt also keine 'islamische Demografie', bestenfalls eine religiöse. Türkei, Iran, Bangladesh, Ägypten, Indonesien - überall geht die Fertilitätsrate zurück! In Indonesien ist das besonders markant, weil dort 200 Millionen Muslime leben.

http://www.springer.com/us/book/9783531176796

2. Auch in der islamischen Gesellschaft findet ein Säkularisierungsprozess statt! Die fundamentalistischen Kräfte, die seit 1970 wieder erstarken, sind zum Teil eine Antwort auf Säkularisierung und Geburtenrückgang in der islamischen Gesellschaft. Siehe Recep Tayyip Erdoğan, der den türkischen Frauen ans Herz legt, wieder mehr Kinder zu bekommen.

Ungeachtet der fundamentalistischen Bestrebungen schreitet die Säkularisierung aber weltweit fort, begünstigt durch Internet und Globalisierung.

Da und dort aufflackernder Fundamentalismus kann keine globale Bedeutung erlangen. Die Welt zieht trotz vieler Hindernisse an einem Strang. Gemeinsam schaffen wir es auch.

Den Nörglern und Zweiflern könnte man dieses Buch empfehlen. Vielleicht erkennen sie darin ihre eigene Konfusität wieder? :)

(Aber Goldman beschreibt sehr schön den Geburtenrückgang in der islamischen Welt.)

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