Am 17. August tritt Bombino mit seinem Wüstenrock bei den Afrika Tagen auf der Donauinsel in Wien auf.

Der neue Sound von Tuaregbands aus der afrikanischen Wüste entstand Ende der 1970er und ist seit einigen Jahren stark im Aufwind. Er ist wohl das erfolgreichste World-Music-Genre seit dem Reggae. Dabei werden dem traditionellen Tuareg-Sound die klassischen westlichen Rock- bzw. Pop-Instrumente wie E-Gitarren, E-Bass und Keyboard sowie Blues-, Rock- und Funkelemente hinzugefügt. Dazu kommen afrikanische Djembe- und Calabash-Trommeln sowie weitere Perkussionsinstrumente. Exotisch klingt auch die Tuareg-Sprache Tamascheq, in der die Musiker singen. Dabei werden tradidionelle Texte verwendet, aber auch moderne Themen angesprochen. Bombino hat dieses Genre durch die Qualität seines Gitarrespiels auf ein neues Niveau gehoben. In seiner Musik spürt man die Wüste - hart und sanft, tragisch und spielerisch. Er singt auch über Liebe, Freundschaft und seine Gedanken.

What good is it to have/ Freemen who sleep in this world of suffering

Wake up, my people/straighten up, my people/ confront the difficulties of your current situation/ a long road awaits you

What good is it to have/ freemen who sleep in this world of suffering/ freemen suffering shows us that times have changed.

Imuhar

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Angelehnt an das italienische Bambino (dt. kleiner Junge) erhielt Omara Moctar seinen Spitznamen Bombino als Teenager von seinen Bandmitgliedern, da er der Jüngste war.

Bombino wurde 1980 in einem Zeltlager am Südrand der Sahara nahe der Stadt Agadez in Niger geboren. Er ist Angehöriger des Ifoghas-Stammes der Tuareg, eines nomadischen Volkes, das von nordafrikanischen Berbern abstammt und zur Konföderation der Kel Adagh gehört. Er hat 16 Geschwister bzw. Halbgeschwister und wurde überwiegend von seiner Großmutter erzogen. Von seinem 6. bis 9. Lebensjahr besuchte er eine Schule, in der er Arabisch und Französisch lernte, bis er diese abbrach.

Während des Aufstands der Tuareg in den Jahren ab 1990 flüchtete seine Familie zu Verwandten nach Tamanrasset/ Algerien. Dort und später in Libyen, wo er als 16-Jähriger als Schafhirte arbeitete, hat Bombino sich selbst Gitarre spielen beigebracht. Seine großen Vorbilder waren Jimi Hendrix, Mark und David Knopfler (Dire Straits) und Ali Farka Touré, der „König des Wüsten-Blues“ aus Mali, von denen er raubkopierte Kassetten und CDs besaß.

Nach den demokratischen Wahlen in Niger kehrte er 1993 nach Agadez zurück und wollte dort gegen den Willen seiner Familie als Musiker zu arbeiten.

Einige Jahre verdiente er seinen Unterhalt als Reiseleiter oder Küchengehilfe und spielte abends Gitarre. Im Jahr 2004 kam ein spanisches Team in das Camp in Agamgam um einen Dokumentarfilm über die Ténéré-Wüste zu drehen. Innerhalb von zwei Tagen nahmen sie Bombinos Gitarrespiel auf. Dabei hört man als wesentliche Elemente auch den Wüstenwind, Gesprächsfetzen und Tierlaute in der Ferne.

Bombino wurde daraufhin von internationalen Musikproduzenten entdeckt und reüssierte mit seinem ersten Album AGAMGAM (2004) auch in der Popwelt.

AGAMGAM enthält neun Lieder, einige davon sind Bombinos Eigenkompositionen. Es ist Tuareg-Musik in ihrer reinsten und unverfälschtesten Form.

Im traditionellen Lied mit dem Titel "Ténéré" singt Bombino über die Herausforderungen des Lebens am Rande der Sahara, die Einsamkeit, den Wassermangel, aber auch über das Gefühl der Freiheit und die Schönheit der Wüste. Das Wort "Ténéré" hat viele Bedeutungen, wird aber vor allem zur Beschreibung der Weite der Wüste verwendet.

