Ich bin das Gegenteil eines „Grünen Daumen“. Gewesen. Bis D. kam. Meinen Balkon begrünte - und mir Erdbeeren mit Blick auf die Mariahilfer Straße bescherte.
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Jedes Stück braucht ein Gegenstück. das gilt auch beim Gärtnern. Wenn der „Grüne Daume“ Jing ist, bin ich Jang: Wenn Sie Stauden sterben sehen wollen, holen Sie mich. Zum Blumengießen: Wo ich auf Vegetation losgelassen werde, wächst kein Gras mehr. Im Wortsinn. Ich habe keine Ahnung wieso: Ein wandelnder Entlauber zu sein, ist keine Leistung. Keine, auf die ich stolz bin.
Es ist nicht so, dass ich Pflanzen per se nicht mag. Aber: Irgendwann habe ich resigniert - und meine hortensischen Aktivitäten auf Axt und Motorsäge beschränkt. Denn ob die Ligusterhecke im Garten meiner Eltern dünner und dünner wurde, weil ich mit der Heckenschere drüber ging, will ich nicht ergründen. Fakt ist, dass der Kirschbaum aufhörte, Frucht zu tragen, als ich alt genug war, zu kraxeln.
Sie verstehen?
Nun ist es aber so, dass ich keineswegs auf ein Leben mit und zwischen Pflanzen verzichten möchte. Schließlich verfügt meine Bleibe über einen der im klassischen Wiener Altbau raren, weil straßenseitigen, Balkone: Eineinhalb Quadratmeter klein, bauchig. Als mir der Vormieter die Wohnung präsentierte, stellte er sich auf den kahlen Balkon und erklärte: „Das wäre der ideale Raucherbalkon. Ich habe mir sogar überlegt, ob ich nicht eigenes mit dem Rauchen beginnen soll, damit er eine Funktion bekommt.“
Ich zog ein, rauchte nicht - und saß am Balkon. Freunde meinten, ich würde für meinen Seniorenjob als Gemeindebau-Hausbesorger trainieren. Die earen nur neidig.
Dann kam D. Eine gute Freundin. Und Gärtnerin. Ein pflanzenloser Balkon ist für sie wie ein Smartphone ohne Sim-Card. Kaffee ohne Wasser. Oder … egal. Auf alle Fälle arg. Ein No-Go. Respektive ein „No-Stay“.
D. legte also los. Ich hatte, als sie begann, Angst: Würde ich überhaupt noch auf den ohnehin zwergenkleinen Balkon passen? Aber siehe da: Der Raum wuchs sogar: D. begrünte nicht den Balkon, sondern Geländer und Drumherum. Bald begannen die Stauden, sich selbständig zu machen. Zu ranken. Zu schlingen. Zu wuchern. Zu wachsen. Frucht zu tragen: Nach zwei Monaten erntete ich. Erdbeeren. Mit Blick auf die Mariahilfer Straße.
Der Himmel in Balkonien: Bobo-Hausmeister mit Blick, Grünraum und Erdbeeren. Trotzdem hatte ich Angst: Angst um die Pflanzen. Ich musste gießen - D. hatte nur angepflanzt. Aber ich solle, hatte sie gesagt, mir keine Sorgen machen: Sie habe die Pflanzen „gebrievt“.
Ich beschloss, die kurze Zeit im Grünen zu genießen. Aber irgendetwas war anders. Die Pflanzen lebten. Überlebten. Sogar meine Pflege. Keine Ahnung wieso. Die Pflanzen metastasierten sogar. Über meinen Balkon - zur Nachbarin. Wären an der Altbaufassade mehr Erker oder Balkone als unsere gewesen, hätten sich die Triebe auch dorthin ihren Wege gebahnt.
Meine Nachbarn ließen sich überzeugen. Nicht von mir. Von den Pflanzen: Erdbeeren in Mariahilf? Na klar doch!
Irgendwann winkte ein Nachbarn von der anderen Straßenseite: Ob das tatsächlich Erdbeeren seien? Zwei Tage später stand D. am Balkon gegenüber. Ab dann wucherte es auch dort. Und dann hielt der Nachbar stolz eine Erdbeere zwischen Daumen und Zeigefinger. Mittlerweile ist sein Balkon grüner als meiner. Das zuzugeben ist nicht leicht.
Das Grün macht Schule. D. überlegt, aus der Erdbeer-Balkon-Kiste ein Urban-Gardening-Start-Up zu basteln. Und auch ich werde übermütig: Eine Bekannte behauptet nämlich, dass es möglich sei, den Eigenbedarf an Paradeisern in einem einzigen Balkonkisterl zu ziehen.
Das will ich sehen. Und zwar auf meinem Balkon in Mariahilf.
Fotocredit: Fotolia, savoieleysse
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