Im Bayerischen Rundfunk gibt es seit inzwischen auch schon wieder zehn Jahren die Kabarettsendereihe "Vereinsheim Schwabing". Ein fester Bestandteil der Sendung ist der gelernte Lateinlehrer Björn Puscha, der sich in der Sendung als Schankkellner und Latin Lover ausgibt. Das Spiel ist immer das gleiche: Die Moderatorin gibt ihm einen Satz auf Deutsch vor und Puscha übersetzt ihn in's Lateinische. Völlig sinnlos, das Ganze, aber mei, den Leuten gfallts.

Wer irgendwann Latein gelernt hat oder auch nur einen Asterix-Film gesehen hat, den irritieren allerdings Teile der Übersetzungen Puschas.

Was, frägst du dich, mag kentum amiki bedeuten und was könnte ein exerkithium sein? Der in der Hohen Zeit des Römischen Reiches lebende Rhetoriker Quintilian hat überliefert, daß man damals die Buchstaben c und t vor den hellen Vokalen e, i und æ (ae) wie ts bzw. z aussprach. Der im zweiten und dritten Jahrhundert lebende Kirchenvater Tertullian hat sich angeblich darüber beklagt, daß man in jüngerer Zeit damit begonnen habe, allerlei Zisch- und Fauchleute im gesprochenen Latein zu verwenden. Die Zisch- und Fauchlaute haben sich durchgesetzt, es hieß in der Folgezeit zentum amitsi und exertsizium, und der merkwürdige lateinische Dialekt, den wir Italienisch zu nennen uns angewöhnt haben hat's in der Zischerei noch weiter getrieben. Dort spricht man von tschentum amitschi und exertschitschium, wenn man Latein spricht und kapputschino sowieso, wenn man sich auf Italienisch ausdrückt. Und wenn sie einen neuen Papst ausgeschnapselt haben und der Generalprotodiakon auf dem Päpstlichen Balkon den Namen des neuen Papstes verkündet, zischt es gewaltig, auch wenn er Latein spricht und nicht Italienisch.

Im Deutschen sprechen wir die lateinischen Fremdwörter wie Exerzitien und Nation ebenfalls im Zischmodus aus, das hat sich im Laufe der Jahrhunderte so eingebürgert. Das war auch all die vielen Jahre weiter kein Problem, denn die Wahrscheinlichkeit, einem lateinischen Muttersprachler aus der Zeit von Kaiser Augustus zu begegnen (der einen dann vielleicht nur schlecht verstehen würde) ist doch eher gering.

Vor ca. 150 Jahren kamen dann einige Dipferlscheißer (Lateinlehrer halt, so sans) darauf, man müßte Latein unbedingt so sprechen, wie man es wahrscheinlich zu Neros Zeit gesprochen hat. Ich habe Latein noch im Zischmodus gelernt, als wir vom Naturwissenschaftlichen Gymnasium in der dritten Klasse Latein zu lernen begannen, kamen die Kollegen vom Humanistischen Gymnasium, die schon zwei Jahre Latein hinter sich hatten und sagten uns den Spruch von Cicero und Caesar im Circus auf: Kikero und Käsar gingen in den Kirkus. Aber auch sie haben letztlich das Zischlatein gelernt, was praktisch ist, denn gemeinhin spricht man um sich verständlich zu machen und weniger, um sich eitel wie ein Pfau zu spreizen.

Ackerdemiker sind, wir wissen es, manchmal ziemlich merkwürdige Leute. Du drehst den Radio auf und ein Professor meint dreist, etwas sei doch loggisch anstatt loogisch, wie sich unsereiner ausdrücken würde, nur weil das griechische Ursprungswort sich wie loggos spricht. Und der andere Narr spricht von Skizzofrenie, weil man schizophrenia im angelsächsischen Sprachraum mit sk spricht. Wieder andere schreiben Quran wenn sie den Koran meinen, getrieben von dem manischen Drange, nicht verstanden werden zu wollen.

Es ist ein Kreuz, gelegentlich.

Heute ist mein Meckertag, ich muß meine Ressentiments wieder mal ein bißchen gießen, auch wegen der aktuellen Hitzewelle.

Das schmalkrempige Hütchen, das der Björn Puscha im Vereinsheim trägt ist in meinem Sprachgebrauch ein sogenannter Narrenhut. Narrenhut deshalb, weil noch jeder, den ich mit so einem Hut gesehen habe, ein Narr war. Überhaupt erscheint mir seit jeher jeder, wirklich jedermann [1]. der in geschlossenen Räumen eine Kopfbedeckung trägt als höchst dubios. Männer mit Hüten in geschlossenen Räumen kannte ich in meiner Jugend nur aus amerikanischen Gangsterfilmen.

Gangster dürfen das, aber Gangster - und überhaupt Amerikaner - sind in jeglicher Hinsicht merkwürdig.

(Ja, okay, die Erschießung von Lee Harvey Oswald durch Jack Ruby hier ist nicht aus einem Spielfilm sondern ein zeitgeschichtliches Dokument.)

Hut im Raum ist fast so aberwitzig wie eine Sonnenbrille in der U-Bahn. Solche Leute setzen sich dem Verdacht aus, sich stylish zu kleiden und also Narren zu sein.

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[1] Frauen sind ein Sonderfall, aber Frauen sind in jeglicher Hinsicht ein Sonderfall.

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