Das letzte Wort zu haben ist nicht nur wichtig, weil einem da keiner mehr widerspricht: Der letzte Eindruck ist schlicht und einfach der, der am präsentesten bleibt. Das ist nachvollziehbar - und gefährlich: Es kann trotz der besten Arbeit im Vorfeld dann zu einer Image-Katastrophe führen.
Solomon Mekonnen hat alles richtig gemacht. Denn besser als er kann man seine Airline, seinen Airport und sein Land nicht positiv präsentieren und besetzen. Aber so wie in (TV)-Diskussionen das Schlusswort am längsten wirkt, funktioniert auch der Alltag: Das letzte Bild bleibt. Überall. Und in Solomon Mekonnens Fall: Leider. Wobei ich eines herausstreichen will: Solomon Mekonnens Geschichte ist nur ein Beispiel. Und man muss nicht bis nach Äthiopien fliegen, um andere, ähnliche, gleichartige Beispiele zu finden.
Mekonnen ist Österreich- und Osteuropa-Direktor der „Ethiopian Airlines“. Mit „Ethiopian“ flog ich - als ganz normaler Voll-Zahler - Mitte November“ zum „Great Ethiopian Run“: Dieser Laufevent über 10 Kilometer ist eine gigantische, bunte und fröhliche Lauf-Party. Gut und gerne 50.000 Menschen laufen da durch Addis Abbeba - ohne Zeitnehmung und Startnummern, aber in identen T-Shirts.
Ein farbenfrohes, freundliches und superlustiges Spektakel, das unter Läufern weltweit Kultstatus hat - und im Land der besten Läufer der Welt ein nationales Prestige-Ding ist: Man will und kann hier der Welt ein anderes, positives Afrika-Bild vermitteln. „Ethiopian Airlines“ ist einer der großen Sponsoren dieser grandiosen Party in der Millionenmetropole auf 2400 Metern Seehöhe. Und als Mekonnen erfuhr, dass ich mit einer kleinen Gruppe österreichischer Lauf-Freaks dafür nach Addis reisen würde, lud er mich auf einen Kaffee in sein Büro, schwärmte von Airline, Äthiopien, dem Event und der Freundlichkeit und Offenheit, mit der seine Landsleute der Welt entgegenträten - und gradete mich auf. Von Holz auf Business: Ihn und die Airline kostet das ein Kopfnicken - über Effekt & Benefit bei einem sechsstündigen Nachtflug müssen wir wohl nicht diskutieren…
Ethiopians Businessclass heißt „Cloud Nine“. Zu Recht: Tolle Crew, tolles Service, tolles Essen. Tolle Liegesitze. Und im „Dreamliner“, Boeings komfortable, leise und spritsparende „Antwort“ auf den A380, war ich noch nie geflogen: Ich stieg ausgeschlafen und frisch aus dem Flieger. Ein guter Start in einen perfekten Lauf-Aufenthalt. Denn alles war, wie Mekonnen es angekündigt hatte. Auch die Menschen: Selten habe ich so viele so offene, freundliche und sympathische Leute getroffen. Das Rückflugs-Upgrade zahlte ich mir da gerne selbst. So funktioniert gutes Marketing eben: Solomon Mekonnen hat eben alles richtig gemacht.
Deshalb freute ich mich auch auf die vom Airline-Regionaldirector schon in Wien so hochgepriesene Cloud-Nine-Lounge in Addis Abeba. Wie sich zeigte: Ebenfalls zu recht.
Doch dann ging ich auf die Toilette. Die war - äh - unbeschreiblich. Blöde Sache - aber man kann auch einfach Pech haben. Also etwa im falschen Moment am falschen Ort sein. Aber war es wirklich Pech? Auf der Facebook-Seite der Lounge fand ich etliche alte und ältere Einträge. Alle beschrieben exakt das, was ich da sah. Ist derlei - noch dazu in einem Entwicklungsland - vielleicht unvermeidlich? Nein: Die Toiletten für Normalpublilkum, im „normalen“ Bereich des Airports, waren akzeptabel clean.
Und dann kam das Schlussbild. Man muss kein Vielflieger sein, um eines zu wissen: Höflich und entgegenkommend sind Airport-Securities kaum wo auf diesem Planeten. Manieren und ein respektvolles Auftreten gegenüber denen, die sie kontrollieren, halten viele von ihnen anscheinend für überbewertet oder überflüssigen Luxus: Ich erwarte mir da schon lange nichts mehr.
Aber: Addis Abeba toppt alles, was ich da bisher gesehen und erlebt habe. Oder erwartet hätte: Die kleinen Kisten, in die man Laptops, Schuhe, Handy, Bordkarte, Gürtel und Wasauchimmer legen muss, wurden da nämlich nicht in den Scanner geschoben, sondern geschüttet. Schwungvoll. So, wie man einen Kübel Jauche ausleert. Und als eine Dame - ich glaube eine Schwedin - fragte, was das bitteschön solle, wurde sie ohne Vorwarnung angebrüllt: Man könne sie auch so lange hier festhalten, bis ihr Flieger weg sei.
Solomon Mekonnen kann dafür nichts. Er hat alles richtig gemacht. Mich auf seine Airline, sein Land und „seine“ Leute bestens eingestimmt. Meinen Fokus und meine Aufmerksamkeit auf 1000 tolle Dinge und Details gelenkt. Nur nutzt diese perfekte Imagearbeit nix, wenn dann im letzten Bild so gepatzt wird: Denn das bleibt. Das ist unfair, aber eben so.
Nicht nur in Äthiopien - sondern überall. Auch in Ihrem Unternehmen.