Das ist jetzt kein guter Start. Immerhin soll es hier ja um Sport gehen. Jedermannsport (Ja eh: Auch Jederfrausport.) Nichtspitzensport. Sondern Normalosport. Selbermachsport.

Weil der gesund ist. Gesund macht. Gesund hält. Und so weiter. Angeblich. ...

Da dann mit: „Ich lieg grad halbgrippig im Bett“ einzusteigen, ist nicht so suprig. Macht keinen schlanken Fuß. Obwohl?

Obwohl. Schließlich ist Grippezeit. Genauer: Grippalerinfektzeit. Da können einen schon mal Dröhnschädel, Kratzhals und Schwächegefühle beschleichen. Oder befallen. Außer Ruhe geben und Tee trinken nutzt da genau Eines: Ruhe geben. Und Tee trinken.

Natürlich ist das öd. Und blöd. Und schlecht fürs Ego: Die Welt da draussen kann sich ja unmöglich weiter drehen, wenn ich nicht antauche. Die Firma, die Kollegen, das Universum, die Schwerkraft - wies soll das ohne mich funktionieren? Ohne mich geht nix. Und drum geh ich - schniefend, rotzend, wacklig - trotzdem in die Fabrik: Ich werde gebraucht.

Ich - der Held der Arbeit.

Ich - der Retter von Workflow und Prdouktivität.

Ich - der, den nix umhaut.

Was mich einen oder zwei Tage außer Gefecht gesetzt hätte, nietet nach ein paar derart „heroischen“ Tagen nicht nur mich dann für eine Woche um, sondern fährt ringsum reiche Ernte ein: Ein schlauer Chef schickt halbkranke Mitarbeiter nach Hause. Nicht, weil er sie nicht braucht. Er weiß, dass der Ausfall den der Halbkranke durch „Anhiasln“ verursacht, schwerer wiegen wird.

Nur ist der Chef ja noch unverzichtbarer als ich. Drum sitzt er seit einer Woche selbst so da. Dröhnschädel. Glänzende Auge. Kratzstimme. Die Kleenexbox neben der Aspirin-C-Metavirulent-Wasauchimmer-Batterie am Tisch: Held der Arbeit. Vorbild. Vollidiot.

Was das mit Sport - also Selbermachsport, bei dem es um nix geht - zu tun hat?

Nix. Alles. Weil das beim Sportmachen genauso funktioniert. Aber heftiger in die Hose gehen kann: Eigentlich sollte ich jetzt gerade auf der Marswiese sein. Lauftraining. Intervalle. Maximalbelastung-Entlastung-Maximalbelastung-etc …  Da ist man nachher schön ausgepowert. Spürt die Beine. Die Pumpe. Und weiß, dass man was gemacht hat. Nachher.

Auch wenn man währenddessen flucht: Nachher ist das geil. Außerdem bringt es mich weiter. Will ich also darauf verzichten? Wegen einer leichten Verkühlung? Diesem Nano-Halskratzen & Schädelweh? Dem bisserl Naserinnen & Michwackligfühlen? Geh bitte. Das drück ich weg. Wenn ich so arbeiten kann, kann ich so auch trainieren. Oder?

Oder. Zum Glück gibt da wen, der das Fragezeichen hinter „Oder“ zum Rufzeichen klopft. Mir an die Stirn tippt. Wörter wie „Myokarditis“ ausspricht. Wissend, dass das nicht hart genug ist, drastisch-plastisch wird. Und mich an vor zwei Wochen erinnert. Da war nämlich Wettkampftag. Halbmarathon.

Und da beging einer ziemlich sicher ziemlich genau den Fehler, den ich zu machen im Begriff bin. Er hat ihn nicht überlebt: Gut trainiert, gut gelaunt und topmotiviert ging er an den Start. Lief in einer - für Jedermannsportler - Superzeit. Jubelte auf der Ziellinie seiner Familie zu (das Foto dazu gibt es) - und brach zusammen. Aus. Der Notarzt war sofort zur Stelle. Trotzdem: Keine Chance. Auf medizinisch heißt das dann  „internistische Vorerkrankung“. Danach, wenn es zu spät ist.

Der Fehler? Was genau werde ich nie erfahren. Aber er war hausgemacht. Eine Kleinigkeit. Eine Lappalie. Im Vorfeld. Etwas Belangloses. Etwas Übergangenes. Etwas nicht ganz Auskuriertes. Vielleicht sogar etwas Übersehenes. Weil das Sensorium nicht geschult der Fokus falsch eingestellt ist: Unsereinen bremsen kleine Verkühlungen doch nicht. Sie schränken uns nicht einmal ein. Oder schmeissen uns gar aus Plan oder Bahn: Wir sind auf Funktionieren programmiert. Auf Durchhalten geeicht. Auf Unsnixanmerkenlassen. Darum merken wir selbst auch nix. Weil wir nix merken wollen. Weil wir nicht dran glauben, dass beim lachend dahingesagten Wasunsnichtumbringtmachtunsstärker auch der Gegenschluss möglich ist. Im schlimmsten aller schlimmsten Fälle.

Drum starte ich hier vom Sofa aus. Mit Decke, Mütze, Schal und Tee. Mit Dröhnschädel, Kratzhals und Rinnnase. Grantig, weil ich mich elend fühle. Aber auch, weil ich mich ärgere, dass ich jetzt nicht doch auf der Marswiese bin.

Doch insgeheim weiß ich: Das ist der bessere Start - auch wenn ich das nie zugeben werde.

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