Früher, als die Welt zwar auch nicht mehr gut, aber doch besser war als heute ist einmal in einem kleinen Ort bei Passau eine alte Frau spurlos verschwunden. Zwei Monate später hat man die 81jährige gefunden - tot. Ein Leichenspürhund der Polizei hatte sie in einem Waldstück entdeckt, anscheinend ist sie eines natürlichen Todes gestorben. So weit, so gut. Na, eigentlich ja nicht gut, aber doch unvermeidlich. Irgendwann müssen wir alle abtreten und den Zeitpunkt, jung und tragisch zu sterben, hatte die alte Dame eh bereits verpaßt.

Die "Passauer Woche", das regionale Anzeigenblatt, hat darüber berichtet und auf ihre Titelseite dieses Bild gestellt. Was sehen wir: Eine alte Frau, an der absolut nix Auffälliges ist. Aber gut, für Verwandte oder Bekannte könnte das vielleicht eine Information sein: "Das ist doch die Tant Olga!" Damit diese einzig interessante Information nur ja nicht rüberkommt hat eine fürsorgliche Redaktion das Gesicht verpixelt. Jetzt könnte das Bild auch meine Tant Olga (die eigentlich meine Großtant war) darstellen.

Das Bild hat im Rahmen dieser Berichterstattung so viel Informationswert wie ein Bild von - sagen wir mal - deiner Mumu oder meinem Schnäbi. Oder dem Bild eines Verurteilten, begleitet von drei freundlich lächelnden Polizisten.

Die Frage ist natürlich: Wieso bringt die "taz" obiges Bild, wenn sie doch gleichzeitig wild entschlossen ist, weder Herrn Stephan Balliet, den Mörder an der Synagoge von Halle, noch seine drei Beschützer abzubilden?

Und dann seh' ich vor einiger Zeit dieses Bild.

Sechs österreichische Polizeibeamte posieren vor dem Photographen, um ihre Trauer über den gewaltsamen Tod einer jungen Frau auszudrücken. Womöglich woll­ten sie auch nur ihrer politischen Meinung Ausdruck verleihen. Egal, sie haben sich hingestellt, um mit ihrem Gesicht für etwas zu stehen, sind nicht zufällig vor eine neugierige, indiskrete Linse geraten. Der österreichische "eXXpress" bringt das Bild und macht die Gesichter der Beamten unkenntlich. Die Beamten wollten etwas zeigen (demonstrieren), der eXXpress aber hat so wenig Respekt vor ihnen, daß er ihnen die Demonstration verbietet. Und so ganz nebenbei macht er auch noch Stimmung gegen "linke Aktivisten", welche die nackten Gesichter von Menschen öffentlich gemacht haben.

Wieviel Scheiße muß man eigentlich in die Hirne von Redakteuren schaufeln, damit die auf so was kommen? Wie weit geht der Hirnfraß noch?

Zum Thema "Schabernack mit Bildern" fällt mir manchmal das epochemachende Gemälde Das schwarze Quadrat von Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch ein.

Bei der Gelegenheit muß ich kleinlaut etwas einräumen: Als ich seinerzeit erstmals von Herrn Malewitsch und seinem schwarzen Quadrat gelesen habe, habe ich die Erzählung in meiner kindlichen Einfalt für grellen Schabernack gehalten. Daß jemand ein durchgehend schwarzes Quadrat als Kunstwerk verkauft hat, nimmst du vielleicht noch achselzuckend hin, es wird dir soviel wirres und wirrstes Zeug als genial aufgeschwatzt. Aber daß der Maler dann auch noch Malewitsch (Paint O'Witch) heißt ist eine Scherzumdrehung zu viel, dachte ich jedenfalls.

Es war natürlich kein Scherz, sondern Kunst. Kunst ist, wenn man trotzdem lacht.

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