Hass kennt scheinbar keine Grenzen und auch keinen Respekt vor dem Leben oder dem Tod. Im deutschen Northeim wurde der muslimische Teil des Friedhofs geschändet. Auf die Grabsteine der verstorbenen Musliminnen und Muslime wurden mit Spraydosen Nazi-Symbole geschmiert. Die Botschaft dahinter ist klar, ihr seid hier nicht Zuhause, weder im Diesseits noch im Jenseits. Man fragt sich natürlich, wie hasserfüllt man sein muss, wenn man die Menschen nicht einmal an ihrer letzten Ruhestätte in Frieden lassen kann. Grundsätzlich sollten der anständige Umgang und die Wertschätzung gegenüber Verstorbenen eine Selbstverständlichkeit sein, die nicht nur in Konfessionen begründet sind, sondern auch aus rein humanitären sowie ethischen Sicht außer Streit stehen sollten.
Dass diese Tat kurz nach dem 9. November stattfand, dem Tag, an dem vor 80 Jahren in der sogenannten Reichspogromnacht jüdische Geschäfte und Synagogen brannten, soll scheinbar aus Sicht der Täter die Drohgebärde, die hinter diesem im Vergleich und dieser Tat steckt, noch verstärken. Dadurch werden nicht nur die muslimischer Familien und ihre Verstorbenen verhöhnt, sondern auch die Juden, die damals vom nationalsozialistischen Regime in den Novemberpogromen ermordet wurden. Umso mehr ist es unsere Aufgabe, sich von solchen Vorfällen nicht abschrecken zu lassen, an die Gräueltaten der Vergangenheit zu erinnern und lautstark gegen Rassismus, Diskriminierung sowie Ausgrenzung einzutreten.
Muslimische Friedhöfe in Europa sind grundsätzlich ein Zeichen gelungener Integration. Wenn sich manche zugewanderte Menschen nämlich dazu entscheiden, sich in ihrer neuen Heimat beerdigen zu lassen, dann sind sie wohl zur Gänze hier angekommen. Dass gerade die Gräber dieser Menschen geschändet werden, zeigt die Willkür, Obszönität und Ziellosigkeit, die hinter dieser hassgeprägten Tat stecken. Viele Musliminnen und Muslime, die in Österreich und Europa leben, möchten nämlich weiterhin nach ihrem Tod in ihrer alten Heimat begraben werden. Das hat wohl etwas mit Nostalgie, Sentimentalität und dem Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln zu tun. Dies gilt insbesondere für die erste Generation der Gastarbeiter, unabhängig davon, ob sie aus der Türkei oder dem ehemaligen Jugoslawien stammen. Diese scheußliche und feige Tat in Northeim wird diese Menschen wohl in ihren Überlegungen bekräftigen, da man im heutigen Europa als Muslim scheinbar nicht einmal nach dem Tod vor Hetze, Gewalt und Rassismus gewahrt ist. In Zukunft wird es aber dennoch immer öfter vorkommen, dass die Nachkommen dieser Menschen in der zweiten und dritten Generation in ihrer neuen Heimat begraben werden möchten. Für all diese Menschen muss ein friedvolles und sicheres Umfeld geschaffen werden, sowohl im Leben als auch im Tod.