Verkehrszeichenwechsel oder Die Macht der Kunst

Die Älteren werden sich womöglich noch dran erinnern, daß das Verkehrszeichen für "Gehweg" früher so aussah:

Das war so und das war gut so und keiner hat sich dran gestört. Ab Mitte der sechziger Jahre kamen die Kommissar-Beck-Krimis des Autorenpaares Maj Sjöwall und Per Wahlöö heraus und sie wurden auch in Deutschland schnell ein Riesenerfolg. Einer der Romane trug den Titel "Der Mann auf dem Balkon" und handelte von einer Kindesentführung mit sexuellem Mißbrauch und Tötung des Kindes.

Das Titelbild der damaligen Ausgabe bei rororo sah so aus:

Ein Geniestreich des Graphikers; der Zusammenhang zwischen Verkehrszeichen und Photo springt einem sofort ins Auge, noch ehe man weiß, um was es in diesem Roman geht.

Der Roman, oder genauer: das Titelbild zu diesem Roman, hatte Folgen. Relativ bald nach Erscheinen des Buches wurde die graphische Gestaltung des Verkehrszeichens geändert:

Ich habe damals den Verkehrszeichenwechsel live miterlebt. 2010 habe ich diesen Blogbeitrag in der FREITAGs-Community veröffentlicht, ein anderer User hat meine Erinnerung bestätigt: "Kann mich auch noch dran erinnern. Ich fand - als Kind - die Änderung total doof, weil für mich auf dem alten Schild immer mein Vater und ich gewesen waren, er trug auch so einen Hut."

Gut, in Österreich, dem Lande Josef Fritzls (der sich seit Mai 2017 nach einer Zahlung von 546 EUR an den Magistrat der Stadt Krems Josef Mayrhoff nennen darf) ist man da nicht so sensibel. 2010 - über 40 Jahre nach dem Erscheinen der Martin-Beck-Romane und 2 Jahre nach Bekanntwerden von Fritzls... ich sag mal: Eigenheiten sah das entsprechende Verkehrszeichen in Österreich immer noch so aus:

Das Mädchen stemmt sich der Verbringung durch den Guten Onkel entgegen. Aber es hilft nix. Wäre der Gute Onkel ersichtlich ein Tschusch, ein Türk oder Syrier so würde sich in "Fisch & Fleisch" ein Sturm der Entrüstung gegen die Ausländergfraster erheben. Dummerweise schaut der Mann auf dem Schild wie ein Bio-Österreicher aus, weswegen der dumpfboitelige "Fisch & Fleisch"-User zufrieden nickt und genüßlich an seinem Schnitzerl kaut.

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