Mit der verletzten Ehre mancher Menschen ist es manchmal eine ganz eigene Sache. So eigen, daß manchmal der energische Schutz vor Beleidigung beleidigender ist als die Beleidigung, vor der man jemanden schützen wollte.
Das glaubst du nicht? Das ist dir zu abstrakt, zu allgemein? Dann laß dir eine Geschichte erzählen.
In den frühen achtziger Jahren, als Franz Josef Strauß noch über die Erde wandelte, als wäre er einer von uns, gab es im Allgäu eine Rock-Band namens "Checkpoint Charlie". Auf YouTube gibt's noch ein bisserl Musik von den Jungs, mein Geschmack ist es nicht, genaugenommen ist in meinen Ohren diese Musik so grottenschlecht wie die ganz überwiegende Mehrheit der Rock-Musiknummern grottenschlecht ist. Wie auch immer, wenn die Band nicht gerade musizierte, züchtete sie auf ihrem Bauernhof Schweine. In sich schlüssig also, daß die Buben sich aus Pappe und Pinselstrich eine Sau bauten, diese Papp-Sau dann zu ihrem Wappentier ernannten und - ach ja! - auf den Namen "Franz Josef" tauften. Bei ihren Bühnenauftritten stellten sie ihr Maskottchen jeweils vor der Bühne auf.
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Eines Tages wurden sie angezeigt und ein Kemptener Staatsanwalt verfaßte eine Anklageschrift, in welcher er u. a. schrieb: "Zur Erklärung sagten sie dem Publikum, das sei ihr Maskottchen Franz Josef. Irgendeine Ähnlichkeit mit einem lebenden Schwein sei rein zufällig. Die Angeschuldigten brachten dann einen Textvorschlag, in dessen Refrain es heißt: 'Franz Josef, die Sau, Franz Josef, die alte Sau, Franz Josef, das geile Schwein'. Dies bezog sich, wie für jeden Zuschauer offenkundig (!!!; T. R.) war, auf den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Franz Josef Strauß."
Hm. Der Staatsanwalt wollte mit diesem letzten Satz sagen: "Bleibt mir mit dem allerunvergeßlichsten Bart-Kaiser Franz Joseph I. von Österreich (Sissi, eh schon wissen) vom Hals. Das einzige geile Schwein, die einzige alte Sau, die ich kenne und die auf den Namen Franz Josef hört, ist der bayerische Ministerpräsident." Ohne diese Logik bliebe der letzte Satz ohne Sinn.
In einer aufsteigenden Vision sah ich damals den alten Atheisten Sigmund Freud neben dem Lieben Gott sitzen, sah, wie die beiden kicherten und sich in die Seiten pufften. Amüsiert warteten sie darauf, daß der eifrige Staatsanwalt ob seiner respektlosen Assoziationen einen gehörigen Anschiß von ganz oben bekommt. Passiert ist damals nichts und jetzt ist der damalige Staatsanwalt längst pensioniert oder tot.