Die Welt im Jahr 2015. Ganz Europa steckt im Hintern des Unrechtsstaats Saudi Arabien. Ganz Europa? Nein: Ein kleines Land im Norden hat gerade einen Jahrzehnte alten Rüstungsdeal mit dem Wahhabitenstaat gekippt und als Begründung mangelnde demokratische Entwicklungen und das praktische Nichtvorhandensein von Menschenrechten für Frauen angegeben. Die Obersten der Al Azhar Universität, die Denkfabrik des modernen Islamismus, pardon, Islam, verurteilte nun das Vorgehen Schwedens. Ach nee, wie die Hamburger sagen würden.
Warum ich hier so polemisiere? Weil es mich – Entschuldigung, es gibt kein besseres Wort – ankotzt, dass die Welt dabei zusieht, wie eine gigantische Sektenkommune, und nichts anderes ist das Wahhabitenreich auf der arabischen Halbinsel, sich mit seinen Petrodollars das Stillschweigen der ganzen Welt erkauft. Deutschland etwa, ein mächtiges Land, eiert auch nur herum – mal werden Panzerlieferungen gestoppt, dann soll der König wieder milde gestimmt werden und zumindest andere Deals durchziehen. Aber so richtig klar und deutlich wie die Schweden hat noch keiner gesagt: So nicht, meine Herren.
Saudi Arabien ist ein Land, wie es sich selbst der bekiffteste Hollywood-Drehbuchautor nicht ausdenken könnte: Frauen, per Gesetz hinter schwarzes Tuch und vom Steuer jedes Fahrzeugs verbannt, soferne sie unter 30 Jahre alt oder – ja, wirklich – geschminkt sind. Junge Mädchen, ertränkt im eigenen Swimmingpool, weil sie mit jungen Männern gesprochen haben (So beschrieben im Buch „Ich, Prinzessin aus dem Hause Al Saud“, Goldmann). Männer, die selbst in Einkaufszentren von Religionswächtern zum Gebet getrieben werden. Kinder, die hilflos verbrennen müssen, weil sie bei der Flucht aus ihrer in Flammen stehenden Schule nicht daran dachten, ihre Niqabs anzulegen. Ein Blogger, öffentlich ausgepeitscht und inhaftiert, weil er schrieb, alle Menschen seien gleichwertig, und der womöglich nicht überlebt. Eine vergewaltigte Frau, vor Gericht gestellt wegen Ehebruchs. Die eigenen Töchter des Königs, die ihren Vater anklagen, sie seit Jahren einzusperren. Kleine Mädchen, zwangsverheiratet mit Greisen. Ein in Saudi Arabien tätiger koptischer Spitalsarzt, wegen Beleidigung des Islam angeklagt und schließlich ohne Papiere im Land festgehalten. Dieser Arzt heißt Mamdou Fahmi, ich bekam ihn vor Jahren gemeinsam mit meinem damaligen Verlobten, einem koptischen Menschenrechtsaktivisten, aus Saudi Arabien raus, indem ich – Frechheit siegt – Mitglieder des Hauses Al Saud kontaktierte und mich sogar durchs Pentagon telefonierte und allgemein offenbar zu viel Staub aufwirbelte, jedenfalls wurde Fahmi eilig aus dem Land geschmissen.
Saudi Arabien ist der hässlichste Schandfleck der Welt. Kein Staat, eine Farce. In seiner Perversion schlägt es den ebenfalls schändlichen Iran, gegen den allerdings Wirtschaftssanktionen verhängt wurden, um Längen. Jede Nation, die Geschäfte mit den Saudis macht, ist mitschuldig an einem System, das Menschenrechte per Verfassung mit Füßen tritt und einem Familienclan gestattet, sich wie im Selbstbedienungsladen zu fühlen. Saudi Arabien betreibt offiziell, wofür die Terrormiliz IS weltweit einhellig verurteilt wird – wie verlogen ist das? 1986 verhängte die Europäische Gemeinschaft Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika; das dortige Apartheidsystem galt als menschenrechtswidrig. Und jetzt? Schweden ist meines Wissens nach das erste Land Europas, das nicht mehr herumeiert wie andere Länder, sondern klar und deutlich sagt: Mit Saudi Arabien machen wir keine Geschäfte, weil dort Menschenrechte missachtet werden.
Ein einziges Land. Das darf doch nicht wahr sein.
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