Gern I und Gern II - Glanz und Ende zweier Gemeinden

Als ich noch der Waldbauernbub war wohnten wir in der Gemeinde Gern I, dachten aber, in der Stadt Eggenfelden zu wohnen. Das kam daher, daß unsere Postanschrift - Pfarrkirchener Straße 30c, Eggenfelden - suggerierte, wir würden in Eggenfelden wohnen, während Eggenfelden in Wirklichkeit [1] erst westlich des östlichen Gartenzauns der benachbarten Familie Pfefferler anfing. Die Behörden wußten es auch nicht besser, denn die Bürokratie war damals noch nicht erfunden. Als ich dann in die Jahre kam wurde ich aus Versehen in die Volks- und Knabenschule Eggenfelden eingeschult. Dort ist der Fehler aufgefallen und ich mußte die folgenden drei Schuljahre in der Volksschule Gern verbringen. Die Volksschule Gern war eine vierklassige Volksschule, jeweils zwei Jahrgänge wurden zusammen in einer Klasse unterrichtet.

Die Volksschule Gern gibt es längst nicht mehr, so wenig wie es die Gemeinde Gern noch gibt. Früher, als die Welt zwar auch nicht mehr gut, aber doch besser war, gab es dagegen sogar zwei Gerns. Die Gemeinde Gern I bestand aus vier Ortschaften, im Jahr 1961 hatte die Gemeinde 861 Einwohner und eine Fläche von 222,4 Hektar. Gern II, die ländliche Version von Gern, bestand aus 21 (!) Orten, im Jahr 1961 hatte die Gemeinde 252 (!) Einwohner und eine Fläche von 482,48 (!) Hektar. Der Gemeindesitz von Gern II war zu dieser Zeit in Oberdax, damals hatte fast jeder Einödhof seinen eigenen Bürgermeister. Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurde die Gemeinde 1972 aufgelöst und in die Gemeinden Eggenfelden und Hebertsfelden eingegliedert.

Aber, klar, kein Schwein interessiert sich heute noch für die weiland Gemeinden Gern I und II, es hat sich schon damals kein Schwanz außerhalb von Gern I und II für Gern I und Gern II interessiert.

______________________________________

[1] Eigentlich müßte man ja sagen und schreiben "in Amtlichkeit".

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

6 Kommentare

Mehr von Theodor Rieh