Garn und Un-Garn - Wo ist der Diktator wennst mal 1 brauchst?

Vor ein paar Jahren haben meine Schwester und mein Schwager zur Feier ihrer Verrentung eine Linienfahrt auf der Donau nach Ruh Mäh Nie! En gemacht. Ich spreche von "Linienfahrt", denn eine Fahrt einen Fluß hinab kann man schlecht Kreuzfahrt nennen, zum Kreuzen hat's da nicht den nötigen Platz, nicht auf der popeligen Donau jedenfalls. Anders sieht es natürlich bei - zum Beispiel - den sibirischen Strömen aus. Als ich noch der Waldbauernbub war hab ich die sechsteilige Verfilmung des Romans "So weit die Füße tragen" angeschaut, das war damals (zumindest für's deutsche Fernsehen) ein Monumentalprojekt. Der Filmheld flieht in den späten Vierziger Jahren aus einem Kriegsgefangenenlager im äußersten Osten der Sowjetunion (also fast schon in den USA) und kommt irgendwann an's Meer. Er freut sich wie Hulle (ich weiß bis heute nicht, warum), bis er merkt, daß das sogenannte Meer Süßwasser führt. Er kommt zum Schluß, es müsse sich um den Strom Anadyr handeln, den kleinsten der sibirischen Ströme, der in's Beringmeer mündet, nicht in's Eismeer wie die größeren sibirischen Ströme. Der Romanheld Clemens Forell hatte sich unter anderem deshalb täuschen lassen, weil das andere Ufer nicht zu sehen war.

Wo war ich stehengeblieben? Ah: Weil heutigentags kein Schwein mehr die Zeit und die Geduld hat, auf der Donau auch noch bergwärts zu fahren und sich deshalb die Tickets für eine solche Fahrt so schwer verkaufen wie gequirlter Scheibenkleister, zerlegt man an der Mündung in's Schwarze Meer die Schiffe in handliche Einzelteile und transportiert sie mit traditionellen Treidelschiffen zurück nach Regensburg. Die Passagiere treten die Heimreise per Flugzeug oder Bahn an. Meine Schwester und mein Schwager reisten mit der Bahn und waren auf dem Weg von Rumänien nach München für einige Stunden in Budapest. Sie standen am Ufer der hochwasserführenden Donau und blickten auf den reißenden Fluß, in dem neben Ausflugsschiffen immer mal wieder auch ganze Baumstämme - und keine kleinen (!) - schwammen. Nach einer Weile meinte mein Schwager, Ingenieur, wie meine Schwester, er wundere sich, warum man bei diesen wirklich gefährlichen Wasserverhältnissen weiter die Schiffe fahren ließe.

Wenige Stunden später ist dann das Unglück mit 28 Toten passiert. Der Kapitän des für das Unglück verantwortlichen Schiffes ist seinerzeit verhaftet worden, man warf ihm gravierende Fehler vor. Daß er trotz Verbotes gefahren sei, warf ihm keiner vor, denn es gab nämlich kein Verbot.

König Victor I. [1] gibt sich gerne als Garant für Sicherheit und Recht und Ordnung aus. Wennst du aber mal wirklich einen Diktator brauchst, ist keiner da. Wahrscheinlich dürfen im anarchodiktatorischen Ungarn die Dackel ungestraft auf's Pflaster scheißen.

Ach!

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[1] Gleich nach Attila das Entsetzlichste, das Ungarn der Welt geschenkt hat.

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