Leute (6) - Der Mislitschek Karl

Der Mislitschek Karl.

Ja, der Mislitschek Karl.

Der Mislitschek Karl hatte einmal vor vielen Jahren beim Tennis... - der Mislitschek Karl hat Tennis gespielt, damals; das waren Zeiten gewesen, bessere Zeiten - der Mislitschek Karl also hat damals einen leibhaftigen Filmproduzenten getroffen. "Du hör mal", hat der Mislitschek zu seinem Tennispartner gesagt, "ich hab da einen riesigen Einfall für einen Film."

"Erzähl", hat der Filmproduzent gemeint, weil er ganz genau gewußt hat, daß ihm der Mislitschek den riesigen Einfall auf jeden Fall erzählen würde.

"Stell dir also", hat der Karl begonnen, "einen schweinemäßig pompösen und wahrlich prunkhaft aufgemotzten Thronsaal im Alten Rußland vor. Alle Fürsten und Großfürsten - und wie das Gschwerl noch heißt - sind in allerprächtigsten Fürsten- und Großfürsten-Kostümen erschienen. Die Tür geht auf und Zar Peter der Große schreitet feierlich herein. Kannst du dir das vorstellen?"

"Kann ich. Den Film kenne ich, glaube ich, auch."

"Spotte nur. Aber hör weiter: Zar Peter schreitet also feierlich eine riesige Treppe (wie seinerzeit in Hollywood und Babelsberg) herab und während er schreitet, fährt die Musik ab. Feierlich erst, zaristisch eben, dann allmählich flotter werdend. Heutig. Das feierliche Schreiten des Zaren wird umso lockerer, je hüpfender die Musik wird, schließlich swingt Zar Peter in den Hüften, beginnt zu tanzen und singt mit der Playback-Stimme von Zar(!)ah Leander:

'Ich bin ein Zar, ein großer Zar,

Mit allen Launen.

So ist Ihr Urteil, meine Herr'n,

Ist es nicht wahr?'

Wahnsinn, was?"

"Jjjj... jaaa", meinte der Filmproduzent etwas zögerlich. "Ein wahnsinnig guter Einfall, Karl. Aber wie geht's weiter? Was ist vorher passiert? Über was geht der Film?"

Das, mußte der Mislitschek Karl - womöglich noch ein Stück zögerlicher als vorher der Produzent - einräumen, wisse er momentan leider auch noch nicht. Aber er werde darüber nachdenken und seinem Tennispartner dann ein Exposé schicken. "Einverstanden?"

Der Filmproduzent war einverstanden und der Mislitschek Karl, der damals ein junger Bursch war, machte sich an die Arbeit. Dann aber lernte er die Vogtmeyer Hilde kennen und hatte keine Zeit. Und als es mit der Vogtmeyer Hilde aus war, hatte er vorerst keine Lust mehr auf Exposés. Und als er wieder Lust hatte, lernte er die Krenz Doris kennen und hatte wieder keine Zeit. Und mit der Krenz Doris fing sowieso das ganze Elend an, dessentwegen er sich jetzt mit Wurfzettelverteilen über Wasser halten mußte.

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