Früher, als meine Oma alt war, ich aber nicht, habe ich es so gehalten, daß ich mir das Beste an einer Mahlzeit für zuletzt aufgehoben habe. Das Beste als krönender Abschluß.
Einmal allerdings ist eine Tragödie passiert. Im Gegensatz zur Zubereitung der bayerischen Blut- und Leberwürste in der Wikipedia haben wir die schlesischen Blut- und Leberwürste in der Pfanne gebraten, so daß die Wursthaut aus Naturdarm schön knusprig war. Zumindest die Leberwürste waren eines meiner Lieblingsgerichte (und wären es heute noch, wenn ich sie bekäme). Ich habe stets die Fülle säuberlich rausgedrückt und gegessen, während ich die knusprige Haut beiseite gelegt habe. Die nämlich war der krönende Höhepunkt, den ich mir bis zuletzt aufheben wollte. Einmal allerdings habe ich einen Moment lang nicht aufgepaßt und - schwupp! - hatte meine Großmutter die Haut genommen und sie dem Hund gegeben. Auf meinen empörten Aufschrei hin meinte sie, sie habe gedacht, ich wolle die Haut nicht, weil ich sie zur Seite gelegt habe. Säufts.
Inzwischen bin ich alt und meine Oma schon lange tot. Jetzt hat sich mein Verhalten beim Essen umgedreht, jetzt esse ich das Beste zuerst. Es hat eine Weile gedauert, bis ich drauf gekommen bin, warum. Ich mache das so, weil ich ja in der nächsten Sekunde tot umfallen könnte und dann hätte ich das Beste an dieser Mahlzeit verpaßt.
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