Als mein ältester Sohn zehn Jahre alt war, geschah es, daß er eines Morgens hektisch und ganz offensichtlich suchend im Haus hin und her läuft, die Treppe rauf und gleich wieder runter. Die Hektik ist verständlich, es ist nämlich hoch an der Zeit, daß er endlich das Haus verläßt, um den Zug noch zu erreichen.
"Was suchst du denn, Basti?", frage ich ihn und bekomme keine richtige Antwort, allenfalls einen unwilligen Grunzlaut. "Was du da suchst, Basti?" wiederhole ich meine Frage, denn ich ahne nichts Gutes. Das Spiel ist bekannt. Unwillig gibt Basti schließlich zur Antwort: "Die Schlüssel." - "Welche Schlüssel?" - "Meine Schlüssel." - "Welche von deinen Schlüsseln?" - "Die Schlüssel für das Schließfach." [1]. - "Wo hängen die denn dran?" Und wieder kommt zunächst keine richtige Antwort, nur ein undeutliches, unwilliges Grunzen. "Wo die dran hängen!" wiederhole ich und füge präzisierend hinzu: "Damit ich sie erkenne, wenn ich sie sehe." Weil ich ja wirklich mitsuchen will. - "Die hängen nirgends dran." Oh, mein Gott. Das heißt, die sind einfach irgendwie lose?" - "Die sind in der Tasche drin." - "In welcher Tasche?" - "In der Tasche, die du mir gekauft hast." - "Welche Tasche hab ich dir gekauft?" - "Die schwarze." - "Was für eine schwarze Tasche denn?" - "Das Schlüsseltascherl." - Ach so.
Das Schlüsseltascherl fand er dann selber und zwar in seiner eigenen Schultasche, genau dort also, wo es hingehört.
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[1] Er hatte da nämlich in der Schule seit einigen Wochen ein Schließfach, wo er Sachen, die er grad nicht braucht und die ihn eher behindern, wegsperren kann. Heute ist Schulsportfest, sie müssen aber sicherheitshalber trotzdem die Schulsachen mitnehmen. Klar, daß er den Schlüssel braucht.