Heidegger, Sprache und Gott
Aus einem gewöhnlich gut informierten Kreis (Moses) verlautete, es habe Gott die Zweit- und Drittsprachen erfunden, weil er wegen eines Hochbauprojekts ohne Genehmigungsverfahren stinkegrantig war. Im Vollrausch und weil die Westfranken ihn beständig "Lui" nannten habe Gott dann die französische Sprache erfunden und die davon Befallenen dazu verdammt, zwei, drei, vier, fünf Buchstaben zu schreiben, wo einer gereicht hätte. Der Fluch werde erst dann von ihnen genommen, wenn sie sich entschlössen, "djö" mit drei Buchstaben zu schreiben.
Dies war ein Auszug aus meiner Anfängervorlesung "Religionsgeschichtliche Aspekte der Linguistik". Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten. Während der Vorlesung wird von polyglotten, barbusigen Tempelhuren Wein ausgeschenkt.
Ha, das wird eine wissenschaftliche Sensation, wenn ich die Sprachentwicklung nachzeichne, vom ersten "Grunz" bis zu Martin Heidegger.
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Danke!
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Bei Heidegger fällt auf, daß er immer wieder anhand der deutschen Sprache, und nur der deutschen Sprache denkt. Er leitet Begrifflichkeiten und Gedankengänge aus den Bestandteilen deutscher Wörter ab:
"Unsere Sprache nennt das, was zum Wesen des Freundes gehört und ihm entstammt, das Freundliche. Demgemäß nennen wir jetzt das, was in sich das zu-Bedenkende ist, das Bedenkliche. Alles Bedenkliche gibt zu denken. Aber es gibt diese Gabe immer nur insoweit, als das Bedenkliche schon von sich her das zu-Bedenkende ist. Wir nennen darum jetzt und in der Folge dasjenige, was stets, weil einsther, was allem voraus und so einsthin zu denken gibt: das Bedenklichste. Was ist das Bedenklichste? Woran zeigt es sich in unserer bedenklichen” Zeit? Das Bedenklichste zeigt sich daran, daß wir noch nicht denken. Immer noch nicht, obgleich der Weltzustand fortgesetzt bedenklicher wird. Dieser Vorgang scheint freilich eher zu fordern, daß der Mensch handelt, statt in Konferenzen und auf Kongressen zu reden und dabei sich im bloßen Vorstellen dessen zu bewegen, was sein sollte und wie es gemacht werden müßte. Demnach fehlt es am Handeln und keineswegs am Denken."
(Martin Heidegger, "Was heißt Denken?" )
Die Ableitung von "das Freundliche" aus "der Freund" kann ein Italiener noch nachvollziehen (l'amichevole, amico), wie er nun aber von "denken" (pensare) auf "bedenken" (considerare, riflettere) kommt, bleibt ihm ein Rätsel, dafür braucht es eine Fußnote. Und "bedenklich" (inquietante, preoccupante, allarmante) erschließt sich ihm in dieser Argumentation auch nicht einfach durch... äh, Nachdenken.
Was mir bei Heidegger (und anderen) aber schwer auf den Senkel geht, ist, daß sie gerne Dinge komplizierter formulieren als es sein müßte. Zum Beispiel das hier:
"Das Zeugsein des Zeuges, die Verläßlichkeit, hält alle Dinge je nach ihrer Weise und Weite in sich gesammelt. Die Dienlichkeit des Zeuges ist jedoch nur die Wesensfolge der Verläßlichkeit." (aus "Der Ursprung des Kunstwerks" )
Der letzte Satz bedeutet nichts anderes als: "Wenn du dich auf das Zeug nicht verlassen kannst, nutzt es dir nichts." Warum anmutig springen wie Nurejew, wenn es ein einfacher Schritt nach vorne auch tut?
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Apropos Anmut. "Das Fassende des Fassens ist die Nacht. Sie faßt, indem sie übernachtet. So gefaßt, nachtet das Faß in der Nacht. Was faßt? - Was nachtet? Dasein nachtet fast. Übernächtig west es in der Umnachtung durch das Faß, so zwar daß das Faßbare im Gefaßtwerden durch die Nacht das Anwesen des Fasses hütet. Die Nacht ist das Faß des Seins. Der Mensch ist der Wächter des Fasses. Dies ist seine Verfassung. Das Fassende des Fasses aber ist die Leere. Nicht das Faß faßt die Leere - und nicht die Leere das Faß, sie fügen einander wechselseitig in ihr Faßbares. Im Erscheinen des Fasses als solchem aber bleibt das Faß selbst aus. Es hat sein Bleibendes in der Nacht. Die Nacht übergießt das Faß mit seinem Bleiben. Aus dem Geschenk dieses Gusses west die Fasnacht. Es ist unfaßbar."
Auch das ist Original Heidegger, wenn auch vom Fritz und nicht vom Martin, ihm seinen Bruder, aus einer, man ahnt es, Fasnachtsrede.
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Meine erste Begegnung mit Heidegger hatte als Ergebnis: Der Mann spricht lupenreines Schizophrenesisch. Radikale Kommunikationsverweigerung: Ich sag dir was, aber ich sag dir nicht, was.
Diese ungeheuerliche Diagnose habe ich mir - wer war ich schon? wer bin ich schon? - viele Jahre lang nicht hinzuschreiben getraut. Viele Jahre später habe ich gelesen, der Münchner Psychoanalytiker Paul Matussek habe genau darüber eine ausführliche Arbeit geschrieben und sei zum gleichen Ergebnis wie ich gekommen, wenn auch viel fundierter.