Das war ja eine gelungene Überraschung: Facebook führt doch einen "Dislike" Button ein. Nicht grundlos hat sich Mark Zuckerberg bisher vehement gegen einen Dislike-Button gewehrt. So hat Zuckerberg noch letztes Jahr gemeint:
Some people have asked for a dislike button because they want to say, “That thing isn’t good.” And that’s not something that we think is good for the world. So we’re not going to build that.
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Klingt, wie bei Facebook üblich, nach großer, weltverbessernder Mission. Dahinter stecken freilich ausschließlich Marketing-Überlegungen. Schon jetzt ist ein Shitstorm die größte Angst von Unternehmen auf Facebook. Was aber passiert, wenn es einen "Dislike"-Button gibt? Dann wird ein Shitstorm in klaren Zahlen messbar, über Erfolg und Misserfolg, Beliebtheit oder Unbeliebtheit von Unternehmen, Produkten und Statements kann nach Belieben abgestimmt werden. Da kann für Werbetreibende ganz schön viel schief gehen.Ob das die Einnahmen von Facebook in die Höhe treibt? Gleichzeitig fördert eine derartige Abstimmung über "Like" oder "Dislike" aber die Interaktion massiv. Denn Facebook hat - vorerst nur in den USA - ein Problem: Während die Älteren mehr und mehr auf Facebook gehen, es zum normalen Teil des Online-Alltags wird, ziehen sich Jüngere immer mehr zurück. Accounts werden nicht gekündigt, doch die Verweildauer und Interaktion auf Facebook lässt nach. Und hier setzt Zuckerberg jetzt an und hofft, mit Positiv- und Negativ-Interaktion eine Steigerung der Emotionalität, des Diskurses und damit letztendlich der Interaktion und Verweildauer zu erreichen. Freilich steht derzeit genau diese "Abstimmung" via "Like" und "Dislike" nicht im Vordergrund. Vielmehr soll es darum gehen, bei traurigen Ereignissen sein Mitgefühl auszudrücken, Empathie zu zeigen, wie "Vox Technology" und "Business Insider" berichten:
...Facebook won't treat a "dislike" as a vote to stop showing the post to other users. Rather, it provides a better option in cases where friends and family paste bad news, like a death in the family or a natural disaster. "What they really want is the ability to express empathy," wrote Business Insider. "Not every moment is a good moment."
Das wiederum ist eine Reaktion auf die Kritik an Verhetzung und mangelndem Mitgefühl auf Facebook, nicht zuletzt im Rahmen der Flüchtlingskrise in Europa. Diese Reaktion ist allerdings mehr eine Imagefrage als ein adäquater Umgang mit der Situation. Denn genau so intensiv und radikal wie Facebook derzeit gegen Fake-Profile und Pornographie vorgeht, genau so radikal und intensiv müsste Zuckerbergs Unternehmen gegen Verhetzung vorgehen, wollte es seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. Doch das wird aus zwei Gründen nicht geschehen: Erstens sehen US-Recht, europäisches, deutsches, österreichisches Recht völlig unterschiedliche Grenzen vor. Das zeigt sich schon bei der Frage des Nationalsozialismus: Bei uns Gottseidank in jeder aufkeimenden Form strikt unter "Wiederbetätigung" geahndet ist nationalsozialistisches Gedankengut in der US-Heimat von Facebook von der Meinungsfreiheit geschützt. Darüber hinaus ist die exakte Definition von verpönten Aussagen, Verhetzung und Herabwürdigung ein Ding der Unmöglichkeit - auch dann, wenn die wechselnde Judikatur nationaler Gerichte als Maßstab herhalten soll. Doch all das entschuldigt die völlige Ignoranz des Themas durch Facebook nicht. Jetzt jedenfalls ist erstmal der "Dislike"-Button dran. Mal sehen, wie ernst er wirklich gemeint ist...