Als Mitglied der Band Tidawt, mit der er 2007 durch Kalifornien tourte, sowie durch einen Beitrag zum Album STONES WORLD von Tim Ries, bei dem er auch mit den Rolling-Stones-Mitgliedern Keith Richards und Charlie Watts zusammengespielt hatte, wurde er einem großen Publikum bekannt. Inzwischen zählen Bands wie die Rolling Stones oder Arcade Fire zu seinen Fans.

2007 kam es in Niger wieder zu Konflikten. Die Tuareg-Musik, die als politische Revolutionsmusik arbeitslos gewordener junger Tuareg entstanden war, galt nun als rebellische Propaganda. Es war gefährlich, als "le guitariste" bezeichnet zu werden und den Tuareg wurde seitens der Regierung das Gitarrespielen verboten. Viele von Bombinos Freunden und Kollegen schlossen sich der Rebellion an. Zwei Bandmitglieder verschwanden und es wird angenommen, dass sie von der nigrischen Armee hingerichtet worden sind. Bombino beschloss, Niger wieder zu verlassen und ging nach Burkina Faso ins Exil. Dort suchte und fand ihn 2009 der Filmemacher Ron Wyman um den Dokumentarfilm "Agadez, the Music and the Rebellion" über Bombino zu drehen.

Nach dem Ende des Konflikts kehrte er 2010 nach Niger zurück und spielte ein triumphales Konzert vor der Großen Moschee in Agadez.

Aufnahmen von dieser Veranstaltung wurden in Ron Wymans Dokumentarfilm "Agadez, the Music and the Rebellion" (2013) gezeigt.

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Ron Wyman ermöglichte Bombino, sein drittes Album AGADEZ (2011) in den USA aufzunehmen. Es fand weltweite Beachtung.

Das Album enthält den von ihm komponierten Song "Tar Hani", ein Liebeslied. Er bittet darin seine Freundin, ihre Liebe auch nach ihrem Tod in ihrem Herzen zu behalten. Er sagt ihr, dass er ihr Herz immer bei sich behalten wird und verspricht ihr ewige Liebe. Er warnt sie, nicht auf die Worte von Feinden zu hören, denn diese könnten wahre Liebe zerstören.

Tar Hani (Meine Geliebte)

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Im Song Mahegagh fragt sich Bombino, was er gegen diese endlose Einsamkeit tun soll und was "sein kochendes Herz kühlen" könnte.

Mahegagh (Was soll ich tun?)

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Assalam Felawan (Friede für dich)

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Clips von Bombinos Performance, die online veröffentlicht wurden, erregten die Aufmerksamkeit des amerikanischen Musikers und Produzenten Dan Auerbach, der daraufhin 2013 Bombino in sein Easy Eye Studio in Nashville einlud, dessen viertes Album NOMAD zu produzieren. Kompositionen und Texte aller 11 Lieder stammen von Bombino.

NOMAD debütierte auf Platz 1 der Billboard World Music Album Charts und bekam begeisterte Kritiken von Top-Medien auf der ganzen Welt. Die Musikzeitschrift Rolling Stone zählte es zu den „50 Best Albums of 2013“. Namhafte Musikkritiker vergleichen Bombino auf Grund seiner Live-Performance und Virtuosität auf der Gitarre mit Jimi Hendrix, Carlos Santana, Neil Young und Jerry Garcia.

Der Titelsong ist Amidinine:

My friend, my friend/ this life is long/ this life is short/ manage it in a certain way/ the way that suits you.

What you desire/ I desire it as well/ from the depth of my heart/ I accept it/ everywhere I go/ I'll think about it.

Amidinine (Mein Freund)

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Niamey Jam

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Imidiwan

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Mittlererweile ist der "kleine Junge" ein Star. Er spielte in Europa, Japan, China, USA und Australien mit seiner fixen Band aus Tuaregfreunden und Verwandten.

Auf AZEL, seinem fünften Album (2016), präsentiert Bombino einen neuen Stil, den er liebevoll "Tuareggae" nennt. Zudem verwendet er westliche Vokalharmonien, die den Liedern neue Tiefe und Farbe verleihen und seine Musik ist energischer.

Akhar Zaman (Dieser Moment)

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Inar (Wenn du weißt, wie sehr ich dich liebe)

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Iwaranagh (Wir müssen)

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Im Mai 2018 erschien sein sechstes Album DERAN, aufgnommen in Casablanca. Rasch erreichte es Platz 1 der iTunes World Charts und wurde von Kritikern auf der ganzen Welt gefeiert. Die New York Times nannte Bombino "Sultan von Shred". Noisey bezeichnete ihn den "größten Gitarristen der Welt".

