David Bowie stirbt und viele trauern, fast als hätten sie einen persönlichen Freund verloren. Kaum jemand scheint es ähnlich tief zu treffen, wenn im eingeschlossenen Madaja (Syrien), Kinder verhungern. Nach den Anschlägen von Paris im November 2015 steht die gesamte westliche Welt unter Schock. Wenn in Jakarta ähnliches abläuft, registrieren wir die Nachrichten, als wäre das eben so wie es ist, in der terrorisierten Menschenwelt des Jahres 2016. Das Ausmaß an Leid sollte in allen diesen Fällen auf ersten Blick ähnlich sein. Jeder Mensch ist gleich viel wert. Kein Wunder also, dass sich so mancher fragt, wie das sein kann, dass man das Leid des Einen höher gewichtet als ein anderes?
Emotionale Verantwortung
Wenn das Ausmaß an Betroffenheit und Mitgefühl nun zugunsten der einen oder anderen Tragödie ausfällt, zeugt das also kaum von hoher Menschlichkeit, findet so mancher. Was man vergisst, wenn man so urteilt, ist dass der Mensch kein Logik-Roboter ist, sondern ein emotionales Wesen. Und was kann der Mensch für seine Gefühle? Gefühle überkommen uns, sind impulsiv, sind oft nicht rational zu begründen. Und schon gar nicht rational steuerbar. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass das, was uns näher steht, uns mehr berührt – so wie uns Objekte greifbarer sind, wenn sie uns nahe sind.
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Und das ist nicht nur auf zwischenmenschlicher Ebene so. Mag sein, dass wir David Bowie nie persönlich getroffen haben – seine Musik berührte uns umso mehr. Es ist keinem vorzuwerfen, die Musik, die einen mitunter jahrzehntelang begleitet hat, die vielleicht bei höchst emotionalen Momenten lief und so untrennbar verknüpft wurde mit Erinnerungen, besonders stark zu spüren. Auch nicht, dass diese Momente verknüpft werden mit dessen "Urheber" - und dann Trauer auslösen, als wäre er selbst dabei gewesen, wie als Teil dieser unvergesslichen Lebensmomente.
Ist der Mensch zu globalem Altruismus fähig?
Die Stiftung für effektiven Altruismus hat auf ihrer Facebook-Page heute berichtet und kritisiert, dass die Schweizer Bevölkerung nach einer Studie zur Vermeidung eines Strassentoten, 5,1 Millionen Franken bezahlen würde. Demgegenüber „kostet es in armen Ländern 3000 Schweizer Franken, ein Kind vor Malaria zu retten.“ Angesichts dieser Zahlen erscheint es offensichtlich, dass der Mensch aufgrund seiner Emotionalität kaum zu grenzenlosem Altriusmus in der Lage sein kann. Der Mensch braucht einen greifbaren Bezug, um Mitgefühl und Leid in selbstlose Hilfe kanalisieren zu können.
So muss man verstehen, dass viele Europäer die christliche Maxime „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ allzu wörtlich nehmen, ob sie wollen, oder nicht. Als – wenn auch schwacher - Trost mag hier gelten, dass eine solche Studie durchgeführt in einem Entwicklungsland wohl ebenso eher zugunsten der Nächsten, also der Mitbürger, als zugunsten ferner fremder Länder und ihrer Bürger ausfallen würde.
Was mir viel eher bemerkenswert an dieser Studie erscheint, ist die Tatsache, dass offenbar der Wert eines Menschenlebens in Geld gemessen wird – auch das ist eine Aussage, die sehr viel aussagt. Zumindest über die westliche Gesellschaft.
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf meinem Blog unter: Mitgefühl in Zeiten der Globalisierung