Sie kommt plötzlich. An guten Tagen. In schlechten Momenten. Beim Autofahren. Beim Gegenlesen eines Artikels. Wenn sie Sandkuchen bäckt. Wenn ich während des Tages an sie denke. Wenn sie schläft und ich ins Dunkel hineinhorche, ob sie noch atmet. Wenn sie losrennt, unbekümmert diese große Welt entdeckend, von der sie erst erfahren muss, dass es dort nicht nur Blumen und kleine Hasen und Spielplätze gibt, sondern auch Grausamkeit und Steinschläge, Krankheit und Mächtige, die uns zu Zinnsoldaten ihrer Ränke degradieren.

Angst, dass ihr etwas passiert. Angst, dass mir etwas passiert und ich sie allein zurücklassen muss. Nein, nein, sage ich mir dann, ihr Rucksack wurde doch bereits verschnürt, es ist genug. Geh woandershin, Unglück, bleib nicht stehen, Verderben, zieh woanders deine Spur, nicht bei ihr, schreie ich das Leben dann an, lautlos natürlich, denn niemand soll sie bemerken, meine Angst, ich muss ja stark sein für sie und meistens bin ich es auch.

Vielleicht sind es die Bruchstellen auf meiner Seele, die solche Zweifel einsickern lassen und die Angst und die diffusen Bilder von Dunkelheit und Schmerz, die in meinem Kopf aufflackern. Vielleicht ist diese Angst der Fluch jedes Menschen, der Schlimmes erlebt hat, bevor noch ein Schutzmantel aus Liebe und Vertrauen und Sicherheit wachsen konnte, der einen später auch in schweren Zeiten warmhält.

Vielleicht ist es dieser nicht zu verarbeitende Strom an Bildern, der tagein, tagaus und ungefiltert in unsere Köpfe und von dort in unsere Herzen fließt, und vor dem es kein Entrinnen gibt in unserer Zeit. Die täglichen Nachrichten aus dem Albtraum, in den andere von dieser grausamen, ungerechten Macht genannt Schicksal geschleudert werden, die Bilder von Kindern, deren riesengroße Augen mich aus dem Bildschirm heraus anstarren und es mich manchmal wie ein Schlag trifft, oh Gott, das dort sieht fast so aus wie meines.

Vielleicht trifft es aber einfach auch jede Mutter, jeden Vater. Weil wir wissen, wie das Leben spielen kann. Weil wir zusehen müssen, wie unsere Kinder mit jedem Schritt, den sie weiter ins Leben gehen, ihre Unbefangenheit und ihr Zutrauen aufgeben müssen, um zu überleben, um weitergehen zu können. Weil wir wissen, dass wir nicht jedes Unglück von ihnen fernhalten können, das große und das kleine nicht, und weil wir doch nie wissen können, was sein wird. Vielleicht muss man selbst nichts Schlimmes erlebt haben, um diese Angst zu spüren um das eigene Kind, eine Angst, die dein Herz schneller schlagen lässt und dir die Kehle zuschnürt. Angst aus Liebe.

Alles wird gut sein, wiederhole ich dann mein Mantra. Dein Land ist doch sicher. Und du hast dir deinen Platz im Leben geschaffen, hast lange genug Dreck gefressen, bist privilegiert, jetzt kommt die gute Zeit. Es ist meine Beschwörungsformel, die ich in diesen Momenten der Angst wiederhole wie ein Gebet, ein trotziger Versuch, dem Leben meinen Willen aufzuzwingen. Und dann: die Erkenntnis, dass überall auf der Welt jeden Tag gute, tapfere Menschen Leid und Tod und Wahnsinn erfahren. Was will dann ich?

Leben. Hinschauen. Lernen von ihr. Und hineinrennen in diese große Welt, von der ich bereits erfahren habe, dass es dort Grausamkeit und Steinschläge gibt, Krankheit und Mächtige, denen wir kleinen Leute nichts bedeuten. Aber eben auch Blumen und kleine Hasen und Spielplätze. Und sie mittendrin, die mit einem freudig ausgestreckten Zeigefinger Tränen in meine Augen treibt und erreicht, dass ich es in mir wieder finde - das Ja zu allem, denn nur so geht es eben, ganz oder gar nicht.

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Herbert Erregger

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Beate Janota

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Ulrike

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Silvia Jelincic

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