Es ist schon einige Jahre her, da reiste ich als 25jähriger Student durch Japan. Schließlich gelangte ich auch in eine Jugendherberge in Osaka. Ich befand mich gerade mit Gordon, einem Kanadier, im Aufenthaltsraum als eine Japanerin eintrat. Sie war etwa Mitte 30, also eine für meine damaligen Verhältnisse „ältere Frau“.
Sie erzählte uns in sehr schlechtem Englisch etwas in der Art, dass sie von einem Verein käme, der Freundschaften zwischen Japanern und „Gai-Jin“ (japanisches Wort für „Ausländer“) pflegen würde. Wir sollen doch mit ihr mitkommen, damit sie uns mit den anderen Mitgliedern des Vereins bekannt machen könne.
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Ich wusste , dass Japan eines der sichersten Ländern mit einer extrem niedrigen Kriminalitätsrate war, und bisher waren alle Japaner, denen ich begegnet war, total ehrlich und freundlich gewesen.
Wir fürchteten also nicht, dass man uns vielleicht ausrauben oder gar ermorden wollte. Oder hatte die Dame etwa vor, uns sexuell zu bedrängen? Auch diese Möglichkeit bereitete uns kein relevantes Unbehagen. Da wir Zeit hatten, gingen wir also mit, neugierig, was uns nun erwarten würde.
Sie führte uns per S-Bahn zu einem Vorort Osakas, und dort wiederum zu einem Haus.
Darin sah ich lauter Japaner im Kreis am Boden sitzen. Sie verbeugten immer wieder, ihr Haupt und stießen dabei ständig wiederholend Laute hervor, die sich für mich so ähnlich wie „halali ! halali!“ oder „harari! Harari!“ anhörten.
Mir war jetzt klar, dass wir bei irgendeiner Sekte gelandet waren.
Wir wurden von der Gruppe freudig begrüßt, und nun eröffnete uns unsere Begleiterin in ihrem schwer verständlichem Englisch, worum es ging:
Sie seien Christen, so wie Gordon und ich vermeintlich. Aber sie seien so eine Art wahre ursprüngliche Christen. Der Weltuntergang, das jüngste Gericht würde bald kommen, und dann wäre nicht für alle Menschen Platz im Himmel. Dann zeigte sie uns ein Buch, eine Art Gästebuch, mit vielen Unterschriften und Zeichen und Symbolen darin.
Wenn wir uns in diesem Buch eintragen würden, wären wir gerettet. Wir hätten dann „Passport for Heaven“
Ich erwiderte: „But i do not believe in this!“
Doch sie meinte, dass es nicht nötig sei, dass ich daran glaube, ich solle mich doch nur bitte in das Buch eintragen.
„Also wenn´s weiter nichts ist, mach ich ihr halt die Freude...!“ dachte ich mir, und schrieb meinen Namen in dieses Buch, und nachdem es in Japan offenbar Sitte ist zur Unterschrift auch noch ein Zeichen hinzu zu setzen, zeichnete ich eine schöne Katze (auf Japanisch und chinesisch „Mao“) dazu, da dies mein Lieblingstier ist .
Alle jubelten und umarmten mich.
Plötzlich kam auch ein Pastor und legte mir einen Taufkittel an. Sie fuhren mich in einem Mitsubishi Kleinbus ca. 500meter weit zu einem Fluss, wo ich dann schließlich nach allen Regeln der Kunst getauft wurde (das zweite mal in meinem Leben).
Es war Juni, und eine Affenhitze in Osaka, sodass die Taufe im Kühlen Wasser angenehm erfrischend war.
Der Pastor und die anderen Sektenmitglieder waren ganz euphorisch, sodass es sie auch gar nicht verstimmte, dass Gordon verweigerte, sich ebenfalls taufen zu lassen. Sie waren total glücklich eine neue Seele (noch dazu die eines echten„Gai-Jin“) für ihren Verein und ihren Gott eingefangen zu haben.
Sie brachten uns schließlich wieder zum Bahnhof, kauften unS Fahrkarten und gaben jedem von uns ein Jausenpaket mit, und verabschiedeten sich sehr freundlich.
Hat nun diese Taufe eine Gültigkeit ?
Ich bin zwar kein Experte für Kirchenrecht, aber ich nehme mal an, nein .
Warum sollte es einen Bund mit einem Gott, oder überhaupt irgendetwas Verbindliches bewirken, bloß weil ein Haufen Spinner daran glaubt, wenn mir einer Wasser über den Kopf gießt und dabei ein paar für mich unverständliche Formeln herunter betet ?
Ich hatte es ja auch nicht ernst genommen, und auch nicht einmal genau verstanden worum es ging und woran diese Sekte glaubt, eine Sekte, die vielleicht gar nicht offiziell anerkannt ist?
Doch warum sollte meine erste Taufe hier in Österreich mehr Gültigkeit haben ?
Bei meiner zweiten Taufe war ich immerhin volljährig und geschäftsfähig. Ich hätte das Zeremoniell auch verweigern können, und habe aber freiwillig mitgemacht.
Bei meiner ersten Taufe war ich aber weder geschäftsfähig noch zurechnungsfähig. Ich war noch gar nicht fähig, mein Einverständnis zu meiner Taufe zu geben, oder überhaupt zu begreifen, was mit mir geschah.
Auch ist es nicht verrückter an einen Weltuntergang und an ein Paradies mit begrenzten Plätzen zu glauben, alsO an einen Gott, und ihn zu lieben und anzubeten, der mit seiner Sintflut fast alles Leben auf der Erde ermordet hatte.
Ja, da hatte ich mit meiner zweiten Taufe doch viel mehr Freude und messe dieser immer noch deutlich mehr Relevanz zu als meiner ersten Taufe.
Und falls mir der Gott der ersten Taufe zürnen und mit Höllenfeuer drohen sollte, so kann mir nichts mehr passieren, denn ich habe ja nun meinen „Passport for heaven“ J