Was der Louvre in Paris für Frankreich ist, das ist der Prado in Madrid für Spanien. Und was die Mona Lisa für den Louvre ist, das ist "Der Koloß" von Francisco Goya für den Prado. "Der Koloß" gilt als das Meisterwerk Goyas, der uns noch so viele andere Meisterwerke hinterlassen hat. Das Bild ist das Schmuckstück des Prado und es zählt zu einem der am meisten von der Fachliteratur behandelten Gemälde.

Alles Vergangenheit, dies. Denn, wie es im Leben manchmal so geht: Vor einiger Zeit entdeckte man in einer Ecke des Bildes ein verstecktes Kürzel, das Experten als die Initialen "AJ" identifizierten. Das Bild ist inzwischen 200 Jahre alt und der Laie frägt sich natürlich, wieso diese Entdeckung nicht schon längst gemacht worden ist. Immerhin ist der Koloß eines der bestdokumentierten Werke der Kunstgeschichte. Legionen von Experten haben im Laufe von 200 Jahren das Bild sehr, sehr genau untersucht, kunstgeschichtlich, kunsttheoretisch und natürlich auch naturwissenschaftlich.

Wie auch immer:

Das Kürzel "AJ" deutet nicht auf Francisco Goya hin, das wurde selbst den Experten klar, sondern vielmehr auf Asensio Juliá, einen Schüler Goyas, der - klar - auch in Goyas Werkstatt gearbeitet hat.

Und nun gingen den Experten die Augen auf: Das Prado-Museum veröffentlichte ein Gutachten, das ein Team von Experten verfaßt hatte, welche den "Koloß" mehre Monate lang untersucht hatte (ntv-de vom 26.01.2009). Das Werk passe nicht zum Stil Goyas hieß es dort und: "Es gibt markante Unterschiede zwischen dem "Koloss" und den Meisterwerken Goyas, deren Urheberschaft dokumentiert ist. (...) Bei richtigem Licht betrachtet wird deutlich, dass die dürftige Technik, das Licht und die Farbtöne nicht dem Niveau Goyas entsprechen." Die Gutachter hoben ferner hervor, dass das Gemälde perspektivische Fehler aufweise, die einem Perfektionisten wie Goya niemals unterlaufen wären.

Das sind starke Worte, kühne Worte. Dem großen Meisterwerk Goyas, das zu den bedeutendsten Meisterwerken der Malerei gezählt wurde, wird nun auf einmal "dürftige Technik" nachgewiesen, man findet jetzt plötzlich Fehler in der Perspektive, die einem Perfektionisten wie Goya niemals unterlaufen wären. Waren die Leute vorher alle blind gewesen?

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