New York belegt in der aktuellen Mercer Studie nur Rang 44. 43 Schritte höhere Qualität entfernt wurde dem Leben erst jüngst (zum achten Mal in Folge) beschieden, dass es nirgendwo auf der Welt besser aufgehoben sei als in Wien."Dass Wien acht Mal hintereinander als lebenswerteste Stadt der Welt eingestuft wird, ist nur durch den Beitrag aller Wienerinnen und Wiener möglich.[1], so der Wiener Bürgermeister (Häupl). Eine Begegnung in der Wiener U-Bahn brachte mir die Erkenntnis, dass diese Aussage nicht eine bloße Feststellung, sondern vielmehr ein Weckruf ist, adressiert an die Wahrerin des Anstands, den Wächter der Regeln, der in jeder Wienerin, jedem Wiener schlummert.
Es ist Samstag Morgen, der Silberpfeil fährt noch überirdisch, und hat erst eine Hand voll Fahrgäste in den drei Stationen Richtung Stadt der Heiligen eingesammelt. Eine Stimme verkündet den nächsten Halt, das Quietschen der Bremsen wird abgelöst vom Öffnen der Türen. Große braune Augen schauen aus einem Kinderwagen in den Zug, zwei Frauen schieben den Wagen herein, nehmen Platz und parken das kleine Mädchen mit den großen braunen Augen im Gang neben sich.
“Der Platz für die Kinderwägen is durtn.”
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Danke!
“Danke, aber ich habe meine Tochter lieber bei mir.”
“Und waun des olle mochatn? Da kummt jo kana mehr vuabei!”
“Aber ich mache das lieber so.”
“Eh kloa, se glaubn se brauchn se net aun unsare Regln hoitn.”
“Danke, ich bin Juristin, ich kenn mich aus bei Regeln.”
[Zweite Frau versucht zu intervenieren]
“Nein Mama, bitte lass das. Das bringt nicht... Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt.”
“Ihna a, oba eine HEIMFAHRT, zu Ihna z’Haus, vastängans?”
Stille. Ungläubig bin ich Zeuge dieser Situation. Wieso hatte ich diese Berufung nicht gespürt, die Frau über ihr Fehlverhalten aufzuklären, sie über den sicheren und vor allem richtigen, dafür vorgesehenen Abstellplatz von Fahrzeugen zu informieren, sie daran zu erinnern, dass die Basis für ein friedliches Zusammenleben die Einhaltung von Regeln und Gesetzen sind, und ihr als logischer Konsequenz für ihren Gesetzesübertritt Deportation in Aussicht gestellt?
Hätten Sie die Situation richtig gedeutet? War nicht jedes Wort, jeder Satz ein leichtes Kitzeln zunächst, aber letztendlich doch ein Trampeln auf ihren feinen Antennen? Geschärften Verstandes erinnere ich mich der Bilder und versuche eine
Perspektivenerweiterung, um meine Sensoren zu trainieren, damit auch ich eines Tages Superheldenfähigkeiten erlangen könnte:
Es ist Samstag Morgen. Leichter Nieselregen wird nur von seltenen Sonnenstrahlen durchbrochen. Sehr super. Mitten im Sommer, und kalt ist es auch noch. Der Silberpfeil braucht heute wieder ewig, aber wenigstens fährt er. Da heraußen ist er ja noch überirdisch, “Hatschi”, geh bitte Sonne, und finster wird es erst beim Naschmarkt. Kann das sein, da hat ein Mann zuerst seine Hand einem Anderen auf den Oberschenkel gelegt? Voller unnötiger Fahrgäste schon wieder, die in den drei Stationen Richtung Stadt eingestiegen sind. Alles Sünder, da gibt’s keine Heiligen. Eingesammelt und heimgeschickt gehören die alle, sagt meine innere Stimme laut und klar, so wie es der Heilige Christian verkündet, wir müssen denen allen im nächsten Oktober Einhalt bieten, das wird ein Quietschen geben in Rot und Schwarz, jeder weiß, jetzt hilft kein Bremsen, Willkommenskultur wird endlich abgelöst, weg vom Öffnen der Türen für die Asylbetrüger. Schau an, schon wieder sind es große braune Augen die hereinschauen aus einem Kinderwagen. Ausländer, Touristen steigen um die Zeit sicher noch nicht in den Zug. Die zwei Frauen werden doch nicht den Wagen zu mir her schieben? Stellen das Gschraz mitten in den Wagen herein, und nehmen allen den Platz weg, die da vorbeigehen und sich hinsetzen wollen. Braunschweiggasse. So ein Blödsinn, ich muss was sagen. Die brauchen gar net großartig parken, sondern sollen das kleine Mädchen mitsamt den großen braunen Augen schnappen und Heim fahren. Gang einlegen, Abmarsch. Da kann ich nicht nur daneben sitzen. Waun i des scho sich.
Welch Erleuchtung. Lebenswert, den es zu verteidigen gilt. Wenn in Gotham City, der Dark Knight Unrecht bekämpft, so ist er ein einsamer Superheld, einer gegen viele, der einen Scheinwerfer braucht, um in Aktion zu treten. Auf der Suche nach Superhelden verlassen wir uns in Wien aber nicht auf Ritter in glänzender Rüstung, auf einen dunklen schon gar nicht. Wir tragen die Berufung in uns. Herr Bürgermeister, wir sind bereit.
[1] https://www.wien.gv.at/politik/international/wettbewerb/mercerstudie.html