Vor einigen Jahren war mir mein Umhängetascherl abhanden gekommen, jenes unsagbar häßliche Ding aus Plastik, schwarz-blau-weiß.
Hatte ich es beim Micky liegen gelassen oder bei der Gabi? Beide Male eine falsche Spur, wie sich herausstellte. Zuhause habe ich mehrfach alle in Frage kommenden Abschnitte der Wohnung abgesucht - nix.
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Tags darauf dann - wie meist bei einer gänzlich anderen Tätigkeit - ist die Tasche wieder aufgetaucht. Sie hing an der Innenseite der Badezimmertür, dort also, wo sie hingehört und wo ich mit Sicherheit mehrfach nachgeschaut habe.
Ich bin jetzt gespannt, wo die Packung Würfelzucker auftauchen wird, die ich seit einigen Tagen vermisse. Erfahrungsgemäß tauchen verschwundene Dinge dann wieder auf, wenn ich mir Ersatz verschafft habe. Das Universum verspottet mich, so habe ich immer öfter den Eindruck.
Du hast ein Bild von Dingen auf deiner Netzhaut, aber dein Gehirn nimmt dies Bild nicht wahr. Früher, als die Welt zwar auch nicht mehr gut, aber doch besser war, hat der Fachmann so etwas Hysterische Blindheit genannt.
Du kennst das Phänomen wahrscheinlich aus eigener Erfahrung. Du suchst etwas und findest es nicht und nicht und du findest es dann etwas später genau dort, wo du zuvor mehrfach nachgeschaut hattest. Bei einem unansehnlichen Umhängetascherl von schmutzdunkler Farbe kann so was leicht passieren, wirst du sagen. Was aber, wenn du ein Auto, das im strahlenden Sonnenschein steht, nicht siehst, obwohl es da ist?
Ich stelle mein Auto oben auf dem Parkdeck des Einkaufscenters ab und kaufe unten in der Mall etwas. Ich habe mir genau gemerkt, wo mein Auto steht, denn ansonsten bestünde die Gefahr, daß ich es nicht mehr wiederfinde, ich kenne mich. Daß es gestohlen würde, befürchte ich weniger, denn mein Auto hat eine Psychologische Wegfahrsperre: Das Auto ist 16 Jahre alt und man sieht es ihm an. Wer klaut schon so eine alte Kiste?
Als ich nach einer knappen halben Stunde vom Einkauf zurückkomme ist der Wagen weg. Ich habe mir, wie gesagt, genau gemerkt, wo ich das Auto geparkt habe, zudem liegt das Parkdeck im strahlenden Sonnenschein. Damit nicht genug: Das Parkdeck ist an diesem Tag sehr übersichtlich, es parken so wenige Autos, daß man ein bestimmtes Auto gar nicht übersehen kann. Dennoch: Mein Auto war nicht da, desgleichen keine Maus, die deswegen einen Faden hätte abbeißen können.
Doch halt! Könnte es vielleicht sein, daß ich mir den Standort meines Wagen nicht richtig gemerkt habe? Daß ich also 1 Depp bin, der manchmal nicht weiß, was er tut? Ich ziehe dies - wie schon so oft zuvor - in Erwägung und gehe das ganze obere Parkdeck ab, finde aber mein Auto nicht.
Schließlich gehe ich schweren Herzens zur Polizeiinspektion im Minoritenweg und melde den Diebstahl. Ich erwähne auch meine Zweifel an einem Diebstahl, so daß ich dann im Streifenwagen Platz nehmen darf. Wir fahren in das Parkhaus, in die oberste Ebene, genau dorthin, wo ich mein Auto abgestellt hatte. Und da stand es dann, es war nicht aufgebrochen worden, es stand einfach nur da.
Diese Geschichte habe ich nicht erfunden, Alder ischwör.