Die Lieder auf dem Album widerspiegeln die Herausforderung, die sich durch das Leben in zwei höchst unterschiedlichen Welten ergibt - einerseits die moderne Zeit mit Facebook, 24-Stunden-Fernsehen, Mobiltelefonen und andererseits seine Herkunft als Tuareg und dem kulturellen Erbe eines Nomaden.

Das Titellied auf Deran ist "Imajghane" (Das freie Volk/Tuareg):

Neben Bombino als Singer-Songwriter und Lead-Gitarrist musizieren sein langjähriger Begleiter Illias Mohamed (Rhythmusgitarre, Djembe u. a.), der US-Amerikaner Corey Wilhelm (Schlagzeug und Perkussion), Youba Dia aus Mauretanien (Bass), Mohamed Araki aus dem Sudan (Orgel und diverse Keyboards), Hassan Krifa (Krakebs, Bendir, Perkussion) sowie der Star des Films "Timbuktu" Toulou Kiki und Anana Harouna mit Background-Gesang. Letztere ist Bombinos Cousine und Leadsängerin der Brüsseler Tuareg-Band Kel Assouf.

Der zweite Song auf DERAN ist ein traditionelles Tuareg-Lied. Es wird dem Brautpaar am Tag ihrer Hochzeit gesungen. "Deran Deran, Alkheir" bedeutet "Beste Wünsche, beste Wünsche, für den Frieden."

Deran Deran, Alkheir

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In "Tehigren" besingt Bombino die Wüste als einzigen Ort, wo er zu Hause sein will. Er macht sich Gedanken, wie man sie beschützen kann und wie man sich (vor den Veränderungen der neuen Zeit) beschützen kann.

"Do not forget the green trees / In our valleys in the Sahara / In the shade of which, / Rest the beautiful girls / Radiant and lovable".

Tehigren (Die Bäume)

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Tenesse (Müßiggang)

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Deran heißt "beste Wünsche" und Bombino meint damit wohl auch beste Wünsche für einen Frieden für die Tuareg nach den jahrzehntelangen Konflikten. Da Bombino bisher bereits zweimal aus Niger flüchten musste und dabei Glück hatte, ist ihm dieses Thema wichtig. Seine Heimatstadt Agadez ist zudem für Afrikaner, die nach Europa zu gelangen hoffen, der nördlichste Vorposten vor der Durchquerung der Sahara. In Agadez ist die Bevölkerung in nur 15 Jahren um ein Vielfaches von etwa 35.000 auf über 118.000 angewachsen! Dies liegt an der in Niger weltweit höchsten Fertilitätsrate von fast 7, aber auch am Zustrom der Flüchtlinge.

Bombino: "Mein Herz blutet für die Menschen, die ich auf dieser "Wanderroute" sehe. Wenn ich sehe, dass Menschen in dieser Situation durch Agadez kommen, schaudere ich, weil ich weiß, dass diese Person wahrscheinlich nicht so viel Glück haben wird."

Der Status der Tuareg in Niger hat sich seit Ende der zweiten Rebellion etwas verbessert. Doch viele der Missstände, die zum Aufstand geführt haben, bleiben ungelöst. Bombino träumt davon, ein musikalisches Gemeinschaftszentrum zu eröffnen, das für die Tuareg-Jugend den Zugang zu Instrumenten und Aufnahmegeräten ermöglichen würde. Nach all den vielen bewaffneten Kämpfen der Tuareg für ihre Unabhängigkeit von der gewaltsamen Unterdrückung durch Regierungstruppen sagt Bombino: "Mein Hauptwunsch wäre ein dauerhafter Friede."

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Diskografie

2004: Agamgam

2009: Guitars from Agadez, Vol. 2 (Sublime Frequencies)

2011: Agadez (Cumbancha)

2013: Nomad (Nonesuch Records)

2016: Azel (Partisan Records)

2018: Deran (Partisan Records)

https://www.nytimes.com/2018/05/17/arts/music/bombino-desert-blues-deran.html

https://www.theguardian.com/music/2013/mar/31/bombino-nomad-album-review

http://www.bombinomusic.com/bio

http://www.alartemag.be/en/en-culture/guitar-magic-from-niger-bombino-presents-new-album-nomad/

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